Auf Umwegen ins Herz
war, störte mich irgendwie. Immerhin trainierten wir drei dort seit Jahren gemeinsam. Wir waren ein festes Dreiergespann, Marco, Isa und ich. Wenn nun Lena auch im Studio war, würde sich wahrscheinlich alles für uns ändern. Dabei genoss ich die gemeinsamen Stunden zu dritt so.
Oh Mann! Ich war doch tatsächlich eifersüchtig auf Julians Schwester! Wie peinlich! Trotzdem konnte ich es nicht lassen und wagte noch einen beschämend miserablen Versuch, zu retten, was bereits verloren war: „Und vormittags könnt ihr euch nicht sehen?“
„Leider nicht. Sie ist Lehrerin, daher bleiben uns nur der Abend und das Wochenende.“
Ich nickte und versuchte weiterzulächeln. Würde ich Lena nun öfter sehen, würde ich auch regelmäßig an Julian erinnert werden. Kurz tauchte die Erinnerung an seine indigoblauen Augen auf, und prompt reagierte mein Körper, was mich wurmte. Es konnte doch nicht sein, dass ich alleine bei der Vorstellung an ihn, an seine wundervollen Augen eine Gänsehaut bekam! Ich versuchte, das Prickeln zu ignorieren, und nahm einen kräftigen Schluck des nussigen Weines.
Marco stand auf, die Arme ausgebreitet, und strahlte wie ein Kind vorm Weihnachtsbaum. Ich drehte mich um und sah Lena mit dem gleichen Leuchten in den Augen auf uns zukommen. Sie warf sich in seine Arme, und die beiden küssten sich stürmisch. Ich griff nach meinem Weinglas und schwenkte es, hielt es gegen das Licht, und erst als Marco ein heiseres „Hallo, mein Engel“ flüsterte, stellte ich das Glas wieder auf den Tisch.
Lena streckte mir ihre Hand entgegen und lächelte freundlich. „Darf ich mich zu euch setzen?“
Ich nickte ihr einladend zu, und Marco ergänzte: „Aber natürlich, meine Schöne, möchtest du auch ein Glas Chardonnay?“
„Wenn es der von gestern Abend ist, gerne.“
Na toll, da fängt es ja schon an! Früher waren Isa und ich diejenigen, die als Erstes die neuen Weine zum Verkosten bekamen. Die Zeiten schienen sich wohl grundlegend geändert zu haben. Werd‘ jetzt bloß nicht zickig, Jana , trat ich mir in Gedanken selbst ans Bein.
„Schenk mir bitte auch noch einmal nach“, bat ich Marco. Ich beschloss kurzerhand, mein Auto stehen zu lassen und mit der Straßenbahn nach Hause zu fahren. Morgen würde ich zwar früher aus dem Bett müssen – dank der Fahrt mit den Öffis würde ich mehr als doppelt so lange zur Arbeit brauchen – aber das nahm ich gerne in Kauf. Lena ließ sich mir gegenüber auf die Bank fallen und lächelte mir zu.
„Freut mich, dass wir endlich mal Zeit finden zu plaudern. Ich hab ja schon viel von dir gehört – keine Angst, nur Positives!“
„Na, das will ich hoffen“, zwinkerte ich ihr zu, ehe wir uns zuprosteten. Gerade wollte Marco sich wieder setzen, als eine mir unbekannte Kellnerin – offensichtlich die neue – an unseren Tisch kam und ihn bat mitzukommen.
„Ich bin gleich wieder da. Ihr kommt doch auch ohne mich klar, Mädels, oder?“
Mit einem kurzen Nicken gaben wir ihm zu verstehen, dass er sich nicht um uns zu kümmern brauchte, und schon war er mit der jungen Frau verschwunden.
„Tja, … dann also du und Marco …?“, versuchte ich umständlich, eine Unterhaltung zu beginnen. Lena lächelte mir zu.
„Tja, dann also du und Julian …?“, konterte sie mit einem Zwinkern.
Ich musste lachen, da anscheinend alle rund um mich mehr wussten als ich selbst.
„Das steht noch in den Sternen. Aber erzähl mal von dir. Ich sehe dich noch als kleines Mädchen vor mir. Was hast du aus dir gemacht? Marco hat erzählt, du bist Lehrerin?“ Ich war stolz auf mich, wie ich bereits das zweite Mal an diesem Tag geschickt das Thema von mir ablenkte. Lena bekam bei der Erwähnung von Marcos Namen, genau wie er vor wenigen Minuten, ein Glitzern in die Augen und begann anschließend von ihrer Arbeit mit den Kindern zu erzählen.
„Ja, ich unterrichte momentan eine vierte Klasse. Ich hab’s richtig gut getroffen, die Kinder sind extrem ruhig und aufmerksam. Die Arbeit mit ihnen könnte nicht schöner sein, und auch die Eltern sind, bis auf zwei besserwisserische Ausnahmen, sehr nett.“
„Das hört sich ja super an. Ich könnte mir nicht vorstellen, so kleine Wesen zu unterrichten, mir würden dafür die Nerven fehlen. Abgesehen davon werde ich ja schon bei einer Präsentation vor vier meiner Kollegen nervös. So vielen Zwergen Wissen zu vermitteln ... Du hast meinen vollen Respekt!“
„Weißt du, das Schöne an meiner Arbeit ist, dass ich von den Kindern
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