Auf und ab - Mord in Hellwege
sollten.
»Danke, Jan«, sagte Holten noch, doch sein Gesprächspartner hatte bereits aufgelegt.
Nachdenklich widmete er sich wieder seinem Frühstück. Der Kaffee war inzwischen nur noch lauwarm.
Holten musste diesmal nicht so lange auf Wings Anruf warten. Entweder waren seine Recherchen einfacher gewesen oder er wollte die Wartezeit auf sein opulentes Mahl verkürzen. Drei Tage später, am frühen Abend gegen sechs Uhr, meldete er sich.
»Hallo, Max, hier ist Jan.«
»Ja, Jan, hast du etwas für mich?«
»Vielleicht schon, aber ich kann es dir hier am Telefon nicht erzählen«, antwortete er listig.
Es dauerte einen Moment, bis Holten begriffen hatte.
»Wo treffen wir uns?«, war seine folgerichtige Frage.
Sie einigten sich auf ein feines und teures Restaurant in Bremen, in dem Holten selten und der Fluglotse erst ein Mal gewesen waren.
»Ich habe um sieben Uhr hier Dienstschluss und muss noch einige Kleinigkeiten einkaufen. Treffen wir uns doch um halb neun dort.«
Man konnte ihm anmerken, dass er sich freute.
Holten bestätigte, dass ihm die Uhrzeit recht war, und legte auf.
Er reservierte telefonisch einen Tisch für zwei Personen und zog sich dann um.
Obwohl er reichlich Zeit gehabt hatte, war er, wie eigentlich immer, zu spät, und sein Gast hatte bereits an ihrem Tisch an einem Fenster Platz genommen, von wo sie einen schönen Blick über den parkartig angelegten Garten hatten. Sie begrüßten sich mit Handschlag und nahmen in den angenehm gepolsterten Sesseln Platz.
Der Gastraum, teuer und gediegen ausgestattet, war nur wenig besetzt, und sie konnten sich der ungeteilten Aufmerksamkeit mehrerer Kellner erfreuen. Deshalb kamen sie zunächst auch nicht dazu, über den eigentlichen Anlass ihres Treffens zu sprechen, denn sie wurden von den Bediens-teten umschwärmt, die verschiedene Karten brachten, nach gewünschten Getränken fragten oder Bestecke und Blumen in die richtige Anordnung brachten. Außerdem waren beide konzentriert damit beschäftigt, das richtige Menü für ihr Mahl zusammenzustellen.
Als jeder schließlich die gewünschte Speisefolge für sich gefunden hatte, wurden die ersten Getränke gebracht, Aschenbecher ausgewechselt und die Bestellungen für das Essen aufgenommen.
Endlich kehrte Ruhe am Tisch ein.
»So, jetzt leg los. Erst das Geld, dann die Ware«, wandte Holten sich an seinen Gast.
»Was meinst du?«
Wing grinste verständnislos, obwohl er natürlich genau wusste, dass Holten ungeduldig auf seine Ausführungen wartete.
»Na, wenn du auf meine Kosten schlemmen willst, musst du schon etwas liefern. Nun rück schon raus mit deinen Neuigkeiten. Was hast du gefunden?«
»Ja, du hattest recht, der von dir gesuchte Vogel ist tatsächlich aufgetaucht. Ich weiß zwar nicht, ob du damit etwas anfangen kannst, aber er war da«, eröffnete sein Gegenüber ihm mit einem Anflug von Stolz in der Stimme.
»Sprich!«
»Also, ich habe in den protokollierten Flugplänen für den besagten Dienstag tatsächlich eine Mitsubishi Solitaire gefunden, und es ist dazu noch etwas Besonderes daran. Sie ist im Verband geflogen, mit einer Cessna 172, und das finde ich so erstaunlich. Die Solitaire ist viel größer, mindestens doppelt so schnell und fast fünfmal so schwer wie die Cessna, aber die war als Verbandsführer eingetragen. Wirklich ein merkwürdiges Gespann. Ich wusste gar nicht, dass dieser dicke Bomber so langsam fliegen kann.«
Holten erinnerte sich an die Zeit, als er noch Flugschüler gewesen war und Theorie pauken musste:
Wenn zwei oder mehrere Maschinen zur gleichen Zeit einen flugplanpflichtigen Flug vom gleichen Startflugplatz zum gleichen Ziel machen wollen, muss der Pilot jedes Flugzeuges einen Flugplan für seinen Trip abgeben. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, nur einen Flugplan abzugeben, und zwar für einen Verband, in den jede teilnehmende Maschine eingetragen wird. Allerdings hat dann nur der Verbandsführer, der an erster Stelle steht, als Primus, Kontakt mit den zuständigen Flugverkehrskontrollstellen und wird auch von diesen angesprochen. Alle Übrigen haben keine Meldepflicht zu beachten, sondern nur Hörbereitschaft aufrechtzuerhalten.
Holten bekam allmählich Appetit und steckte sich eine Zigarette an. Aus Erfahrung wusste er, dass dies die beste Methode war, das Servieren des Essens zu beschleunigen. Seine Frau pflegte zu behaupten, dass es Unsinn sei, aber sie sagte ja auch, es sei Zufall, dass Holten immer als Erster vor einer roten Ampel
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