Auf Inseln (German Edition)
Statt mir Angst zu nehmen, schien sie die Droge zu verstärken. Paul begann, gegen sich selbst 9x9 Go zu spielen, während Peter ein bisschen an seiner Herrin fummelte, mit der ich mich zu verbünden suchte. Wenn ich etwas konnte, dann war es, Scheinheiligkeit zu wahren. Gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Ich erlaubte mir ein paar Frechheiten, lobte ihre Titten, versuchte sie anzubeten, hegte die Hoffnung, es wäre ihr so heiß, dass sie sich auch ihrer Hose entledigen würde. „Eine Göttin kennt keine Scham“, sagte ich. „Ich kann auch genau die Stellen einer Göttin benennen, die ihr Macht geben.“ - „Was sind das für Stellen?“, fragte Paul mich, abgelenkt von seinem Spiel. Sollte ihm die Göttin selbst erklären. Ich versuchte zu lächeln. Die gefühlte Temperatur dieses Lächeln musste sich unterhalb des Gefrierpunktes befinden. Katharina lächelte zurück und dabei wurde mir sehr, sehr kalt. Niemand argumentierte gegen meine Gotteslästerei. Katharina, Göttin des Bösen drehte eine weitere Monsterzigarette und mir schien es so, als ob sie noch mehr von dem braunen Zeugs in der Zigarette verarbeitete. Ich musste gute Miene zum bösen Spiel machen und lächelte. Fertig war das Teufelsding. Sie rauchte an und gab das Monster zu mir. Ich übertraf mich an Mut, zog kräftig, ohne erneut husten zu müssen. Ein mildes Lächeln setzte sich in meinem Gesicht fest, gefühlte Temperatur um die 37 Grad Celsius, optimal. Ich beobachtete das leichte Auf und Ab ihrer Brüste, Zeugnis ihrer ruhigen Atmung. Mich überkam ein Bedürfnis mit ihr zu schmusen, denn vielleicht war die Göttin nur eine unglückliche Fee, die sich nach meiner Wärme zehrte. Ich musste mich von meinen Widersachern befreien. Paul hatte Wichtigeres zu tun. Er hatte sein erstes Spiel beendet und prüfte das Ergebnis. „Wer hat gewonnen?“, fragte ich interessiert tuend. „Weiß ganz knapp bei sechseinhalb Komi“ Katharina fragte mich, ob ich Musik hätte. Ich bejahte und legte Bachs Toccata auf, Musik, die über dreißigtausend Jahre alt war, selbstverständlich eine Neuinterpretation eines Organisten hier aus Athens. Mit dem Auftakt der Musik wurde ich mir klar, in welch prekärer Lage ich mich befand. Ich war umringt von Feinden. Man wollte mich vernichten, wenn nicht heute, dann in nächster Zeit. Der vermeintliche private Untergrund war ein Wespennest von klerikalen Agenten, die mich ans Messer der geistlichen Justiz liefern wollten und Katharina war die Hure des hiesigen Bischofs. Weitere Züge an der Monsterzigarette überzeugten mich davon, dass die Droge Erkenntnis brachte, die Wahrheit aufdeckte. Ohne das Haschisch hätte ich meinen Freunden weiter vertraut, zwar eingeschränkt, aber mit jedem Bier fielen die Schranken. Cannabis brachte Wahrheit, die eine Wahrheit, dass ich im Grunde mein ganzes Leben verfolgt worden war. Wie sollte es auch anders in einem Überwachungsstaat sein? Man brauchte sich nur die Fratzen meiner sogenannten Freunde anschauen und die Fakten lagen klar vor einem. Cannabis brachte dies ans Licht und es schien so, das das Zeugs noch eine andere Eigenschaft hatte, denn bestimmte Passagen von Bachs Musik waren himmlisch, ein Eindruck, die mit einer neuen Qualität des Hören Hand in Hand ging. Mein Dauerständer deutete an, dass etwas anderes eine ebenso veränderte Qualität haben musste. Die Hure des Bischofs kannte sich bestens aus. Die Leichtigkeit der Musik machte mich lächeln und ich sagte der Agentenhure, dass sie schön sei. Mir kam es wirklich so vor, dass sie sich artig bedankte und einen Moment hatte ich Zweifel an meinen Verschwörungstheorien. Dann schien mir, ich sei von Freunden umgeben, die ein bisschen Spaß wollten und ihrer Neugierde nachgingen. Paul spielte intensiv Go und Peter wirkte nicht ganz so versteinert, versuchte eine Unterhaltung zuwege zu bringen. Er wollte uns klar machen, dass die Welt vermutlich für immer rätselhaft bleiben würde. „Deswegen glauben wir ja an Gott“, heuchelte ich. „Ich fühle mich Gott näher“, sagte er. Auch ihm hatte der Stoff neue Wahrheiten gebracht, aber das Echo meiner Überlegung führte zu der Gewissheit, dass er log. Ein Zweifel war nur kurz: Er war nicht näher an Gott, sondern saß näher an einer Göttin, die es hin und wieder zuließ, dass er sie befummelte. Und diese Göttin war die Hure des Bischofs, deren Verehrung sich in kraftvollen Stößen in ihren Schrein beschränkte aber auch manifestierte. Ich schaute in die ausdruckslose
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