Auf Schreckenstein gibt's täglich Spaß
obwohl er eigentlich längst satt war. Doch um das zu bemerken, war er viel zu aufgeregt. Worüber sollte er nur schreiben! Worüber?
Da kam Dampfwalze, der am Nebentisch Abräumdienst hatte, hinter ihm vorbei und sagte: „Ich möchte dich nachher sprechen. Warte vor dem Esssaal.“
Andi konnte nur nicken, war aber verabredungsgemäß zur Stelle.
„Komm mal mit!“ sagte Dampfwalze geheimnisvoll und führte ihn in sein Zimmer. Der kleine Herbert saß auf seinem Bett und schaltete gerade sein Transistorradio ein.
„Du schwingst dich!“ befahl Dampfwalze. „Wir haben etwas zu besprechen.“
„Ich geh ja schon“, sagte Herbert, sah das Muskelgebirge ängstlich und Andi fragend an und zog ab. Wahrscheinlich vermutete er, es handle sich um die Vorbereitungen zu einem Streich. Und das ohne ihn!
Dampfwalze holte unter seinem Bett einen Karton hervor. „Schau mal her“, sagte er und öffnete den Deckel. „Hab ich mir von zu Hause schicken lassen! Nach genauen Angaben! Mein ganzes Sparschwein ist dabei draufgegangen. Und meine alte Dame hat anscheinend auch selbst noch kräftig beigesteuert.“ Er zog einen Rennlenker aus Leichtmetall mit Vorbau, einen Rennsattel, eine Gangschaltung mit fünffachem Zahnkranz, Fußhaken und zwei Felgenbremsen vom gleichen Modell wie an Andis Rad hervor.
„Sind das die richtigen Sachen?“ fragte er. Andi war platt. „Genau. Mensch, prima!“
„Dann ist es ja gut. Das wollte ich nur wissen. Morgen wird montiert. Zwar habe ich dann immer noch Drahtreifen und nur einen Sportrahmen. Aber das wird sich mit der Zeit ändern. Hauptsache, wir sind erst mal zu zweit.“
Andi nickte. Jetzt wusste er, was er für die neue Nummer vom „Wappenschild“ schreiben würde: einen Bericht über den Radrennsport!
„Du sagst ja gar nichts“, brummte Dampfwalze und packte die Teile wieder ein. „Wenn dir’s nicht passt, das ich auch renne, dann sag’s gleich. Dann fahren wir eben getrennt. Du rechts um den See, ich links mm.“
„Und vor Schloss Rosenfels stoßen wir zusammen“, antwortete Andi, und beide mussten lachen.
„Und die Mädchen kommen mit Tragbahren“, spann Dampfwalze den Gedanken weiter, „verbinden unsere Wunden und pflegen uns.“
Hier unterbrach ihn Andi: „Und wir schicken dem Rex eine Postkarte: Die besten Grüße aus dem Sanatorium Rosenfels.“
„Soweit kommt’s noch!“ Dampfwalze klopfte ihm auf die Schulter, als schwinge er einen Schmiedehammer. „Also, morgen bauen wir meine Kiste um. Und dann wird trainiert!“
Was haben die andern nur? dachte Andi, als er nach diesem ereignisreichen Tag im Bett lag. Dampfwalze ist gar nicht so ein Muskelprotz mit Spatzenhirn. Er ist zwar ein rauher Bursche, aber gutmütig. Und wenn er sich was vorgenommen hat, ist er eisern!
Glücklich, einen Kameraden gefunden zu haben, der seine Leidenschaft für den Radrennsport teilte, schlief Andi ein.
Dampfwalze war wirklich eisern. Am Sonntag Nachmittag saßen sie auf ihren Rädern und fuhren um den See. Auf ebener Strecke strampelte Dampfwalze sehr munter mit großer Übersetzung. Doch am Berg, wo sich sein Gewicht nachteilig bemerkbar machte, hätte Andi ihn abhängen können. Aber er tat es nicht.
„Du bist mehr ein Roller. Ich bin auch Kletterer“, sagte er nur.
„Und wie wirkt sich das aus?“ wollte Dampfwalze wissen.
„Du musst noch viel trainieren. Dann wirst du auch am Berg besser. Trotzdem: Deine Stärke werden Flachrennen sein. Ich bin mehr ein Etappenfahrer.“
„Ich will aber auch Etappen fahren!“ keuchte Dampfwalze und fiel zurück, denn die Straße stieg wieder an.
„Dazu hast du jetzt die beste Gelegenheit“, antwortete Andi und lachte. „Du brauchst nur nach Italien zu fahren, zum Giro. Nächsten Sonntag kommen sie über das Stilfser Joch. Das ist der höchste Pass der ganzen Rundfahrt. Was meinst du, wie sich da das Feld auseinanderzieht! Eine Stunde Rückstand gegenüber dem Spitzenreiter ist auf der Passhöhe keine Seltenheit. Im Ziel sind sie dann oft alle wieder beieinander.“
Von Dampfwalze kam keine Antwort. Er war weiter zurückgefallen und kämpfte, in den Pedalen stehend, eisern gegen den Berg. Andi blieb im Sattel, kletterte mühelos mit rundem Tritt. Oben angekommen, schaltete er auf die größte Übersetzung und bummelte, bis Dampfwalze den Anschluss wieder gefunden hatte.
„Mein lieber Schwan“, keuchte der, „du fährst da wie mit’m Schlepplift. Das muss ich auch noch lernen! Und wenn ich eigens zum Stilfser Joch
Weitere Kostenlose Bücher