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Auf fremdem Land - Roman

Auf fremdem Land - Roman

Titel: Auf fremdem Land - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luchterhand
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schlafen, und am nächsten Morgen fand er eine schöne, glatte Felsfläche, die er sich als wunderbaren Boden für eine kleine Hütte aus Stein und Holz ausmalte. Er legte ein paar Steine aus, die die Umrisse der Wände der Hütte bezeichneten. Wenn er jeden Tag einige Steine hinlegen würde, dachte er, würde eines Tages hier eine Wand stehen. Nach über einem Jahr der Rückzüge in die Einsamkeit war die Wand gebaut.
    Parallel dazu begann er, das Areal um die Wand und die Felsfläche herum mit kleinen Terrassen zu gestalten und zu bepflanzen, was allerdings zunächst an Otniels hungrigen Ziegen und der Trockenheit scheiterte. Von Otniels Feldern lieh er sich alte, perforierte Schläuche aus und überzog das Gelände mit einem Tröpfelbewässerungssystem, das den Pflanzen mit der Zeit half, in der Erde zu wurzeln. Der ursprüngliche Boden wandelte sich mit Hilfe von Pfosten und Brettern zu einer wunderschönen Holzterrasse, die sich zu Holzwänden mit einem Dach weiterentwickelte.
    In einem gewissen Stadium begriff er, dass er sein neues, zukünftiges Haus baute, das Haus seiner Träume. Klein und bescheiden zwar – ein Raum, der für alles diente –, doch »Gabis Zimmer« war mehr als ausreichend für die bescheidenen Bedürfnisse seines Besitzers, und was noch wichtiger war, es war ganz und gar sein, erbaut mit Geduld und Liebe und mit den zehn Fingern seiner Hände. Er fühlte sich wie ein Glückspilz und konnte sich an der Landschaft kaum sattsehen – die bräunlich-transparent flirrenden Wüstenhügel und die Berge Edoms, atemberaubend in ihrer Schönheit –, und er war nahe genug an den Häusern der Siedlung, um sich als Teil der Gemeinde zu fühlen, und zugleich genügend weit entfernt, um die Privatsphäre zu wahren, ein Teil der Natur zu sein, im Gebet zu meditieren. Gabi tat sein Bestes, um die Hütte, die er in diese hinreißende Landschaft baute, einzufügen, eine Harmonie herzustellen, nichts zu verletzen. Nie hatte er eine professionelle Ausbildung in Gestaltung, Planung oder Bauen erhalten, doch er besaß Talent und Intuition.
    In dem Raum gab es Platz für ein Bett, einen Kaffeetisch, Regale für Kleider, Bücher und CD s, sogar ein kleines Klavier, das ihm jemand geschenkt hatte, das er jedoch nicht zu spielen wusste. Von dem etwa fünfzig Meter entfernten Masten wurde Strom abgezweigt und an der Decke eine Lampe installiert. Die Toilette war außerhalb – kleine Verrichtungen in der Natur, die großen in die Kloschüssel mit Sägespänen. Die Badewanne, die die Verwaltungsinspektoren so beeindruckt hatte, war für Gabi eine Quelle des Stolzes: Er hatte sie in Ma’aleh Chermesch auf dem Müll gefunden, eine Nirostawanne für die Größe eines Jugendlichen, und sie zum Hügel gebracht, auf einem verborgenen Felsen platziert und eine Wasserrohrleitung aus dem Zentrum der Siedlung dorthin verlegt. Zu beiden Seiten baute er jeweils eine Wand aus Erdmaterial auf, die er mit leeren Weinflaschen stabilisierte, brachte einen runden, gesprungenen Spiegel an und eine Ablage für Waschzeug. Eine Decke gab es nicht – das Bad fand unter dem freien Himmelszelt statt! Von der Badewanne wurde noch ein Rohr zu dem Spülbecken gezogen, das auf einem Holztisch draußen vor der Tür eingelassen war. Unterhalb des Zimmers, fünf Steinstufen abwärts, die teils natürlich, teils mit Zement sowie behauenen Steinen ergänzt worden waren, baute Gabi einen beschatteten Unterstand um eine weitere Felsnische herum, in dem sich ein kleiner Kühlschrank und ein Herd befanden – Küche, Essecke, Ruheplatz.
    Gabi arbeitete langsam, aber mit ganzer Seele. Schleppte Steine, glättete den Erdboden, sammelte Material von überall her, fügte Steinlagen hier und dort hinzu. Er versuchte, dem Zimmer wenigstens ein bis zwei Stunden am Tag zu widmen, stand manchmal frühmorgens auf und ging vor der Hofarbeit dorthin, verbrachte bisweilen die Mittagspause dort, und nachdem er das Stromkabel verlegt und eine Lampe angeschlossen hatte, hin und wieder auch die Abend- und Nachtstunden. Er arbeitete mit Geduld, konzentrierte sich jedes Mal auf nur eine Aufgabe, empfand große Befriedigung und Dankbarkeit, wenn er auch nur einen kleinen Schritt vorangekommen war auf dem langen Weg. Da alle in der Siedlung Gabi gern hatten, zollten sie ihm Anerkennung und halfen ihm auf verschiedenste Art und Weise – ob mit überschüssigem Baumaterial, ob mit Handanlegen oder einer Arbeitsstunde, mit fachmännischer Hilfe wie bei der Stromleitung oder

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