Auf fremdem Land - Roman
Immobilien- und Finanzmagnaten berichtete, der dem Führer der Konservativen nahestand und vor einigen Monaten, im Februar 2009, in dem kleinen Stützpunkt am Rande der Wüste eingetroffen war, um an der Einweihungszeremonie der Spielplatzanlage teilzunehmen, die er gestiftet hatte. Otniel schmunzelte immer noch, als in dem Artikel der Ort mitsamt seinen Häusern und diversen Personen beschrieben wurde, die Zeremonie und die Besichtigungsrunde, die man für den amerikanischen Millionär veranstaltet hatte. Chilik dagegen lächelte nicht einmal, wirkte sogar stark beunruhigt, als der Artikel nach den neutralen Beschreibungen die zu erwartende politische Meinung einbrachte: »Herr Mamelstein vergaß in seiner engagierten Rede, die Tatsache zu erwähnen, dass der Stützpunkt Ma’aleh Chermesch 3 zu einem Teil auf privatem Grundbesitz errichtet wurde, der Palästinensern gehört. Ein weiterer Teil der Siedlung liegt in einem Naturschutzgebiet, in dem keinerlei Wohngebäude errichtet werden dürfen.«
Otniel regte sich immer noch nicht auf, als der Journalist dazu überging, die langjährigen Übertretungen von Gesetzen und Vorschriften in allen Teilen des Westjordanlands zu schildern. Seine Gemütsruhe begann er erst dann zu verlieren, als der Verfasser des Artikels anfing, unter Zuhilfenahme von Zitaten eines »hochrangigen Offiziers in der israelischen Verteidigungsarmee«, den historischen Hintergrund des Stützpunkts zu schildern. Wie Chilik schüttelte er nun den Kopf angesichts der schmerzlichen Ungenauigkeit in Sätzen wie: »Im Jahre 2005 richteten sie ein Büro für den Landwirtschaftsbetrieb ein, anschließend stellten sie einen Caravan für einen Wächter auf, der nach kurzer Zeit zum Heim einer kompletten Familie wurde«, und wirklich wütend begann er zu werden, als er selbst als »Landwirt, der Petersilie und biologische Tomaten vor Ort anbaut« bezeichnet wurde.
»Petersilie? Wo hat er das denn her? Er hat Tomaten gesagt? Nicht Cherrytomaten? Überprüf das mal kurz.« Josh überprüfte es kurz und bestätigte es. »Tomaten!«, rief Otniel erschüttert. »Hat er den Verstand verloren? Dazu braucht man einen völlig anderen Kompost, ganz zu schweigen von den Samen …«
Die Erläuterung des politischen und juristischen Hintergrunds der Siedlungen löste Gähnen aus. Und während einer Zusammenstellung amerikanischer Gesetze zum Thema – Verwaltungsvorschrift 12947 der Clinton-Regierung, die Aktivitäten untersagte, die den Friedensprozess im Nahen Osten störten; das Patriotismusgesetz der Bush-Regierung, das die Finanzierung von Aktivitäten verbot, die nicht Bildung oder Sport zum Ziel hatten; das Steuerermäßigungsgesetz für amerikanische Spenden jenseits des Meeres – starrten die Zuhörer in den Himmel oder zappelten ruhelos herum und schüttelten kleine Kiesel aus ihren Roots-Sandalen.
Als in der Reportage jedoch erläutert wurde, dass mit Steuerermäßigungen für Spenden wie die von Mamelstein das Finanzministerium und der amerikanische Steuerzahler in der Praxis illegale Stützpunkte wie Ma’aleh Chermesch 3 im Widerspruch zur Regierungspolitik finanzierten, kehrte das Lächeln auf die Gesichter der Versammelten zurück, und es klang sogar kurz Lachen und Applaus auf. Als dann die Tatsache »enthüllt« wurde, dass man mit den Geldern, die Mamelstein dem Stützpunkt zukommen ließ, auch einige Nachtsichtgeräte erworben hatte, wurden Bemerkungen laut wie: »Füchse bei der Wache zu sehen, stört das vielleicht den Friedensprozess?« und: »Was für ein König dieser Mamelstein ist!« Als der Verfasser gegen Ende des Artikels auf den Stützpunkt zurückkam und von der »dramatischen Entwicklung in der vergangenen Woche« berichtete – dem Entscheid des Obersten Gerichtshofs über die Zauntrasse und dem Vorfall mit den Planierraupen –, lauschten alle Josh wieder mit voller Aufmerksamkeit, und bei den Action-Beschreibungen jubelten sie sogar (»Der Höhepunkt des Ereignisses war eine Geste bizarrer Solidarität: Der palästinensische Olivenhainbesitzer, eine religiöse Siedlerin und ein Israeli, der in unklarem Zusammenhang mit dem Ort steht, sprangen zusammen in die Baggerschaufel, um der Härte des Urteils Einhalt zu gebieten«). Sogar Neta erlaubte sich ein Lächeln und blickte mit unverhohlenem Stolz um sich.
Als Josh fertig war, herrschte im Kreis des Publikums ein Gefühl von Zufriedenheit – hauptsächlich mit Sheldon Mamelstein. Zwar entlockte die Unterzeile der Reportage Neta
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