Auf keinen Fall Liebe
starrte ihn vorwurfsvoll an. »Lucian, wie kannst du ihr nur so einen Unsinn erzählen?«
»Was hätte ich denn sonst sagen sollen?«, fragte er trocken. »Mit sechs Jahren ist sie wohl kaum alt genug für die Wahrheit. Jetzt sei doch froh, dass sie es so problemlos akzeptiert hat, und wir uns keine Gedanken mehr deswegen machen müssen.«
»Wir sollten uns aber Gedanken machen«, widersprach sie eindringlich. »Emily wird glauben, dass wir ...« Sie stockte und biss sich auf die Lippe.
»Dass wir was?«, fragte er gedehnt.
»... ein Liebespaar sind«, hatte sie eigentlich sagen wollen, sie hatte sich jedoch gerade noch bremsen können. Es war sicher besser, dieses Thema nicht anzusprechen, bevor er am Ende dachte, sie würde sich irgendwelche Hoffnungen in dieser Richtung machen.
»Ach nichts«, sagte sie betont locker. »Vielleicht hast du ja recht und ich mache mir zu viele Sorgen.«
Er warf ihr einen durchdringenden Blick zu, doch zu ihrer Erleichterung erschien in diesem Augenblick der erste Patient und unterbrach das Gespräch, bevor Lucian weiter nachhaken konnte.
Die beiden gingen hinüber ins Sprechzimmer und Faith blieb vollkommen durcheinander im Labor zurück.
»Das ist verrückt«, schoss es ihr durch den Kopf, »was wir hier tun, ist absolut verrückt. Ich muss völlig den Verstand verloren haben, wieso habe ich mich nur darauf eingelassen?«
»Also, was hast du für mich?«, fragte Gabriel und trommelte ungeduldig mit seinen Fingern auf der Marmorplatte seines edlen Designerschreibtischs herum. »Hast du etwas über diesen Clarke herausgefunden?«
William Prewitt lächelte. »Wäre ich sonst hier?«
»Jetzt mach es nicht so spannend«, knurrte Gabriel, »Raus mit der Sprache.«
Der Freund öffnete eine Mappe.
»Dr. Lucian Clarke, zweiunddreißig, geschieden. Er hat mit seiner Exfrau Alice eine sechsjährige Tochter. Seine Eltern sind vor Jahren bei einem Zugunglück ums Leben gekommen, es gibt noch zwei Geschwister, Maddison und Kian Clarke.
Vor seiner Scheidung war er sehr erfolgreich als Schönheitschirurg, er hatte etliche Promis unter seinem Messer. Die letzten acht Jahre hat er sich für Projekte wie ‚Ärzte ohne Grenzen‘ engagiert, war viel im Ausland unterwegs gewesen. Seit kurzem betreibt er eine Landarztpraxis in St. Albury«, rekapitulierte er in Kurzform die in den Unterlagen enthaltenen Informationen.
»St. Albury«, wiederholte Gabriel verächtlich, »davon habe ich noch nie gehört. Wo zur Hölle ist das?«
»In Cornwall, im südwestlichen Cornwall genauer gesagt«, erklärte William. »Aber ich habe noch etwas für dich, und zwar eine Neuigkeit, die dich brennend interessieren dürfte.« Als Gabriel ihn mit hochgezogenen Augenbrauen anschaute, fügte er genüsslich hinzu: »Dreimal darfst du raten, wer für Dr. Clarke als Sprechstundenhilfe arbeitet – niemand Geringeres als Faith Havering.«
»Was?«, entfuhr es Gabriel ungläubig. »Das ist nicht wahr.«
»Doch, ist es. Wir haben die Unterlagen von der Sozialversicherung überprüft, sie ist ganz offiziell angemeldet.«
»Das glaube ich nicht. Faith als Arzthelferin in einem Kaff hinterm Mond – was zum Henker geht bloß in dieser Frau vor?« Gabriel schüttelte verständnislos den Kopf. Dann fragte er: »Hat sie was mit diesem Kerl?«
William zuckte mit den Achseln. »Keine Ahnung, um das herauszufinden, müsste ich dort hinfahren. Aber ich wollte vorher erst mit dir sprechen, ich wusste nicht, ob dir das recht ist.«
Unruhig sprang Gabriel auf und lief nervös auf und ab, während er nachdachte.
»Nein«, sagte er schließlich, »du brauchst dir nicht die Mühe zu machen. Ich werde mir das selbst ansehen.«
Zwei weitere Wochen vergingen. Nach wie vor verbrachte Faith die Nächte in Lucians Bett. Die Intimität der nächtlichen Stunden wurde immer intensiver, die Nähe zwischen ihnen wuchs stetig, und eisern hielten sie an ihrer Absprache fest.
An einem Freitag hatte Emily Geburtstag. Lucian und Faith lösten ihr Versprechen ein, und fuhren mit ihr und ihren kleinen Geburtstagsgästen nach St. Austell in den Indoor-Spielpark ‚Kidzworld‘, wo sie eine Menge Spaß hatten.
Für den Samstag war eine Geburtstagsfeier mit der Familie geplant. Maddison und Kian wollten vorbeikommen, und natürlich waren auch Polly und Molly eingeladen.
Faith stand den ganzen Vormittag in der Küche und war damit beschäftigt, Kuchen zu backen und allerlei Salate für das obligatorische Grill-Event zuzubereiten.
Unterdessen
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