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Auf Pilgerfahrt nach Santiago de Compostela

Auf Pilgerfahrt nach Santiago de Compostela

Titel: Auf Pilgerfahrt nach Santiago de Compostela Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Malangré
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aianos“ —
„Gott, steh uns bei!“
    Niemand kann sagen, ob all
diese Prozesse gut, schlecht, richtig, falsch waren. Es kommt letztlich auf den
„Überschuß“ an: Waren sie mehr gut als schlecht, waren sie mehr richtig als falsch?
    Ich kenne keinen
Schiedsrichter, der das in unserer Erdenzeit entscheiden kann. Ich spüre wohl
ein evolutives „Grundvertrauen“, daß uns letzten Endes alles, was geschehen ist
und geschieht, weiterbringt, etwa im Sinne von Teilhard de Chardin: Dem „Punkt
Omega“, der Begegnung von Zeit und Ewigkeit und der Erfüllung des Kosmos in
Christus, gehen wir unaufhörlich, wenn auch in vielen Wellenlinien und auf
Umwegen, entgegen.
    Haben diese Bemerkungen noch
mit „Geschichte“ zu tun? Ich denke schon... —
    Ich versuche die Erlebnisse der
Reise einzubringen in mein ganz persönliches Leben und möchte sie weitergeben.

14. KAPITEL

Das Heilige
     
     
    Im Kapitel „Der Heilige“
geht es um eine Biographie, um die Frage an die Bibel und andere Texte, wer denn wohl unser Jakobus gewesen sei.
    Jetzt geht es um etwas
Überpersönliches: Was ist denn das geheimnisvolle „Numinosum“, das
Verschleierte, Wunderbare, dem wir auf unserer Pilgerfahrt nachstellen? Es ist
nötig, daß wir — kurz vor dem Ende unserer Impressionen und Reflexionen —
darüber nachdenken.
    Es gibt da Eckpfähle,
Grenzwerte. Ehe wir uns darüber verständigen, müssen wir die Fragen stellen:
     
    - Was sind Reliquien?
    - Was bedeuten Reliquien?
     
    Im Kapitel „Die Geschichte I“
wird über Oviedo gesprochen, über die vor- oder frühromanischen Bauten auf dem
Monte Naranco: Santa Maria und San Miguel. Doch bei Oviedo muß man auch von
einem Reliquienschatz reden, von den Kostbarkeiten — oder auch
Sonderlichkeiten? — der Cámara Santa in der Kathedrale von Oviedo.
    Es gibt einen französischen
Spruch:
     
    „Wer nach Sankt Jakob sich
begeben
    und bleibet Oviedo fern,
    der hat dem Knecht die Ehr’
erwiesen,
    doch nicht dem Herrn.“ 25
     
    Was gibt es denn Besonderes in
dieser Schatzkammer der Kathedrale von Oviedo?
    Die Spannweite des Gezeigten,
seine Gegensätze sind enorm und überaus lehrreich. Das Beklemmende ist dabei:
das sogenannte „Heilige“, die Reliquien, sind Ausgeburten christlichen
Aberglaubens. Das sogenannte „Profane“, die Erzeugnisse der Kunst, sind dagegen
von einem hohen geistlichen Rang, der sie an die Seite des „Portico de la
Gloria“ in Santiago stellt. Kann Kunst heiliger sein als Reliquien?
    Die Reliquien: „Hier werden
zwei Kreuzpartikel, Blutstropfen des Heilands, ein Fragment des Schweißtuches,
Brotreste vom letzten Abendmahl (nach anderen Angaben entstammen diese der...
wunderbaren Brotvermehrung...) aufbewahrt, ferner liegen hier eine Schuhsohle
des heiligen Petrus, einer der 30 Silberlinge des Judas, Haare der Maria Magdalena,
ein Steinsplitter vom Grab des Lazarus, ein Stück vom Stab des Moses, ein Stück
des Herzens vom heiligen Bartholomäus, andere Reliquien der Apostel und ersten
Märtyrer, dazu noch angeblich eine Phiole mit der Milch der allerseligsten
Jungfrau...“ 75
    Das ist schlimm für uns
aufgeklärte Heutige. Und doch müssen wir die Historie zur Kenntnis nehmen, die
in den Reliquien von Oviedo einst „den bedeutendsten Reliquienschatz, den
Spanien aufzuweisen hat“ 76 ,
sah. Wo bleibt da unser Jakobus? Wo bleibt „das Heilige“?
    Ich muß wieder die Geschichte
bemühen, eine Geschichte, die mehr Legende ist als verbürgte Historie. „Pilger
sollen die wichtigsten Stücke im 6. Jahrhundert aus Jerusalem nach Toledo
gebracht haben. Die Reliquien wurden bei der Annäherung der Araber nach dem
Norden überführt, in einer Höhle verborgen und erst nach 300 Jahren wieder
aufgefunden. Als die Truhe, in der sie verschlossen waren, geöffnet werden
sollte, blendete das ihr entströmende Licht die Entdecker. Darum wurde die
Truhe in den Dom gebracht.“ 77 Gemeint ist hier der Dom von Oviedo.
    Das ist eine erstaunliche
Parallele zu Santiago! Salopp gesagt: es kommt etwas aus Jerusalem, auf
ungeklärten Wegen, die Araber treiben es in den Norden, Jahrhunderte bleibt es
verborgen, wundersame Lichtsignale begleiten die Entdeckung, die Kathedrale
nimmt es auf. Fast genauso war es auch mit den Jakobusreliquien.
    Was bedeutet diese Parallele?
Nach allem, was wir wissen, ist die Jakobusreliquie in Santiago de Compostela
nicht echter als der Silberling des Judas, die Schuhsohle des Petrus und die
Muttermilch der Maria in Oviedo. — Ist denn da

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