auf Safari
war, fand sie, ein geringfügiges Übel, wenn man einen so prächtigen Regenschirm besaß. Oder Sonnenschirm.
Und so flog Mrs. Pollifax an jenem Abend nach London ab, ausreichend geimpft und ausgerüstet mit einem Koffer voller pflegeleichter Sachen und anderer kleiner Schätze. Die prächtigen Magazine lockten sie nicht. Während ihrer Reise holte sie ihr Buch über afrikanische Tiere heraus und las: ‚Die Pferdeantilope bietet mit ihrem kraftvollen, massigen Körper, der schwarzweißen Gesichtszeichnung, den starken Hörnern und den langen Ohren ein prächtiges Bild‘, und dann schlief sie ein. Als sie wieder aufwachte, las sie: ‚Die Säbelantilope ist tief dunkelbraun, die alten Männchen sind indessen tiefschwarz‘, und wiederum nickte sie ein.
Im Londoner Flughafen Heathrow machte sie in einem kleinen Aufenthaltsraum abermals ein Schläfchen, und am Sonntagabend um acht Uhr bestieg sie die Maschine der Sambia-Airways nach Lusaka.
Hier erlebte sie ihre erste Enttäuschung. Da Sambia en junges Land war, kaum zehn Jahre alt und in schneller Entwicklung begriffen – die Dritte Welt, dachte sie feierlich – hatte sie ein paar exotische Reisegefährten erwartet. Statt dessen fand sie sich zwischen Passagieren wieder, die ihr wie britische Familien auf Urlaubsreise vorkamen mit Babys und kleinen Kindern. Die einigen Farbtupfer waren die hübschen schwarzen Stewardessen in ihren orangefarbenen Minikleidern.
Halb dösend, halb wachend verbrachte sie die Nacht, entschlossen, den ersten Blick auf Afrika keinesfalls zu versäumen. Als der Tag graute, öffnete sie die Augen und erblickte eine Fläche von Kräuselwolken, der eine hellorangefarbene Sonne entschlüpfte, die wiederum eine sanftrosa Spur hinterließ.
Alle Schläfrigkeit verschwand. Voller Freude setzte sie sich auf. Nach und nach wurden die Wolken lichter und lösten sich schließlich auf, die Sonne tauchte den Himmel in warmes, helles Licht. Mrs. Pollifax schaute aus ihrem Fensterchen nach unten: sie sah Afrika.
Endlich Afrika dachte sie, und durchaus kein schwarzer Kontinent.
Aus dieser Höhe sah es aus, als sei die Erdoberfläche abgeschält, zu einer trüb orangefarbenen Kruste verkocht und dann mit grünen Flechten dünn besprenkelt worden. Am sonderbarsten aber waren die hier und da auftauchenden Erderhebungen. Wirklich, dachte sie, die sehen genauso aus wie Blasen in einem dicken Brei, der auf dem Herd blubbert.
Bald wurde das Bild gefälliger, und das blasse, staubige Grün wich einem dichten, mit rotem Lehmwegen geränderten Gewebe, wie aus grobem Garn, das sich bis zum Horizont erstreckte. Einmal war sie überzeugt, ein Dorf aus Hütten zu sehen, und sie erschauderte bei der Vorstellung, daß dort unten Eingeborene beim Morgengrauen erwachten, ohne zu ahnen, daß sie vom Himmel auf sie hinunterschaute.
Ein aufregender Gedanke, daß sie auf dieser unter ihr ausgebreiteten Erde landen sollte, und sie begann zu überlegen, was nun vor ihr lag… In ihrer Handtasche befanden sich Unterlagen, die ihr das Reisebüro in New York zugeschickt hatte, und sie erinnerte sich, daß sie am Flughafen von Lusaka von einem Reiseführer abgeholt und unverzüglich ins Intercontinental-Hotel gebracht werden sollte. In Lusaka sollte sie rund sechs Stunden bleiben (14.30 Uhr Abfahrt vom Hotel nach Kafue-Park). Aber bevor sie am Nachmittag um halb drei zum Kafue-Nationalpark aufbrach, hatte sie die begründete Hoffnung Farrell wiederzusehen, was ihrer Ankunft einen zusätzlichen Reiz verlieh.
Seit ihrer Abreise aus New York hatte sie sich unaufhörlich Gedanken gemacht, was Farrell wohl in Sambia trieb, und jetzt versuchte sie von neuem, das was sie von ihm wußte, mit dem Land da unten in Verbindung zu bringen. Als sie Farrell kennenlernte, hatte er in Mexico City eine Kunstgalerie betrieben und auch selber gemalt, hatte aber erwähnt, daß er am Anfang der Revolution für Castro Gewehre geschmuggelt und einmal ein Charterboot aus Acapulco herausgesteuert habe. Irgendwann dazwischen war er auch für Carsairs tätig gewesen. Jetzt lebte er im Ruhestand.
Da Sambia im Binnenland lag, konnte es hier keine Charterboote geben; die sambische Revolution war 1964 beendet worden, also gab es keine Gewehre zu schmuggeln. Was aber mochte Farrell hier gefunden haben? Vielleicht wieder eine Kunstgalerie? Je länger sie diesem Gedanken nachhing, um so besser gefiel er ihr. Natürlich sammelte er primitive Kunst und spezialisierte sich auf
Weitere Kostenlose Bücher