auf Safari
Zu ihrer Linken schoß das Wasser über riesige, urzeitliche Felsblöcke hinab, sprühte Schaum und klang in seinem stürmischen Fall einfach atemberaubend. Jenseits der Felsen floß es ruhig um eine Insel herum. Dann setzte es seinen Weg fort nach Chunga und noch weiter. Mehrere Stühle waren nah am Ufer aufgestellt, andere standen in einem Kreis um die leere Feuerstelle herum. „Rhodesien ist sehr nah“, sagte Mrs. Pollifax, und ließ sich auf einem der Stühle nieder, „und Sambia war doch Nord-Rhodesien, nicht wahr?“
„O ja“, antwortete Lisa, „aber wenn Sie nicht in Livingstone waren, wissen Sie nicht wie nah. Die Victoriafälle liegen zur Hälfte in Rhodesien. Ich hab’ von Livingstone aus eine Bootsfahrt gemacht, und da war das eine Ufer des Sambesi sambisch und das andere rhodesisch. Der Führer erzählte uns, wir würden die ganze Zeit beobachtet, weil der Fluß die einzige Grenze ist und die Leute ihn bei Nacht überqueren. Tatsächlich…“ Sie hielt inne, weil oben vom Hang her eine Stimme nach ihnen rief. Der dritte Landrover war angekommen und John Steeves kam heruntergestiegen, ihm folgten Amy Lovecraft, Dr. Henry und, sehr zimperlich, Willem Kleiber. Dann erschien unter einem regenbogenfarbenen Schirm Chanda. Einen Augenblick später stiegen Cyrus Reed und McIntosh herunter, und mit ihnen ein junger Mann in einem weißen Leinenjackett, der ein Tablett mit Gläsern trug.
Dr. Henry setzte sich neben Lisa und lächelte sie an. „Wir haben einen Wasserbüffel gesehen, eine Anzahl Pukus und ein paar Impalas.“
„Und wir haben einen Leoparden gesehen“, berichtete sie.
„Und wenn Sie ganz schnell in die Palmen da links von Ihnen schauen, dann können Sie Ihrer Liste einen Affen hinzufügen“, sagte John Steeves und setzte sich auf die andere Seite.
„Kümmern Sie sich nicht um den Affen“, sagte Mrs. Lovecraft geringschätzig. „Mrs. Pollifax, Julian hat mich gebeten Ihnen zu sagen, daß es heißes Wasser gibt, und Sie dürfen es als erste genießen.“
„Ich soll die erste sein?“ fragte Mrs. Pollifax. „Ich weiß nur nicht, wo das Bad ist.“
„Ich weiß, wo bafa ist“, sagte Chanda eifrig. „Ich zeigen Ihnen.“
„Gut, dann nichts wie los.“ Chanda beachtete den Pfad nicht und sprang von Fels zu Fels. Zum erstenmal bemerkte Mrs. Pollifax die lange Narbe, die sich vom Knöchel bis zur Hüfte zog. Sie erinnerte sich, daß Dr. Henry gesagt hatte, er sei beinah tot gewesen, als man ihn ins Krankenhaus gebracht habe, und sie fragte sich, wie viele Narben er sonst noch haben mochte. Oben auf dem Hügel erwartete er sie mit strahlenden Augen.
„Ich laufen schnell wie Affe“, sagte er grinsend.
„Wahrhaftig.“ Während sie versuchte, wieder zu Atem zu kommen, bemerkte sie einen kleinen, gelbbraunen Beuter, der an einer Schnur um seinen Hals hing. „Was ist das, Chanda?“ fragte sie und deutete darauf.
Er schaute herab, stopfte den Beutel unter sein Hemd und sah sie nachdenklich an. „ Cuma “, sagte er vorsichtig. Dann lachte er plötzlich wieder über das ganze Gesicht. „Möchten Sie sehen? Es ist mein Schatz.“
„Sehr gern, ist es geheim?“
„Sehr geheim“, antwortete er und war offensichtlich dankbar, daß sie die Tür zu ihrem Zimmer öffnete und ihm bedeutete einzutreten.
Er nahm den Beutel vom Hals und leerte den Inhalt auf dem Bett aus.
Über das, was zum Vorschein kam, war Mrs. Pollifax ebenso gerührt wie amüsiert, weil ihr ähnliche Sammlungen ihres Sohnes Roger einfielen, als er im selben Alter war. Nur daß Rogers Schätze nicht den Wert hatten wie Chandas Sammlung hier im Busch. Die Gesellschaft war eine andere.
„Aus Cifulo “, erklärte er und deutete sachlich auf sein vernarbtes Bein.
Er nahm die Gegenstände seiner Sammlung in die Hand und erklärte sie ihr. „ Munga – Dorn.“
„ Munga “, wiederholte sie und nickte.
„ Bulobo – Fischhaken. Mwele – Messer.“ Mwando war ein Knäuel Bindfaden, lino war ein Zahn. „Und cibiliti “, schloß er und hielt zwei Zündhölzer hoch.
„Und eine Schlange“, sagte sie und deutete auf ein Streifchen getrockneter Haut.
Er nickte. „ Nsoka . Hat mein Vater mir gegeben. Er war Jäger, sehr großer Mann. Er spürte Wild auf. Er mich lehrt. Ich bin auch Jäger.“
„Dann willst Du auch Jäger werden?“
„Ich schon Jäger.“ Er lachte sie an. „Sehr guter.“ Sie sah schweigend zu, wie er
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