Auf und davon
geredet haben — es zwischen euch
aufgeteilt haben“, meinte Mr. Barlowe in vernünftigem Tonfall. Nathan sagte
nichts. Mit jedem weiteren Wort würde er in noch mehr Fallen tappen. Wieder
einmal war sein Gesicht zu einer Maske erstarrt.
„Mr. Browne“, sagte Mr. Barlowe zu
Nathans Vater, „würden Sie die Angelegenheit bitte mir überlassen? Ich erwarte
jeden Augenblick die Mutter von Julia Winter. Vielleicht kann sie etwas Licht
in die ganze Sache bringen. Irgendwie werden wir die Wahrheit jedenfalls
herausfinden, das verspreche ich Ihnen. Auf Wiedersehen.“
„Wir sehen uns daheim“, sagte Nathans
Vater zu Nathan. Er fingerte an seinem Gürtel herum, aber das war nicht alles.
In seiner Miene war etwas, das Nathan noch nie gesehen hatte und das er nicht
deuten konnte. Wut, ja, aber noch mehr als Wut. Der Vater schien im Innersten
getroffen zu sein. Dieser Ausdruck auf dem Gesicht des Vaters machte Nathan
schwer zu schaffen.
„Du wartest draußen auf dem Flur,
Nathan“, sagte Mr. Barlowe. „Ich lasse jemand aus deiner Klasse ein paar
Aufgaben bringen.“
Vor dem Büro stand ein Pult für
Schüler, die etwas ausgefressen hatten und aus dem einen oder anderen Grund
erst mal nicht in ihre Klasse zurück durften. Nathan würde keine Gelegenheit
haben, mit Julia zu reden. Nicht einmal in der Pause durfte er auf den
Schulhof.
Mrs. Winter erschien direkt nach der
Pause, und Nathan beobachtete, wie Mr. Barlowe sie begrüßte. Die Bürotür wurde
geschlossen, und wie zu erwarten war, wurde wenige Minuten später einem
vorbeigehenden Kind aufgetragen, Julia aus ihrer Klasse zu holen.
Sie kam, blaß und zittrig und zu
verängstigt, um Nathan an seinem Pult vor dem Büro auch nur anzuschauen.
Julias Mutter hatte aus Anlaß ihres
Besuchs beim Direktor noch einmal eine Lage Make-up aufgetragen, doch die
Wirkung wurde durch den Zorn, der ihr ins Gesicht geschrieben stand, zunichte
gemacht.
„Was hat Mr. Barlowe mir da erzählt?
Los, Julia, ich will es wissen. Von dem Onkel, der dir Geld gegeben hat. Es war
doch nicht Vince, oder?“ Vince war Mrs. Winters neuer Freund. „Er hat dir doch
nicht hinter meinem Rücken Geld gegeben? Um sich gut mit dir zu stellen?“
Das wäre zur Abwechslung mal was ganz
anderes, dachte Julia verbittert. Vince hatte sie bisher so wenig beachtet wie
ein Stuhlbein.
„Er hätte ihr kaum soviel gegeben, Mrs.
Winter“, beschwichtigte Mr. Barlowe Julias Mutter. „Wir haben zwölf Pfund bei
ihr gefunden, und sie hatte die ganze Woche über schon großzügig Geschenke
ausgeteilt.“
„Woher hast du es, Julia? Mein Gott, du
machst mir nichts als Sorgen. Kannst du denn gar nichts recht machen? Sie macht
mir wirklich Sorgen, Mr. Barlowe. Zu Hause krümmt sie keinen Finger, um mir mal
zu helfen. Ständig macht sie nur irgendwas kaputt. Und jetzt stiehlt sie auch
noch.“
„Nein, nein“, sagte Mr. Barlowe hastig,
„niemand hat gesagt, daß Julia stiehlt. Wir müssen nur herausfinden, woher das
Geld stammt. So, Julia — das Geld hat dir doch niemand gegeben, oder? Jetzt sag
die Wahrheit.“
„Nein.“ Julias Stimme war leise und
zittrig. Ihre Kehle war wie zugeschnürt.
„Woher kommt es dann?“
„Ich hab’s gefunden.“
„Warst du allein, als du es gefunden
hast?“
„Zusammen mit Nathan Browne. Wir haben
zwei Zwanzigpfundscheine gefunden.“
„Waren sie in irgend etwas drin?“
„Nein — sie lagen einfach auf dem
Gehsteig. Sie wurden herumgeblasen.“
„Und da hat jeder von euch einen Schein
behalten?“
„Ja.“
„Warum hast du uns das nicht gleich
gesagt?“
Keine Antwort.
„Antworte, wenn man dich etwas fragt“,
sagte Julias Mutter schroff. „Sag dem Direktor, warum.“
Ich hab’s einfach nicht getan.“
„Aber du weißt, daß du das Geld zur
Polizei hättest bringen müssen. Nicht wahr, Julia? Oder einem Lehrer geben.“
„Selbstverständlich müssen wir es jetzt
zur Polizei bringen. Zumindest das, was noch davon übrig ist. Es sei denn, wir
finden heraus, wem es gehört. Und du wirst erklären müssen, warum ein Teil
davon fehlt.“ Mr. Barlowe machte eine Pause. „Da ist noch etwas, Julia, was ich
dir sagen muß, und ich sage es ganz bewußt im Beisein deiner Mutter. Du und
Nathan, ihr habt mir eine ganze Reihe unterschiedlicher Geschichten
aufgetischt, und auch bei der letzten stimmen einige Einzelheiten nicht
überein. Ich kann mich täuschen, aber ich habe das Gefühl, als sei die ganze Wahrheit
noch nicht ans Licht gekommen. Wir müssen
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