Auf verlorenem Posten
Luftschleuse der Pinasse ins Schiff führte. Tremaine unterdrückte ein Aufstöhnen. Er hatte gehofft, daß sie das wenigstens bis zur nächsten Wache liegenlassen konnten, und ein Blick auf Harkness’ Gesicht verriet ihm, daß dieser das gleiche gehofft hatte. Der Ensign wollte schon einen Einwand erheben, doch dann biß er sich auf die Lippe. Niemand konnte Jenkins’ Gesichtsausdruck ein Grinsen nennen, doch es war nahe daran. Vielleicht hat P.O. Harkness doch recht, was Marines angeht , überlegte Tremaine – nicht daß er beabsichtigte, Jenkins die Befriedigung zu geben, etwas in dem Sinn zu sagen. Statt dessen …
»Natürlich, Gunny«, sagte er sogar noch fröhliches. »Wenn Sie bitte vorgehen würden, P.O.?«
»Ist mir ein Vergnügen, Mr. Tremaine«, sagte Harkness säuerlich, und Jenkins winkte seinem Arbeitskommando zu folgen, während sie sich durch den Beiboothangar auf die gestapelten Paletten zubewegten.
»… damit sind die Pinassen gefechtsklar und bereit zum Absetzen.«
McKeon beendete seinen Bericht und schaltete das Memopad ab.
Honor nickte. Nach der Schiffsuhr der Fearless war es spät. Die Überreste eines Abendessens standen zwischen ihnen auf einem schneeweißen Tischtuch. Am anderen Ende der Tafel beschäftigte Nimitz sich noch mit seinem eigenen Teller. Honor schlug die Beine übereinander und beobachtete, wie die nadelspitzen Zähne mit chirurgischer Präzision das Fleisch von der Keule eines sphinxianischen Baumhoppers entfernten. Sie spielte mit ihrer Gabel. Es war bemerkenswert, fand sie, wie gut Nimitz’ Tischsitten waren, solange kein Sellerie ins Spiel kam.
»Ich glaube, bereiter als jetzt können wir nicht mehr werden«, sagte sie schließlich.
»Ich wünschte nur, wir wüßten, wofür wir uns bereit gemacht haben«, stimmte McKeon ein wenig säuerlich zu. Sie lächelte ihn dünn an.
»Fast zwo Wochen ohne Alarm und Zwischenfälle seit Hauptmanns Besuch«, stellte sie heraus.
»Das gibt mir nur den Eindruck, etwas besonders Fieses schleicht sich von hinten an uns an«, seufzte McKeon, dann brachte er ein ironisches Lächeln hervor und erhob sich. »Nun, ich denke, was auch immer geschehen will, wird geschehen, Ma’am. Gute Nacht.«
»Gute Nacht, Mr. McKeon.« Er nickte ihr zum Abschied knapp zu, und sie beobachtete, wie er ging.
Welch eine Veränderung , dachte sie mit unleugbarer Zufriedenheit. Welche Veränderung .
Sie erhob sich und griff nach der völlig geplünderten Salatschüssel. Nimitz’ Kopf fuhr beinahe sofort auf, die grünen Augen blitzten, und Honor lächelte.
»Hier, Gierschlund«, sagte sie zu ihm. Sie gab ihm den Selleriestengel und zog sich in ihre private Duschkabine zurück. Auf der Haut konnte sie bereits das Gefühl einer luxuriös langen, heißen Dusche spüren.
Das rohe Geräusch des Summers weckte sie. Honors Augen klappten auf, als der Summer zum zweiten Mal ertönte. Von Natur aus besaß sie einen festen Schlaf, doch schon die erste Zeit als Kommandantin eines Schiffes Ihrer Majestät hatte das geändert. Nimitz stieß schläfrige Beschwerdelaute aus, als sie sich rasch aufsetzte. Halb glitt sie, halb rollte die ‘Katz vom bevorzugten Schlafplatz auf Honors Brust in ihren Schoß. Sie schob Nimitz mit einer Hand vorsichtig zur Seite, während sie sich herumrollte und mit der anderen Hand das Com einschaltete.
Bei dieser Bestätigung verstummte der Summer. Honor fuhr rasch mit den Fingern durch das kurzgeschnittene Haar. Noch ein Vorteil davon, es wie ein Mann zu tragen. Es hatte sowieso keinen Sinn zu tun, als sei sie eine Schönheit. Wenigstens brauchte sie keine Zeit damit zu verschwenden, sich hübsch zu machen, wenn jemand sie mitten in der Nacht aufweckte. Sie ergriff den Kimono, den ihre Mutter ihr zum letzten Geburtstag geschenkt hatte, und schlüpfte hinein. Dann drückte sie die Comtaste zum zweiten Mal und nahm den Anruf mit Vollbild entgegen.
In der dunklen Kabine erschien der Bildschirm schmerzhaft hell. Es war ein Konferenzruf mit geteiltem Bildschirm. Auf der einen Hälfte des Schirms war Dame Estelle. Wie Honor trug auch Matsuko einen Bademantel über dem Schlafanzug. Der Bordtag der Fearless war an den des Regierungsgeländes angeglichen worden. Auf der anderen Hälfte des Bildschirms war Barney Isvarian in Uniform zu sehen. Hinter ihm stand Surgeon Lieutenant Montaya, der Assistenzarzt der Fearless . Honor erkannte die keimfreie Sauberkeit eines der Eingeborenenhospitäler der NPA im Hintergrund.
»Tut mir leid,
Weitere Kostenlose Bücher