Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf Treu und Glauben: Commissario Brunettis neunzehnter Fall (German Edition)

Auf Treu und Glauben: Commissario Brunettis neunzehnter Fall (German Edition)

Titel: Auf Treu und Glauben: Commissario Brunettis neunzehnter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
Vom Netzwerk:
auch.«
    »Hat er von Ihrer Tante erzählt, seiner Mutter?«, fragte Brunetti, der sich wunderte, dass die zwei Männer so viel Zeit mit Gesprächen über eine so kleine Familie verbracht haben sollten.
    »Selten«, sagte Fontana. Sein Blick wanderte zwischen den beiden hin und her, immer sah er denjenigen an, der ihm eine Frage stellte, und ließ ihn nicht aus den Augen, während er antwortete – als habe man ihm das von klein auf so beigebracht.
    »Hat er auch mal von sich selbst erzählt?«, fragte Brunetti, der sich um einen stets gleichbleibenden, freundlich interessierten Ton bemühte.
    Fontana sah ihn lange an, als rechne er mit irgendeiner Falle oder Finte. »Manchmal«, antwortete er nach langem Nachdenken.
    Wenn sie so weitermachten, erkannte Brunetti, würden sie hier noch bis zum ersten Schnee sitzen, und Fontana würde immer noch zwischen ihnen hin- und hersehen. »Wie nahe haben Sie sich gestanden?«, hakte er schließlich nach.
    »Wie nahe?«, wiederholte Fontana, als könne er mit der Frage nichts anfangen.
    »Im Sinn von Freundschaft«, erklärte Brunetti mit unendlicher Geduld. »Konnten Sie offen miteinander reden?«
    Fontana starrte ihn an, als sei es ihm völlig neu, dass zwei Männer so etwas miteinander tun könnten. Erst nach einigem Nachdenken antwortete er leise: »Ja.«
    »Hat er mit Ihnen über sein Privatleben gesprochen?«, fragte Brunetti mit der Stimme des Priesters, der jahrzehntelang Erfahrung im Beichtstuhl gesammelt hat. Er glaubte zu bemerken, dass Fontana sich minimal entspannte. »Signor Fontana, wir möchten herausfinden, wer das getan hat.« Fontana nickte mehrmals, und Brunetti wiederholte: »Hat er über sein Leben gesprochen?«
    Fontana sah zwischen Brunetti und Vianello hin und her und dann auf seine Knie. »Ja«, antwortete er kaum hörbar.
    »Haben Sie deswegen mit uns sprechen wollen, Signor Fontana?«, fragte Brunetti und wünschte, er hätte diese Frage schon früher gestellt.
    Immer noch mit gesenktem Blick sagte Fontana: »Ja.«
    Brunetti hatte keine Ahnung, ob das Motiv für den Mord an Fontana in seinem privaten oder seinem beruflichen Umfeld zu suchen war, ließ sich aber von dieser Unsicherheit nichts anmerken, als er sagte: »Gut. Ich denke, hier sollten wir mit unseren Ermittlungen ansetzen.«
    Das machte Fontana hinreichend Mut, sich von seinen Knien abzuwenden. Er sah Brunetti an, dem die Traurigkeit in seinen Augen auffiel, und sagte: »Das denke ich auch.«
    »Könnten Sie uns dann jetzt von ihm erzählen, Signore?«, bat Brunetti.
    »Er war ein guter Mensch«, fing Fontana an. Brunetti registrierte überrascht, dass er fast dieselben Worte wie Signora Zinka gebrauchte. »Mein Onkel war ein guter Mensch, und so hat er auch Araldo erzogen.« Falls Brunetti es seltsam fand, dass Fontana nichts von der Mutter seines Cousins sagte, behielt er es für sich.
    »Als Kinder waren wir immer zusammen, später vielleicht nicht mehr so oft, aber das ist wohl normal.« Das kam als Feststellung, doch Brunetti hatte das Gefühl, eigentlich sei es als Frage gemeint. Fontana holte Luft und fuhr fort: »Aber dann habe ich geheiratet und Kinder bekommen. Und alles wurde anders.« Brunetti lächelte, sah aber nicht zu Vianello hinüber. »Danach hatte ich für Araldo nicht mehr viel Zeit.«
    »Aber Sie haben sich noch gesehen?«
    »Ja, natürlich. Er ist der Pate meiner beiden Kinder, und das hat er ernst genommen.« Fontana unterbrach sich und sah von ihnen weg aus dem Fenster nach dem Dach der Casa di Cura auf der anderen Seite des Kanals. Brunetti hatte den Eindruck, die Erwähnung seiner Kinder habe Fontana gestärkt; auf jeden Fall klang seine Stimme jetzt kräftiger. Brunetti unternahm keinen Versuch, seine Aufmerksamkeit zurückzugewinnen.
    Sie warteten, und nach einer Weile erklärte Fontana: »Araldo war homosexuell.«
    Brunetti nickte, womit er die Bemerkung quittierte und zugleich zu erkennen gab, dass der Polizei das bereits bekannt war.
    Fontana griff in seine Tasche und zog ein Stofftaschentuch hervor. Er wischte sich das Gesicht ab und steckte das Taschentuch wieder ein. »Das hat er mir vor Jahren erzählt, vor fünfzehn Jahren vielleicht, oder noch mehr.«
    »Hat Sie das überrascht?«, fragte Brunetti.
    »Nein, ich glaube nicht«, sagte Fontana. Er blickte zerstreut in seinen Schoß, griff mit den Fingerspitzen die Bügelfalte seiner Hose und hob sie an, aber das half auch nicht gegen die Schwüle in diesem Raum, in dieser Stadt. »Nein, eigentlich hat es

Weitere Kostenlose Bücher