Auf und ab - Mord in Hellwege
stand.
»Welche Strecke sind sie denn geflogen?«, fragte Holten.
»Von Warschau nach Amsterdam. Startzeit so um 14.00 Uhr, Landezeit ungefähr 19.00 Uhr.«
Holten rechnete kurz nach.
»Das passt so ziemlich, jedenfalls für die Cessna. Aber warum ist die Mitsubishi so langsam geflogen?«
»Vielleicht ist sie nur mit einem Motor geflogen, um Sprit zu sparen«, witzelte Wing.
»Nicht so schnell und nicht so hoch«, gab Holten zurück und grinste.
Der alte Fliegerwitz, wenn Piloten sich über ängstliche Passagiere lustig machen. Als Flugschüler lernte man allerdings etwas ganz anderes: › Fahrt ist das halbe Leben ‹ und › Höhe ist Sicherheit ‹ .
Ein Kellner brachte einen › Gruß aus der Küche ‹ , Bruschetta, ein anderer die Flasche trockenen Weißen, den sie auf seine Empfehlung hin ausgewählt hatten. Er zeigte die große Zeremonie des Einschenkens, und Holten gab den Weinkenner, der er allerdings nicht war. Er trank gern Wein, doch zum Fachmann hatte er es noch nicht gebracht.
Als die Kellner verschwunden waren, griffen beide hungrig zu.
»Oder der Pilot hat eine Prüfung in Langsamfliegen gemacht«, sinnierte Holten kauend.
Der gefällig trockene Wein schmeckte den beiden ausgezeichnet, und da sie ja nahezu noch nichts gegessen hatten, tat er unverzüglich seine Wirkung. Bester Stimmung versuchten sie krampfhaft, noch weitere Gründe für diese niedrige Reisegeschwindigkeit zu finden und sich dabei gegenseitig an Witzigkeit zu übertreffen.
»Ich vermute, die haben einen Fotoflug für die Cessna gemacht«, vermutete Wing und fand das lustig.
»Also immer darüber, daneben und darunter, und das fünf Stunden lang.«
»Ich glaube eher, der Pilot brauchte noch Flugzeit, um seine Lizenz zu verlängern«, erwiderte Holten schmunzelnd, nachdem er noch einen Schluck genommen hatte.
»Das soll ja bei Piloten, die solche Brummer fliegen dürfen, an der Tagesordnung sein«, krönte er ironisch seinen Scherz.
Jetzt kam die Vorspeise, und ihre Kreativität wurde unterbrochen. Antipasti, die sie für beide ausgesucht hatten, sehr abwechslungsreich, mit Brot und Butter. Holten bewunderte das auf einer großen Platte angerichtete, vergängliche Kunstwerk und bedauerte, dass es keine Möglichkeit gab, solche Meisterwerke inklusive Duft für die Nachwelt zu konservieren. Doch lag ja die Auszeichnung der hohen Kochkunst gerade darin, dass ihre Werke zeitig nach ihrem Entstehen in den Mägen ihrer Bewunderer verschwunden waren.
Als sie wieder allein waren, fuhr Wing fort:
»Vielleicht war der Vogel auch fast schrottreif und konnte nicht schneller«, vermutete der Fluglotse, »aber eine Überführung müsste dann ja in die andere Richtung gehen.«
Dann genossen sie jedoch andächtig schweigend ihre Vorspeise, denn sie waren inzwischen wirklich hungrig. Holten hatte in Erwartung einer Schwelgerei und mit Rücksicht auf seine Figur seit dem Frühstück nichts mehr gegessen.
Schließlich, nach einem genussvollen Schluck Wein, fragte Holten:
»Welche Höhe hatten sie denn angemeldet, weißt du das noch?«
»Ich glaube, die lag ziemlich tief. Nur die Mindesthöhe, zweitausend Fuß, meine ich.«
»Ich hab’s ja gesagt: Nicht so schnell und nicht so hoch.«
Wing konnte immer noch kein Ende finden: »Vielleicht ist sie ja so langsam geflogen, weil sie dann ja nicht so laut ist.«
»Alles Quatsch, irgendetwas anderes steckt dahinter«, protestierte Holten. Er wurde ernster.
»Wenn ich nur wüsste, was.«
»Vielleicht könnte ich dir ja helfen, wenn du mir sagen würdest, worum es überhaupt geht.«
Holten schob sich die letzte eingelegte Tomate in den Mund und überlegte dabei, ob es gut sei, Wing mit einzuweihen. Er entschied sich dafür; vielleicht hatte Wing als Pilot und Fluglotse ja brauchbare Ideen.
Er trank den letzten Schluck Wein und bedauerte, dass er mit dem Auto unterwegs war und jetzt auf alkoholfreie Getränke umsteigen musste.
Gerade als er beginnen wollte, wurden sie durch zwei Kellner unterbrochen, die sie beobachtet hatten und nun ihr Geschirr und die Bestecke abräumen wollten. Schnell waren sie wieder zurück und begannen, den Hauptgang zu servieren. Wing war Fischliebhaber, er hatte im Nussmantel gegarten Seehecht bestellt, › an ‹ pikanter Senfsauce, mit Wildreis und knackigem Salat. Holten war da einfacher, ein Steak medium mit Sauce aus grünem Pfeffer, Pommes Frites und einem gemischten Salat reichte ihm völlig.
Während sie aßen, erzählte Holten, immer von Pausen
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