Auf und davon
ganze Geld nun wieder wegnehmen
würde, fand sie wahrscheinlich nie mehr eine Freundin. Wenn sie wenigstens das
Geld im Baum retten könnte!
„Ich sage ihnen nichts vom Rest“, stieß
sie heftig hervor. „Keinen Penny gebe ich davon her. Da können sie mich
ausquetschen, soviel sie wollen, ich sage nichts.“
Nathan stimmte mit einem mißmutigen
Nicken zu. „Ich verrate auch nichts.“
Auf keinen Fall würde er etwas
verraten. Das Geld war für sein Haus bestimmt
„Was sagen wir am Montag?“ wollte Julia
wissen. Sie war auf der obersten Treppenstufe stehengeblieben.
„Weiß nicht. Vielleicht, daß wir im
Lotto gewonnen haben?“
„Nein, Kinder dürfen doch gar nicht
Lotto spielen. Wenn Mr. Barlowe es bloß nicht meiner Mutter sagen würde.“
„Ja. Aber was sollen wir jetzt am
Montag sagen?“
„Uns wird schon was einfallen. Und am
Montag sagt dann jeder, was ihm eingefallen ist.“
Julia war das ganze Wochenende über
unruhig. Trübsinnig hing sie zu Hause rum, wollte nichts essen und ging ihrer
Mutter auf die Nerven. Sie hatte nicht nur Angst, daß man ihr auch den Rest des
Geldes wegnehmen könnte. Ihr kam langsam der Verdacht, daß Nathan und sie
Schwierigkeiten bekommen könnten, weil sie es für sich behalten hatten. Enorme
Schwierigkeiten sogar.
„Du liebe Güte, was ist bloß los mit
dir?“ fragte Mrs. Winter. „Du machst ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter.“
Sie hatte einen neuen Freund, auf den sie Eindruck machen wollte, und eine
Tochter, die mit einem solchen Gesicht in der Wohnung rumlungerte, paßte heute
absolut nicht in ihr Konzept. „Wie komme ich bloß zu so einer Tochter?“ fragte
Mrs. Winter genervt.
„Ich hab dich nicht gebeten, mich zu
kriegen“, fauchte Julia die Mutter an. „Wenn du mich bloß nie bekommen hättest.
Wenn ich bloß tot wäre!“
„Red nicht so dumm“, sagte Julias
Mutter. „Komm, wir wollen mal sehen, was es im Fernsehen gibt. Vielleicht
bringen sie was, bei dem wir beide ordentlich lachen können.“
Vom Schulhof runter, machte sich Nathan
keine übermäßigen Sorgen mehr. Das Wetter war wieder schön, und so nahm er Die Schatzinsel mit in den Park. Er setzte sich auf
eine Bank, von der aus er seinen Baum im Blick hatte, las und träumte sich
durch den größten Teil des Samstags.
Am Sonntag in der Kirche fielen ihm
plötzlich seine Katzen ein. Am Nachmittag durchstöberte er die ganze Küche nach
Essensresten, die er ihnen verfüttern könnte. Er hatte ein schlechtes Gewissen,
weil er sie so lang vernachlässigt hatte. Diese dumme Kuh von Julia hätte
sicher Angst, den Einbrechern zu begegnen, dachte Nathan, aber er hatte keine
Angst. Er würde zu dem leerstehenden Haus gehen und seine Katzen füttern, egal
was kam. Er kletterte über die Eisenbahnschienen und betrat das Haus durch den
Hintereingang, um zu beweisen, daß er keine Angst hatte.
Das Zimmer, in dem er und Julia das
Geld gefunden hatten, war regelrecht verwüstet. Jemand hatte über eine große
Fläche die Bodenbretter rausgerissen und ein klaffendes Loch hinterlassen.
Jemand hatte verzweifelt gesucht — und war mit leeren Händen wieder gegangen.
Dieser Jemand würde nicht mehr zurückkommen. Er würde dieses Haus nie mehr als
Versteck benutzen.
Glücklich fütterte Nathan seine Katzen.
Bis zum Montag hatte er fast vergessen,
in welchen Schwierigkeiten er steckte.
4.
In der Klemme
„Was ist das?“ fragte Julias Mutter und
hob den braunen Umschlag auf, der auf der Fußmatte hinter der Haustür lag. Sie
war auf dem Weg zur Arbeit, doch die Zeit, um den Brief zu lesen, nahm sie
sich. „Julia!“ rief sie zum ersten Stock hinauf. „Julia, ein Brief von deiner
Schule!“ Ihre Stimme klang schrill. „Ich soll heute morgen hinkommen. Was hast
du angestellt?“
„Nichts.“ Julia erschien oben auf der
Treppe. Sie war bereits zu spät für die Schule, doch das war ihre geringste
Sorge. „Natürlich mußt du etwas ausgefressen haben. Jetzt muß ich mir eine
Stunde freinehmen. Und hoffentlich ist es in einer Stunde erledigt!“
Bei Nathan waren beide Eltern
eingeladen worden, aber da der Vater keine Arbeit hatte, war es einfacher, wenn
nur er ging. Nathans Vater war alles andere als erfreut.
„Was hast du jetzt schon wieder
angestellt?“ fragte er besorgt. Es war nicht das erste Mal, daß Mr. Barlowe
Nathans Eltern zu sich in die Schule gebeten hatte.
„Nichts.“
„Gab’s wieder eine Schlägerei?“
„Nein“, antwortete
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