Auf Umwegen ins grosse Glueck
nicht ablenken.
Ich hätte auf der Double Nickel Ranch bleiben sollen, überlegte sie. Ohne Cheyenne war die Wohnung einfach nur kalt und leer. Sie, Allie, brauchte jemanden, mit dem sie sich unterhalten konnte. Jemanden, der die Stille vertrieb. Denn Stille führte unweigerlich zum Nachdenken. Und damit kamen die Erinnerungen zurück. Und genau das wollte sie, Allie, nicht.
Sie kannte Zane seit ihrer Kindheit. Seine Mutter Dolly Peters hatte wie Mary Lassiter einen Rodeoreiter geheiratet - nur mit dem Unterschied, dass Buck Peters sesshaft geworden und mit Dolly auf die Ranch seiner Eltern in Aspen gezogen war.
Jahre später waren die beiden dann nach Texas gegangen, denn Zanes Mutter hatte von ihren Eltern ein Stück Land geerbt. Zane war in Aspen geblieben und hatte eine erfolgreiche Pferdezucht aufgebaut. Wenn Mary Lassiter sie nicht gebeten hätte, mit der Hochzeit noch zu warten, dann wären sie, Allie, und Zane jetzt fast fünf Jahre verheiratet gewesen.
Oder vielleicht schon wieder geschieden.
Sie hatte Zane Peters geliebt, doch das hatte sie nicht blind für seine Fehler gemacht. Er war manchmal sehr leichtsinnig und liebte es, mit dem Feuer zu spielen. Sie war zu der Zeit woanders zur Schule gegangen, aber trotzdem waren ihr Gerüchte über rauschende Partys zu Ohren gekommen. Sie hatte gehört, dass Zane viel zu viel trank und dann in halsbrecherischem Tempo die kurvige Bergstraße zur Ranch zurückfuhr. Als sie dann in den Ferien zu Hause war, hatte sie ihm eine unschöne Szene gemacht und ihm all diese Dinge auf den Kopf zugesagt. Er hatte ihr mangelndes Vertrauen vorgeworfen und sie gefragt, mit welchem Recht sie hinter ihm herspionieren würde. Ihr Streit war immer heftiger geworden, bis sie sich schließlich den Verlobungsring vom Finger gestreift und ihn Zane mit den Worten zurückgegeben hatte, dass sie ihn nie heiraten würde und er sich zum Teufel scheren sollte.
Sie hatte fest damit gerechnet, dass er sich entschuldigen würde. Den Gefallen hatte er ihr allerdings nicht getan. Er war schweigend zu seinem Auto gegangen und mit quietschenden Reifen davongefahren.
Das Klingeln des Telefons riss Allie aus ihren traurigen Erinnerungen. Sie meldete sich, hörte allerdings nur ein Rauschen. "Hallo? Wenn Sie sich nicht melden, lege ich auf."
"Ich bin's, Zane. Bitte hör mir zu, Allie. Ich brauche deine Hilfe. Es geht um ein Pferd."
Allie war sprachlos.
Zane nutzte den Überraschungseffekt. "Ich habe vor kurzem ein wunderschönes Fohlen für Hannah gekauft und ihm den Namen Honey gegeben. Honey wurde von ihrem Vorbesitzer misshandelt, und jetzt fürchtet sie sich vor Menschen. Du wärst genau die Richtige, um mit ihr zu arbeiten und ihr diese Angst zu nehmen. Es ist mir egal, was es kostet. Nenn mir deinen Preis, ich werde ihn bezahlen."
Sie erholte sich langsam von ihrer Überraschung. Das war ja unglaublich! Er wagte es tatsächlich, sie anzurufen. Da gab es nur eins: kommentarlos auflegen!
"Nur du kannst Honey helfen", fuhr Zane, der anscheinend ihre Gedanken gelesen hatte, schnell fort. "Wenn ein Mann auf sie zugeht, dann scheut sie und zittert am ganzen Körper. So kann ich sie nicht einmal verkaufen, selbst wenn Hannah es mir erlauben würde. Wenn jemand Schuld an dieser Misere hat, dann bestimmt nicht das Fohlen, sondern die Männer, die es misshandelt haben."
"Das glaube ich dir gern. Mir ist es ja genauso ergangen."
Er schwieg einen Moment, bevor er schließlich fragte: "Also, hilfst du mir?"
"Nein."
"Früher hättest du nicht so reagiert. Tiere sind immer dein Ein und Alles gewesen. Der Besitzer war dir egal."
Es war doch einzig und allein seine Schuld, dass es die Allie von damals nicht mehr gab! Sie umklammerte den Hörer so fest, dass ihre Finger schmerzten.
"Na gut, Allie, es ist deine Entscheidung. Ich werde deinen Freunden schon nicht erzählen, dass du ein Tier im Stich gelassen hast."
Zum Teufel mit ihm! Jetzt versuchte er zu allem Überfluss auch noch, ihr ein schlechtes Gewissen zu machen.
Ihre dreibeinige Katze Amber kam ins Wohnzimmer und sprang auf ihren Schoß. Unwillkürlich begann Allie, sie zu Streichern. Dabei fiel ihr wieder ein, wie sie Amber gefunden hatte. Jemand hatte sie ausgesetzt, und sie hatte halb tot am Straßenrand gelegen.
Und plötzlich wusste Allie, dass sie nicht Nein sagen konnte.
Sie konnte das Fohlen nicht im Stich lassen.
"Also gut, Zane, du hast gewonnen. Ich muss morgen früh noch eine Familie mit einem blinden Kind zum Independence
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