Auf sie mit Gebell: Bernie und Chet ermitteln - Roman (German Edition)
braun, schossen hierhin und dorthin, was mich an die Augen dieser riesigen Ratte erinnerte, die ich einmal in einer Gasse in einem üblen Viertel von Pedroia – und ein übles Viertel dort ist wirklich übel – in die Ecke getrieben hatte. Disco hatte keine langen grauen Strähnen mehr und sah nicht mehr wie ein Hippie aus, sondern wie ein glatzköpfiger alter Mann.
Der Sheriff beugte sich vor und rieb sich die Hände. Das sah ich öfter bei Menschen. Es machte mich wachsam, keine Ahnung, warum. Hatte ich so etwas jemals Bernie tun sehen? Nicht, dass ich mich erinnerte.
»Der liebe Disco und ich lernen uns immer besser kennen«, sagte der Sheriff. »Stimmt doch, Disco, oder?«
Disco nickte, aber so, dass man es kaum mitbekam.
»Wie wär’s mit noch einer Pepsi?«, fragte der Sheriff. Er wandte sich Bernie zu. »Das hier ist eigentlich reines Coke-Gebiet«, sagte er, »aber Disco hat sich als Pepsi-Typ entpuppt.«
Bernie sagte nichts; sein Gesicht war ausdruckslos.
»Ja«, sagte Disco, seine Stimme nicht viel mehr als ein Flüstern. »Pepsi.«
»Les?«, sagte der Sheriff.
Les stand auf und ging aus dem Zimmer.
»Hast du Lust, meinen Freunden hier zu erzählen, wie du zu deinem Namen gekommen bist – Disco?«, fragte der Sheriff.
»Das hab ich doch schon erzählt«, erwiderte Disco.
»Aber diese Leute hier haben es noch nicht gehört, und es ist eine tolle Geschichte.«
Disco fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Er hatte eine spitze Zunge, die weiß und trocken aussah. Meine Zunge fühlte sich im Moment angenehm feucht an. Disco sah zu Bernie. Dann wandte er seinen Blick ab und sah stattdessen Lieutenant Stine an. »Kennen Sie diese Discokugeln?«, fragte er.
»Ja, die kenne ich«, antwortete der Lieutenant.
»Ich … äh … habe eine gestohlen«, sagte Disco und verstummte.
»Komm schon«, ermunterte ihn der Sheriff. »Das musst du ausführlich erzählen.« Er lächelte Bernie an. »Das Ganze endete damit, dass der Discokugel-Raubzug der älteste Eintrag in Discos Strafregister wurde und der erste Schritt in ein langes Verbrecherleben.«
»Also, Verbrecherleben würde ich nicht sagen«, protestierte Disco.
»Nein?«
Disco starrte auf den Tisch.
»Jetzt erzähl schon«, forderte ihn der Sheriff erneut auf.
Disco sprach mit leiser Stimme, ohne den Blick vom Tisch zu heben. »Ich hab Discos gehasst«, sagte er, und spätestens jetzt verstand ich nur noch Bahnhof. »Discos sind scheiße. Hat mich komplett genervt, war wie ein Anschlag auf unser Leben. So als würden sie uns unsere Zukunft rauben. Und da gab es diese Kneipe, der Electric Pumpkin, der tollste Laden überhaupt – da haben echt mal Quicksilver Messenger Service gespielt …« Discos Stimme wurde lauter, und er hob den Kopf. »Und eines Abends war der Pumpkin plötzlich eine Disco, ohne jede Vorwarnung. Ich also nichts wie hin …«
»Er ist eingebrochen«, unterbrach ihn der Sheriff. »Gerade als der Laden zugemacht hatte.« Er lachte. »Also am helllichten Tag.«
»Ich bin rein«, sagte Disco, »und hab diese scheiß Discokugel runtergerissen und auf den Boden geschmissen, dass sie in tausend Stücke ging.« Seine kleinen, nicht besonders kräftigen Hände ballten sich zu Fäusten, und seine Overallärmel fielen zurück. Er trug Handschellen.
Schweigen. Ich kann natürlich nicht für die anderen sprechen, aber ich versuchte nicht einmal zu verstehen, wovon Discos kleiner Bericht handelte. Stattdessen gingen mir diese Jagdsendungen auf dem Sportkanal durch den Kopf: Wie gerne wäre ich jagen gegangen. Bernie war ein echter Meisterschütze, aber wir waren noch nie jagen gewesen, nicht ein einziges Mal. Warum eigentlich nicht?
Währenddessen sagte der Sheriff: »Und seither nennt dich jeder Disco – die Kugel ist sozusagen hängen geblieben.«
Disco zuckte die Achseln. »Ich hab mich dran gewöhnt.«
Les kehrte mit einer Dose Pepsi zurück, machte sie mit einem Zischen auf und stellte sie auf den Tisch. Disco nahm sie in beide Hände und trank.
»Reden wir über die Entführung«, sagte der Sheriff.
»Noch mal?«, fragte Disco. »Das haben wir doch schon alles durchgekaut.«
»Du hast neues Publikum«, beschied ihn der Sheriff.
Discos Augen flatterten zu Bernie, dann zum Lieutenant und blieben zum Schluss wieder am Tisch hängen. »Wo fangen wir an?«, fragte er.
»Bei der Idee«, sagte der Sheriff.
Disco fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Die rissigen Lippen und die trockene weiße Zunge: schwer, den Blick
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