Auf verlorenem Posten
sich an ihrer Stelle vielleicht besser geschlagen hätte. Jedenfalls nicht noch schlechter , dachte er und spürte, wie ihm das Schuldgefühl die Röte in die Wangen trieb.
Verdammt noch mal, was war denn nur mit ihm los? Er war Berufsoffizier der Navy und kein neidischer Schuljunge! Es war seine Aufgabe, der Kommandantin den Rücken zu stärken und ihre Ideen in die Tat umzusetzen, und nicht, beißende Befriedigung zu verspüren, wenn die Ideen nicht funktionierten. Sein Unvermögen, sich über die persönliche Abneigung hinwegzusetzen, beschämte ihn. Was natürlich alles nur noch schlimmer machte.
Santos beendete ihren Bericht und Harrington wandte sich mit gleicher Höflichkeit Lieutenant Venizelos zu. Auch das wäre eigentlich eine von McKeons Aufgaben gewesen. Er war derjenige, der das Treffen in Gang hätte halten, die Punkte hätte herausstellen sollen, auf welche die Aufmerksamkeit der Kommandantin gelenkt werden sollten. Er hätte ihre Autorität stärken sollen. Statt dessen drückte er sich auch vor dieser Pflicht und wußte dabei, daß er sich damit letzten Endes selbst in die Ecke drängte. Wenn sich die Gewohnheiten erst einmal eingeschliffen hatten, würde es ihm unmöglich sein, Befugnisse wieder in Anspruch zu nehmen, die er längere Zeit hatte ruhen lassen. Falls Harrington – mit Recht – zu der Auffassung gelangte, ihm nicht vertrauen zu können, dann würde sie ihm auch keine Chance mehr geben, unter Beweis zu stellen, daß sie eben das sehr wohl konnte.
Alistair McKeon wußte, wohin all das führen mußte. Einer von ihnen beiden würde gehen müssen, und das wäre nicht die Kommandantin. Und so war es richtig, erinnerte er sich mit der ihm innewohnenden, bissigen Ehrlichkeit.
Er ließ den Blick erneut durch den Besprechungsraum schweifen und verspürte etwas, das Panik nahekam. All dies konnte er verlieren! Er hatte gewußt, daß er nicht für das Kommando über die Fearless in Frage kam, doch seine eigenen Handlungen – und Unterlassungen – konnten ihn auch noch das wenige kosten, was er hatte. McKeon wußte das, und doch war es nicht damit getan: Zum ersten Mal in seiner Laufbahn genügte es nicht, seine Pflicht zu kennen, um sie zu erfüllen. So sehr er sich auch bemühte, er konnte den nagenden Groll und die resultierende Abneigung gegen Harrington nicht überwinden.
Er verspürte den plötzlichen, furchtbaren Wunsch, der Kommandantin seine Gefühle und seine Fehler zu gestehen – sie anzusehen, einen Weg zu finden, wie sie beide damit umgehen konnten. Auf irgendeine Weise ahnte er, daß sie ihm mit einem Blick aus dunkelbraunen Augen zuhören würde, ohne ihn zu verurteilen, und daß der ruhige Sopran ohne Verachtung antworten würde.
Diese Ahnung machte es natürlich unmöglich für ihn, seinem Wunsch nachzugeben. Es hätte die endgültige Kapitulation bedeutet und das Eingeständnis, daß Harrington das Kommando verdiente, von dem er von Anfang an gewußt hatte, daß es ihm nicht gehören konnte.
Alistair McKeon biß die Zähne aufeinander und strich schweigend über den Deckel seines Memopads.
Die Türglocke klingelte. Honor drückte auf den Knopf des Comgeräts.
»Der Signaloffizier, Ma’am«, verkündete der traditionell vor ihrer Kabine Posten stehende Marineinfanterist. Honor spürte, wie sie unwillkürlich eine Augenbraue hob.
»Herein«, sagte sie. Zischend fuhr der Durchgang auf, um Lieutenant Samuel Houston Webster einzulassen.
Harrington wies auf den Stuhl, der vor ihrem Schreibtisch stand. Nimitz setzte sich auf die Hinterbeine und gab ein begrüßendes ›Bliek‹ von sich, als der schlaksige Lieutenant das Arbeitszimmer durchschnitt, um sich zu setzen. Wie immer war die ‘Katz ein deutliches Barometer für Honors Gemütszustand. Honor verabscheute Kommandanten, die unter ihren Offizieren Favoriten auswählten, doch wenn sie aus jenem Holz geschnitzt gewesen wäre, dann wäre ihre Wahl auf Webster gefallen.
Von allen Offizieren der Fearless war er der fröhlichste und schien sich gleichzeitig am wenigsten vor seiner Kommandantin zu hüten. Oder , vermutete sie trocken, vielleicht ist es nur so, daß er sich Hemphills Unzufriedenheit viel weniger zu Herzen nehmen muß als ich. Webster war ein junger, übermäßig hoch gewachsener Rotschopf, der etwas zu wenig Fleisch auf den Knochen zu haben schien. In seinem Job war er sehr gut – und er war ein Vetter dritten Grades des Herzogs von New Texas. Honor fühlte sich in Gegenwart von Untergebenen aus
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