Auf Inseln (German Edition)
die man mit seinem Geld hatte, berauscht davon, die schönsten Frauen in freizügigen, knappen Kleidern zu sehen, wobei das offene Haar als Erstes in die Augen stach. Wir würden das Strandleben genießen, immer diese Frauen im Auge, die für ihre Gesellschaft, für ihr Regime anschafften und auf die Gäste in jeder Liege, auf jedem Barhocker warteten. Tagsüber wären Sonne und Meer, Zigarren und Cocktails in Strandlokalen zu genießen, nachts würden wir durch die Bars streifen, mit oder ohne Gesellschaft. Ich versuchte, Paul auf die nächsten zwei Wochen vorzubereiten. Unser Ziel war Frisco, siebenhundert Kilometer südlich von Angelino. Frisco war der Ort, an dem ich Paolo kennengelernt hatte. In meinen Phantasien malte ich mir aus, wieder auf sie zu treffen, insbesondere nachts, wenn Helena das Meer in ein schaurig schönes Licht tauchte. Helena war auf unserer Seite. Sie würde spät nachts für uns scheinen, genauso wie damals, als ich mit Paola zusammen war. Ich hätte die Zeit mit ihr aber auch unter einem völlig sternenlosen Himmel, den diese Welt uns Menschen bietet, verbringen können. Helena hinter Wolken brachte ein gespenstisches Licht, die die Welt zu einer Schattenwelt machte. Wir konnten bestes Wetter erwarten, Sonnenschein bei Tag, die glänzende Helena bei Nacht und Temperaturen um die fünfundzwanzig Grad. Realistisch betrachtet war die Chance, auf Paola zu treffen, gering. Frisco war eine von mehreren Touristikorten, wo Frauen ihrer Art für den Erhalt der sozialistischen Gesellschaft arbeiteten. Die Überfahrt nach Angelino dauerte 36 Stunden. Das Schiff hatte abends in Athens abgelegt, sodass wie zwei Nächte an Bord verbringen würden. Paul und ich teilten uns eine Kabine der mittleren Klasse. Mit Drinks ausgerüstet, verbrachte ich den Anfang der Nacht auf Deck, um dann recht spät zu Bett zu gehen. Paul hatte Verständnis dafür, dass ich, umso später es wurde, kein sonderliches Interesse an seiner Gesellschaft hatte. Da das Schiff unter der Flagge von New Avignon fuhr, was ja schon an seinem Namen abzuleiten war, trugen die Frauen hier an Bord natürlich Kopftuch, aber an Alkohol, Gesang und Tanz war hier kein Mangel. Sozusagen als Kontrastprogramm gab es auch einen größeren Betraum, in dem mit traditioneller Liturgie und äußerst hübschen Messdienerinnen dreimal täglich Messen gehalten wurden, in denen auch die Kommunion verabreicht wurde. Paul und ich fehlten da natürlich nicht. So weit wie mir bekannt, war der Besatzung der Sankt Konstantin und somit die Messdienerinnen verboten, Angelino zu betreten, sodass die Dienerinnen die Chance verpassten, ihre anschaffenden „Kolleginnen“ kennenzulernen, denn unter anderem war den beiden Frauengruppen gemeinsam, dass sie ihrer jeweiligen Gesellschaft dienten. Die Messen füllten sich meist mit etwa fünfzig überwiegend männlichen Passagieren, die scheinheilig oder nicht auf Gottes Botschaft hörten und die Augen auf Haare und die freizügig gestalteten Ausschnitte der Dienerinnen hefteten, in Vorfreude auf Dinge, die sie in New Havanna erleben würden. Bei den Exemplaren dieser Messe bestätigte sich wieder mein Verdacht, dass nur Mädchen mit sehr entwickelten Brüsten eine Chance bekamen, Messdienerin zu werden. Ich machte mir kaum Gedanken über theologische Konsequenzen. Brot und Wein standen für Leib und Blut Christi. Ich konnte den Zusammenhang zu groß entwickelten Milchdrüsen nicht finden, aber mir machte es den Eindruck, dass die Dienerinnen mit der Kommunion nicht nur Leib und Blut von Jesus verabreichten, sondern noch mehr im Angebot haben mussten. Es gab ganz wenige weibliche Gäste an Bord, denn für eine Frau unserer Gesellschaft war es äußerst anrüchig, den Boden von New Havanna zu betreten.
Wir erreichten Angelino am frühen Morgen. In der Nacht hatten sich bei mir heftige Zahnschmerzen entwickelt, die die Vorfreude auf die Insel etwas schmälerten, zudem schlief ich schlecht und beneidete Paul, der friedlich in unserer Kabine schnarchte. Ich hatte versucht den Schmerz mit Alkohol zu betäuben, was nur bedingt half. Geplant war ein eintägiger Aufenthalt in Angelino, einer überschaubaren Hafenstadt, über die praktisch der gesamte, bescheidene Handelsverkehr mit New Avignon abgewickelt wurde, wo die Touristen eintrafen, um mit Zügen in den sonnigen Süden gebracht zu werden. Einige Touristen fuhren auch nicht weiter, da die Stadt, ich will es mal so formulieren, ein ausreichendes
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