Auf verlorenem Posten
hatte.
Eine neue Nachricht flackerte über sein Display. Die verworrenen Zeichengruppen bildeten wie durch Magie Klartext, und er hielt inne. Überrascht hoben sich seine Augenbrauen, dann begann er zu lächeln, als er weiterlas. Er blieb noch einen Moment sitzen und trommelte nachdenklich auf die Kante seiner Konsole, dann nickte er. Diese Nachricht würde als letzte in den Trichter gehen, beschloß er. Es war nur eine routinemäßige ›Information‹, doch Webster besaß eine feine Nase für die Grabenkämpfe zwischen den ersten Familien in der Navy. Er glaubte, mit dieser Nachricht der Kommandantin den Tag retten zu können – wenn nicht sogar die Woche –, und es wäre eine nette Überraschung, mit ihr den Signalverkehr abzuschließen.
Er gab eine Vorrangnummer ins Terminal und wandte sich grinsend der nächsten Nachricht zu.
In der Stille ihrer Kabine arbeitete Honor an ihrem eigenen Terminal. Sie hatte einfach zu viel Zeit in dem Besprechungsraum der Brücke verbracht. Das Wissen, daß die Kommandantin gleich auf der anderen Seite dieser Luke war, daß sie drohend über ihnen schwebte, konnte einen hemmenden Effekt auf Subalternoffiziere haben, und nachdem McKeon umgänglich geworden war, brauchte sie nicht mehr zu schweben. In den vergangenen anderthalb Wochen hatten sie und der Erste gute Fortschritte gemacht. Nicht genug, um den Zeitverlust beim Aufbau ihres Arbeitsverhältnisses wettzumachen, aber genug, um die Routineangelegenheiten der Schiffsführung komplett in seine Hände zu legen. Also hatte sie ihre Arbeit ›mit nach Hause‹ genommen, um sich ihr dort zu widmen.
Sie beendete Dominica Santos’ wöchentlichen Wartungsbericht, segnete die Vorschläge zur Behebung diverser geringfügiger Schwierigkeiten ab, die die Ingenieurin und McKeon gemacht hatten, und rieb sich die Augen.
Die Luke zum Speiseraum glitt auf, und MacGuiness kam mit einer Tasse frischen Kakao herein, als hätte sie ihn bestellt.
»Danke, James.« Lächelnd nippte sie an der Tasse, und der Steward erwiderte das Lächeln.
»Gern geschehen, Ma’am«, antwortete er und verschwand so leise, wie er gekommen war. Sie nippte erneut, dann setzte sie die Tasse ab und machte sich bereit, wieder in die Details der Berichte abzutauchen, da erklang der Türsummer. Sie drückte auf die Taste des Intercoms.
»Ja?«
»Der Signaloffizier, Ma’am«, verkündete der Marineinfanterieposten vor ihrer Tür, und sie verzog das Gesicht. Nicht, weil es Webster war, sondern weil es bedeutete, daß er ihr die täglichen Routinemeldungen brachte.
»Kommen Sie herein, Samuel«, sagte sie und öffnete die Luke.
Webster betrat das Arbeitszimmer, ein Nachrichtenpad unter den Arm geklemmt. Er nahm kurz Haltung an, dann reichte er es Honor.
»Der …«
»… tägliche Nachrichtenverkehr«, beendete sie trocken den Satz, und Webster grinste.
»Jawohl, Ma’am. Keine Nachricht mit besonderem Vorrang.«
»Na, das hat ja auch ein Gutes.« Sie ergriff das Pad und bestätigte den Empfang, indem sie den Daumen auf den Sicherheitsscanner drückte. Dabei fragte sie sich nicht zum erstenmal, warum die Navy die Zeit ihrer Offiziere mit dem Ausliefern von Routinepost von Hand in Anspruch nahm. Webster hätte das Ganze auch mit einem Tastendruck auf der Brücke direkt an ihr Terminal schicken können, doch das war nicht die Art, wie die Navy Dinge tat. Vielleicht, dachte sie, sollte die Übermittlung von Hand gewährleisten, daß die Kommandanten das Zeug auch wirklich lasen.
»Jawohl, Ma’am.« Webster nahm wieder Haltung an, lächelte ihr noch einmal zu und verschwand durch die Luke.
Honor saß einen Moment still da, sah zwischen ihrem Terminal und dem Nachrichtenpad hin und her und überlegte, welchen langweiligen Papierkram sie als erstes abfertigen sollte. Der Nachrichtenverkehr gewann – wenigstens kam er von irgendwo außerhalb der Fearless –, und so zog sie das Pad zu sich heran und schaltete es ein. Die erste Nachricht erschien auf dem eingebauten Display, und sie überflog sie untätig, dann rief sie die nächste auf. Und die übernächste.
Es war schon bemerkenswert, welche Juwelen der Information die Lords der Admiralität in ihrer unendlichen Weisheit der Aufmerksamkeit ihrer Kommandanten für würdig erachteten. Sie konnte zum Beispiel wirklich nicht sehen, warum die Stellvertretende Befehlshaberin des Basilisk-Stützpunktes unbedingt wissen mußte, daß BuShips verfügt hatte, alle Dreadnoughts der RMN mögen fürderhin zwei ihrer
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