Auf Inseln (German Edition)
Einzelne ist nur ein Schaf in einer großen Herde, der dem Hirten zu folgen hat.“ Ohne Robert zu Wort kommen zu lassen, stößt er ein Gebet an:
„Der Herr ist mein Hirte; nichts wird mir fehlen. Er lässt mich lagern auf grünen Auen und führt mich zum Ruheplatz am Wasser. Er stillt mein Verlangen; er leitet mich auf rechten Pfaden, treu seinem Namen. Muss ich auch wandern in finsterer Schlucht, ich fürchte kein Unheil; denn du bist bei mir, dein Stock und dein Stab geben mir Zuversicht. Du deckst mir den Tisch vor den Augen meiner Feinde; Du salbst mein Haupt mit Öl, du füllst mir reichlich den Becher. Lauter Güte und Huld werden mir folgen mein Leben lang, und im Haus des Herrn darf ich wohnen für lange Zeit.“
Danach bittet er Franziska, ein Lied anzustimmen. Sie hat eine wunderbare Sopranstimme, begleitet ihren Gesang mit einer Gitarre, eines der an einer Hand abzählbaren Musikinstrumente, die irgendwie an Bord gefunden haben. Robert ist entzückt von der Darbietung, hat die kleidungstechnisch gesehen voll verschlossene Franziska im Auge, versucht ihren Busen zu erahnen, der beim Einatmen und Ausatmen sich heben und senken muss. Es ist eine Schande, dass er chancenlos diese Frau den Bibeltreuen überlassen muss. Paul hat gegen David keine Chance, so wie Sandra gepolt sein muss. Robert wünscht sich, Liebeslieder von Franziska zu hören. David fängt an, von ihrer Bestimmung zu reden. Er geht davon aus, dass die alte Erde von der Apokalypse heimgesucht worden ist. Er sieht aber die Chance für einen Neuanfang, sieht sich beauftragt, die Lehren Gottes zu verbreiten. Im Auftrage Gottes hat der Mensch die Aufgabe sich das Universum Untertan zu machen. Eine anspruchsvolle Aufgabe denkt sich Robert, wo doch die Klerikalen von New Avignon noch nicht mal ihr System unter Kontrolle kriegen. Paul, in jungen Jahren, dachte auch mal so, gewisse, durchaus spirituelle Erfahrungen haben ihn aber geläutert. „Wir müssen groß werden, stark werden und den Glauben verbreiten. „Bei dieser Frauenknappheit und ihrer Zurückhaltung dürfte dies schwierig werden“, platzt Robert so einfach in die Runde rein. Er erntet kurze, strafende Blicke und wird ansonsten direkt übergangen, weil David ein neues Gebet beginnt, wieder eins in der klassischen Dreiteilung. Paul verhält sich anständig und betet mit, obgleich er den Worten, die er auswendig kann, keinen Sinn entnehmen kann. Er ist nicht in der Lage, die Traditionen zu verstehen, maßt sich an, über den Sinn der Worte nachzudenken. Die Zeit verstreicht schneller als erwartet. Robert ist stumm. Mit seiner Prognose, nach einer viertel Stunde die Runde verlassen zu müssen, liegt er nicht richtig. Nach dem Gebet ergreift Nikolas, zur Rechten von David sitzend, das Wort. Er ist hager und sein Vollbart ist vergleichsweise jung und spärlich. Ich habe unserer Gemeinde eine freudige Mitteilung zu machen. Unsere Gemeinde wächst.“ Paul kann nicht glauben, dass er und Robert gemeint sind. „Unser kleiner Kreis bekommt Nachwuchs. Sowohl Dorothy und Penelope bekommen ein Baby. Noch vor der nächsten Hibernation. Die Zelle einer neuen Urkirche.“ Dann schaut er zu Franziska und Sandra. „Auch ihr beide werdet bald einen Mann haben. Gott hat dies vorgesehen.“ Dann spricht er von der Sünde, von Julia und Rita Zoller, die sich in offensichtlicher Weise von Gott abgekehrt haben. Sie müssen wieder zu Gott finden, einen der Unseren zum Mann nehmen.“ Offensichtlich ist Nikolas der Hardliner der Truppe, die rechte Hand von David. Robert hält es nicht mehr für ausgeschlossen, dass der Mörder von Peter Zoller hier unter ihnen sitzt. Hugo Scheffener schwebt in Lebensgefahr, da die Urgemeinde Frauen braucht, um sich die Erde und den übrigen Kosmos Untertan zu machen. Robert sucht verzweifelt einen scheinheiligen Weg zu Gott. Findet er zu Gott dieser Radikalen, hat er vielleicht eine Chance an der Lotterie teilzunehmen. Mindestens zwei der vier Frauen Hugos gehen an David, der sich aber mit Sicherheit auch Sandra oder Franziska zusprechen wird. Sandra meldet sich zu Wort. Sie spricht von Vanessa, die ein schwieriger Fall sei, aber sie sei ihre Freundin. Vanessa sei klug und ein Gewinn für die Gemeinde. Dann bittet sie um Nachsicht für Paul, der ein guter Mensch sei und sich zu einem vollwertigen Mitglied des Bibelkreises werden konnte. „Na ja, vollwertig wird der wohl nie“, denkt sich Robert. David richtet wieder das direkte Wort an Paul. „Paul,
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