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Auf Pilgerfahrt nach Santiago de Compostela

Auf Pilgerfahrt nach Santiago de Compostela

Titel: Auf Pilgerfahrt nach Santiago de Compostela Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Malangré
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Autoren sprechen von einer Inschrift in
der Kirche Santa Maria en Merida aus dem 7. Jahrhundert, die auf
Jakobsreliquien verweist. Diese Reliquien seien wegen der islamischen Invasion
nach Compostela übertragen worden — so Perez de Urbel nach Herbers. 20 Und schließlich:
Hell sieht gar die „Achaia marmarica“ beim Menaskloster in der
Mareotiswüste bei Alexandria. 21
    All das ist eine „Gleichung mit
mehreren Unbekannten“ 22 .
Auf dieses Risiko, diese Ungewißheit, dieses Verwiesensein auf das Wunder haben
wir uns ja schon eingelassen. So hören wir gerne die zuversichtlichen
Bemerkungen von Hansjörg Sing:
    „Legenden sind, wie man weiß,
nicht einfach aus dem Nichts, sondern aus meist mündlich weitergegebenen
Berichten entstanden. Die Häufigkeit ihrer Wiedergabe, Sprachunterschiede,
geschichtliche Hintergründe, regionales Brauchtum und vieles andere ergeben
letztlich aus mancher Legende eine fast unglaubliche Geschichte, die aber doch
immer ihren wahren Kern hat. — So ist der Weg Sankt Jakobs... ein schillerndes
Mosaik aus ,sicher’, ‚vermutlich’, ,vorstellbar’ und ‚wahrscheinlich’. Sie
ergibt am Ende jedoch ein harmonisches Bild, bei dessen Betrachtung die
Nachweisbarkeit dieser oder jener Einzelheit unwesentlich ist.“ 4
    Das „harmonische Bild“ werden
wir im Folgenden zu entwickeln und zu betrachten suchen.

5. KAPITEL

Die Pilger
    Wer waren sie? Wer sind sie?
    Im Frühjahr 1977 zogen zwei
französische Journalisten, Pierre Barret und Jean-Noël Gurgand, zu Fuß von
Vézelay über die Pyrenäen nach Santiago de Compostela. Ihr Fußmarsch dauerte
vom 19. April bis zum 8. Juni. Eine große Anstrengung: 1700 Kilometer in 50
Tagen!
    Barret und Gurgand haben über
ihre Fußwallfahrt ein Buch geschrieben. 23 Das Buch ist nicht fromm — oder nur im scheu
angedeuteten Hintergrund. Es schildert eigenes Erleben auf dem Jakobsweg und
verbindet sich mit solchen, die in früheren Jahrhunderten nach Santiago gezogen
sind, mit Pilgern, Abenteurern, Kaufleuten, Büßern, Räubern... Vielleicht waren
alle ein bißchen von allem, mehr oder weniger: „Was Sie auch dazu bestimmt
haben mag“, so werden wir direkt angeredet, „ein Gelübde etwa, eine
Begeisterung, irgendein nächtliches Erschrecken, eine unaussprechliche Hoffnung
oder einfach das Fernweh — Sie sind nun bereit, nach Compostela aufzubrechen.“ 24
     
    Ja, wir sind, wir waren bereit,
nach Compostela aufzubrechen. Sind wir somit Pilger? — Ich lese nach im
„Deutschen Wörterbuch“ der Brüder Grimm: „Pilger: ... nach der Bedeutung des
kirchenlateinischen peregrinus der Wallfahrer nach einem fernen Andachtsorte,
dann überhaupt ein Waller in die Ferne oder Fremde, im geistlich-biblischen
Sinne der auf der Lebensreise, auf der Wanderung nach der ewigen Heimat begriffene
Mensch…“ 25
    Hier kommt mir ein Lied in den
Sinn, das wir meist zum Totengedenken singen und das doch einen ganz wichtigen
Bezug auf unser Dasein, unseren Weg hier und heute hat:
     
    „Wir sind nur Gast auf Erden
    und wandern ohne Ruh
    mit mancherlei Beschwerden
    der ewigen Heimat zu.“
     
    Georg Thurmair hat das 1935
gedichtet, Adolf Lohmann hat es im gleichen Jahr vertont. Die beiden großen
christlichen Konfessionen singen es als „ökumenisches Lied“ 26 . Ich erinnere mich: Wir haben dieses Lied auf
einer Pilgerfahrt nach Israel in Gethsemane gesungen. Dabei fühlten wir uns in
liebevoller Verbundenheit mit Berthold Simons, Abt des Benediktinerklosters
Kornelimünster bei Aachen, der mit uns pilgern wollte, es aber wegen schwerer
Krankheit nicht mehr konnte. Ich sage: Dieser ist für mich der „Pilger“,
voller Sehnsucht nach dem irdischen, dennoch geistbeladenen, historisch so
wichtigen Ziel — und dann „am Ziel vorbei“ von Gott abberufen in die ewige Pilgerstation,
ja-sagend zu diesem tödlichen „Überholmanöver“, uns allen voraus.
    Dieser Anspruch eines
vollendeten Pilgertums ist sehr hoch. Ich komme auf uns kleine Alltagspilger
zurück, Touristen mehr, weniger Beter, wohl auch ein bißchen fromm bisweilen.
    In unserem Pilgerbus nach
Santiago de Compostela ist mancherlei vertreten, vom hohen Prälaten, Arzt,
Bankdirektor, Richter, Kaufmann, Ingenieur, Lehrer, von jungen und nicht mehr
ganz jungen Frauen bis hin zum kleinen Verleger. Wir verstehen uns gut. Aber was
ist uns als Pilgern gemeinsam? Nur die Reiselust? Nur das Gefühl gemeinsamer
Freundschaft? Gewiß auch das. Doch nicht nur das. Vielleicht aber der
gemeinsame Wunsch, die

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