Auf fremdem Land - Roman
Hirschson einige aufgebrachte Flüche und Chilik Jisraeli einen besorgten Blick – »Der Wirrwarr der Gesetze und Kompetenzen, die in bester Catch-22-Manier aufeinanderprallen, ermöglicht es den jüdischen Siedlern, in diesem Wilden Westen wie gesetz- und morallose Sheriffs zu hausen« –, doch das war für niemanden etwas Neues. Neta war ständig aufgebracht und Chilik grundsätzlich besorgt.
Die Insel
Jakir befand sich in seinem Zweitleben, in Second Life , auf der virtuellen Insel »Wiedererrichtung«, wo er und seine Gefährten mit den dicken Bärten, den großen Kipas und den lose hängenden Ärmeln ihre Siedlung errichtet hatten, die für Fremde gesperrt war – Christen, Ismaeliten, Amalekiter und jeden, der es wagte, den Gesetzen des Ortes zu widersprechen, die besagten, dies ist heilige Erde, jüdische Erde, nur für uns. King Meir wusste, dass die Gesetze von Second Life es ermöglichten, Fremden den Zutritt zur »Wiedererrichtung« zu verwehren.
Er und seine Kameraden hätten sich gestern wieder in der muslimischen Zone von Second Life herumgetrieben, sagte King Meir, der texanische Rechtsanwalt. »Als wir reingegangen sind, haben wir die Schuhe nicht ausgezogen, wie sie verlangt haben. Wir haben uns diese Schleier geschnappt, die sie dort umsonst für die Frauen verteilen, und haben sie uns übergehängt, haaa!!!«
Jakir lächelte und tippte: »Toll!«
»Schade, dass es nicht möglich ist, dort irgendeine kleine Bombe loszulassen«, schrieb King Meir. Seine Augen, Haare und sein Bart waren schwarz, seine Kipa gelb wie sein Hemd mit der Faust der »Kach«-Partei.
»Vielleicht lässt sich was programmieren«, tippte Jakir.
»Kannst du so was machen?«, fragte King Meir. Jakir erklärte ihm, dass es zwar unmöglich sei, Einzelgegenstände oder den Besitz eines anderen Benutzers ohne dessen Einwilligung anzurühren, allerdings könne man etwas Eigenes erschaffen und dann zuschlagen. Zum Beispiel die Kopie einer Moschee erschaffen und sie dann sprengen. Oder eine Palästinaflagge, und sie dann verbrennen.
»Awsome!«, begeisterte sich King Meir. »Das ist besser, als mit den Uzis herumzulaufen, ohne was damit anzufangen – nur draufdeuten und bummbumm sagen … aber gibt es keine Kontrolle oder Beschränkungen für solche Sachen?«
Jakir suchte und zeigte ihm die Gemeinschaftsstatuten von Second Life : »Es ist verboten, herabsetzende oder missachtende Sprache oder Bilder bezüglich Rasse, Herkunft, Geschlecht, Religion oder sexueller Orientierung eines anderen Bürgers zu benutzen … Körperliche Angriffe sind in Second Life verboten.«
King Meir gestikulierte mit seinen Händen: »Was soll dieser Schwachsinn, soll das nicht angeblich wie im richtigen Leben sein? Und wenn die Moschee meine Gefühle verletzt?«
In diesem Moment öffnete sich die Tür des Wohnwagens, und Jakir hörte seinen Vater mit seiner dröhnenden Stimme telefonieren. Er wechselte rasch zur Bestellseite des Hofs. Otniel trat hinter seinen Sohn, gab ihm einen freundschaftlichen Klaps auf den Hinterkopf, in dessen Haarpracht die grüne Kipa fast unterging, und setzte sich neben ihn. Er legte das Telefon auf die Stuhllehne und rieb sich die Augen.
»Verzeihung, da war eine Pause, hörst du mich, Asis?«, drang eine Stimme aus dem Gerät.
»Ich hör dich, Dov, ich höre«, sagte Otniel, den Kopf nach hinten gelehnt und die Augen an die Decke geheftet. Jakir gab vor, in den Computer vertieft zu sein.
»Also, der Bildungsminister hat mich über die Regierungssitzung heute Morgen informiert. Sie haben auch über die Reportage in der Washington Post gesprochen. Das Außenministerium und besonders die Botschaft in Washington werden die Reaktion im Weißen Haus auf den Artikel beobachten, und sie stehen natürlich mit strengsten Dementis und Klageandrohung gegen die Zeitung bereit – für die Andeutungen von Quasi-Gesetzesübertretungen und Scheinbar-Regierungsversäumnissen, die in Ma’aleh Chermesch 3 passiert sind oder passieren oder in jeder anderen Siedlung, im Gebiet innerhalb der Grünen Demarkationslinie Israels oder außerhalb.«
»Schön«, grinste Otniel und rieb sich mit den Fingern die Augen.
»Ebenso«, fuhr der Vorsitzende des Gemeinderats fort, »wurde beschlossen, dass der Sicherheitsminister in den nächsten Tagen nach Washington fliegt, nach außen hin, um an dem Event einer Spenden- und Unterstützungsaktion der jüdischen Lobby teilzunehmen, aber Tacheles gesprochen, um aus der Nähe ein bisschen
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