Auf Pilgerfahrt nach Santiago de Compostela
Hauptportal die Seligen mit seinem Spiel begleiten darf auf
dem Zug ins Himmelreich. Die Fülle der Plastiken, auch im Inneren der Kirche,
ist im wahrsten Sinn des Wortes unbeschreiblich.
Das „Fensterprogramm“:
„Ungefähr 1800 m 2 kunstvoll bemalter Glasscheiben füllen 125 teils
12 m hohe Fenster, 57 Öffnungen und Rosen sowie die drei riesigen
Rosettenfenster.“ 23 Fast alle
Fenster stammen aus mittelalterlicher Zeit oder aus der Renaissance. Wo findet
man das noch in unserer zerbombten, umweltgeschädigten, nördlichen Welt?
Vielleicht in Chartres.
Die Themen der Fenster: Fast
die ganze Heilsgeschichte ist in ihnen vertreten. Aber man sieht auch Künste
und Wissenschaften, Persönlichkeiten der Geschichte, Laster und Tugenden,
daneben reine Schmuckformen. — Und wieder versagt die Fülle sich der
Beschreibung. Ein Kosmos der Formen und Farben — vorherrschend Blau, Rot,
goldenes Gelb und Weiß — verklärt den gotischen Bau und geht mit Raum und
Plastiken den einmaligen Bund ein, der die Kathedrale von León auszeichnet.
San Isidoro, San Marcos: Hier
stehe wieder je ein Teil für das Ganze, bei San Isidoro das „Panteón de los
Reyes“ mit seinen herrlichen Deckengemälden, bei San Marcos die reiche Fassade
des ehemaligen Konvents der Santiago-Ritter.
Panteón de los Reyes: Elf
Könige Asturiens und Kastiliens und ihre Königinnen waren hier begraben. Die
Gräber wurden Anfang des 19. Jahrhunderts in den Franzosenkriegen geplündert.
Sie lagen in einem kryptaähnlichen Vorbau der Kirche, der aus den Jahren
1054-1066 stammt. Das ihn Auszeichnende ist die Bemalung des romanischen
Kreuzgratgewölbes oberhalb der schönen Kapitelle: der Pantokrator, die
Verkündigung an die Hirten, der Kindermord in Bethlehem, Verkündigung,
Heimsuchung, Flucht nach Ägypten, Darstellung Jesu im Tempel, Kreuzigung — aber
auch der Jahreslauf in der Arbeit der Landleute und vieles mehr. — Unter dieser
farbenprächtigen Landschaft himmlisch-irdischen Geschehens stehen die sehr
einfachen Sarkophage. Die Predigt ist klar: Du, König, zählst nicht viel. Was
zählt, ist das Heilsgeschehen über dir und der immer wiederkehrende Lauf der
Zeiten — solange es Zeit gibt. — Die Decken- und Bogenmalereien sind gut
erhalten. Wieder sind Blau und Rot die beherrschenden Farben auf weiß-grauem
Grund. Byzantinische Formen sind unverkennbar. Das alles geschieht auf einer
Grundfläche von nur 9 x 7 m. Man nennt den Portikus auch „Sixtinische Kapelle
der Romanik“.
San Marcos, Konvent der
Santiago-Ritter: Wir stehen bewundernd vor einer 100 m langen Fassade im
plateresken Stil und versuchen, den Reichtum an Schmuckformen und Figuren
aufzunehmen.
Wir entdecken ein „ganzes
Arsenal von Gestalten der Sage und Geschichte, von Paris, Herkules und
Alexander bis zu Isabella der Katholischen und Philipp V.“ 24 . Hinter dieser Fassade öffnet sich das
Archäologische Provinzmuseum mit herrlichen Exponaten, etwa dem
mittelalterlichen Elfenbeinchristus, einem mozarabischen Kreuz aus dem 10.
Jahrhundert, Bildern, Skulpturen und Schreinen.
13. KAPITEL
Die Geschichte III
Die Eroberung — man spricht von
Wiedereroberung, Reconquista — Spaniens durch die christlichen Nordreiche ist
wie eine Explosion, die über sich selbst hinwegfegt: Eigentlich hätte 1492 mit
der Eroberung Granadas alles zu Ende sein können. Spanien ist in der Hand der
Christen. Aber die ungeheure Schwungkraft der Reconquista verlangt nach neuen
Zielen. Jakobus spielt dabei eine große Rolle.
Nirgendwo gibt es mehr Städte,
die den Santiago in ihrem Namen tragen, als in Südamerika:
- Santiago de Veraguas, Hauptstadt
der Provinz Veraguas im westlichen Panama,
- Santiago de Chile,
- Santiago als ursprünglicher
Name von Jamaica,
- Santiago, Fluß in Mexiko,
- Santiago de Cuba, Hauptstadt
der Provinz Oriente im östlichen Kuba,
- Santiago del Estero,
Hauptstadt der argentinischen Provinz gleichen Namens am Rio Dulce,
- Santiago de los Caballeros,
Stadt im Norden der Dominikanischen Republik...
Diese Beispiele stehen für
mindestens 36 „Santiagos“ in Südamerika.
Es gibt auch viele Plätze mit
anderen Heiligennamen, so im romanischen Raum zahlreiche Orte auf die Namen
Antonio, Carlos, Francisco, José, Pedro, Santa Cruz und Santa Maria — aber das
sind meist Orte der Verehrung von Patronen und Symbolen; bei „Santiago“ ist das
wohl anders. „Nachdem Spanien 1492 mit dem Sieg bei Granada die Reconquista
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