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Auf Inseln (German Edition)

Auf Inseln (German Edition)

Titel: Auf Inseln (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel von Treppen
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    Psi war in der alten, zivilisierten Welt eine Unbekannte, umstrittenes Phänomen in einer Welt, die zwar großen Teils an Wunder glaubte, doch der klassische, wissenschaftliche Betrieb schloss das Phänomen praktisch aus. In den wissenschaftlichen Theorien des 21. Jahrhunderts spielte Psi keine Rolle. Hier in unserer Welt waren die Ansichten andere; es bestanden überhaupt keine Zweifel, das Psi existierte, es gab allerdings keinerlei plausible Theorien, wie der ganze Spuk funktionierte. Beweis waren die Aborigines, die kein Mensch aushalten konnte, weil der Mensch den Verstand verlor, wenn er sich in der Nähe eines Ureinwohners aufhielt. Es wurde vermutet, dass die Aborigines auch telepathisch kommunizierten, wofür es aber keine Beweise gab. Auf Aurelia war die Situation noch bedrohlicher. Aurelia war einer der Planeten, die Helena, die rote Zwergsonne umkreiste, die wiederum mit unserer Sonne ein Doppelsystem bildete und alle 200 Jahre im winterlichen Nachthimmel der einzige mit bloßem Auge sichtbare Fixstern war, aber gleißend hell. Aurelia befand sich in der Lebenszone, seine gebundene Rotation um seine Sonne machte die eine Hälfte der Planetenoberfläche zu einer arktischen Hölle, währen die dauerhaft beschienene Seite angenehme Flecken zum Überleben bieten mussten. Die Kameras, die Bilder von Aurelia geschossen hatten, waren nicht wahnsinnig geworden, dafür aber die Mannschaft der ersten Expedition und dass mit möglicherweise dauerhaften Schäden. Man vermutete einen Zusammenhang zwischen dem Wahnsinn, der von Aurelia ausging und dem, der von den Aborigines herrührte. Verbarg sich hinter Aurelia eine Superzivilisation, die mit den Aborigines auf unserer Welt verwandt war, oder vielleicht nur strahlende Mikroben, Mineralien? Eine unbemannte Expedition kehrte nicht zurück, genügend Grund für weitergehende Spekulation. Es schien so, dass die Welt jenseits von New Avignon und New Havanna mit Wahnsinn aufwartete. Da half auch kein Beten. Es waren mit Sicherheit keine von den Aborigines ausgesonderten Aerosole, die in den psychedelischen Wahn führten. Elektromagnetische Strahlung war ausgeschlossen, da kein Faradayscher Käfig gegen den Wahn half. Dahin gegen war Haschisch harmlos, dachte ich, obgleich der gestrige Abend mit meinen Freunden und Katharina, der Dealerin zu einiger Verbiegung in meiner Seele geführt hatte. Mit Haschisch kam man Psi einen Schritt näher, ich wenigstens. Ein halbes Gramm von diesem Teufelszeug lag noch auf meinem Tisch, bezahlt, auch dafür gedacht, mich in eine süße Vorhölle des Wahns zu treiben. Dieser Pflanzenkrümel vergrößerte meine Paranoia ins Unermessliche, der Überwachungsstaat hatte eine neue Qualität angenommen, aus den erdachten Verfolgungsängsten wurde gefühlte Verfolgungsängste. Zeitweise schien ich zum Telepathen geworden zu sein. Ich konnte nicht nur die Gedanken meiner Freunde lesen, die gegen mich waren, sondern auch die der Passanten tief unter uns, deren Ansinnen es war, meinen Wahnsinn zu festigen. Als klerikale Polizei in der Wohngegend auftauchte, lösten wir unsere konspirative Sitzung, in der jeder gegen jeden war und alle gegen mich, auf, sodass ich mit meinem Wahn allein gelassen war. Dem Bröckchen auf meinem Tisch zollte ich Respekt und packte es nicht mehr an. Ich verzog mich ins Bett. Es ergaben sich ungeahnte neue Möglichkeiten der Masturbation, in denen Teufelin Katharina eine nicht unerhebliche Rolle spielte. Ich wollte die Welt der Teufel, der Götter und omnipotenten Bischöfe hinter mir lassen und einschlafen, was ich dann auch tat.
    An diesem Tag hatte der Überwachungsstaat eine neue Qualität bekommen, eine gefühlte Qualität. Von den Menschen ging eine seltsame Stimmung aus, so als ob wir Menschen auch eine Quelle von Psi darstellten. Mein Ich war offen gelegt, jedermann wusste Bescheid über mich. Die Logik der Überwachungskameras war offensichtlich überflüssig, um mich zu beherrschen. Ich musterte in den Straßen die Menschen und die Menschen musterten mich wissend und dennoch argwöhnisch. Es war nur eine Droge, versuchte ich mir zu sagen, aber Zweifel kamen auf, ob die Welt, die ich kannte, die wirkliche war. Möglicherweise war es diese, auch leicht heimelige Welt die, die in Anspruch nehmen konnte, die wirkliche zu sein. Wie war die Welt? Sie hatte offensichtlich ein Janusgesicht, ihr wahres Sein verbarg

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