Auf verlorenem Posten
derart erlesenen aristokratischen Kreisen oft unbehaglich, doch bei Webster war dies nicht der Fall. Sie schenkte ihm ein dünnes Lächeln, als er sich setzte.
Zu ihrem Erstaunen erwiderte er es nicht. Tatsächlich stand auf seinem wenig attraktiven Gesicht (das vom schroffen Webster-Kinn dominiert wurde) ein Ausdruck ausgesprochener Bekümmertheit, als er ihr das elektronische Klemmbrett mit der Nachricht auf die Schreibunterlage legte.
»Wir haben soeben eine Depesche von der Admiralität empfangen, Ma’am«, meldete er. »Neue Stationierung, Ma’am.«
Etwas an der Art, wie er es sagte – und der Umstand, daß er ihr die Depesche persönlich brachte, anstatt sie durch einen Läufer oder das Intercom zu übermitteln –, erfüllte Honor mit dunklen Vorahnungen. Mühsam setzte sie einen Ausdruck milden Interesses auf und nahm das Klemmbrett hoch. Nachdem sie den knappen, kurzen Marschbefehl auf dem Display gelesen hatte, biß sie sich bestürzt auf die Lippe.
Der Basilisk-Vorposten. Bei Gott, ihr war klar gewesen, daß Hemphill von ihr enttäuscht war, doch die Admiralin mußte wesentlich zorniger sein, als Honor geglaubt hatte!
»Ich verstehe«, sagte sie ruhig. Sie legte das Nachrichtenpad auf den Tisch und wippte auf ihrem Stuhl. Nimitz sprang leichtfüßig von seinem Ruheplatz auf ihre Schulter und schlang den Schwanz um ihren Hals. Sie griff nach oben und streichelte dem Baumkater den Kopf.
Webster sagte nichts. Natürlich gab es auch nur wenig, was er hätte sagen können.
»Nun …« Honor holte tief Luft. »… wissen wir wenigstens, woran wir sind.« Sie drückte den Daumen auf den Scanner des Nachrichtenpads und akzeptierte dadurch formell die neuen Befehle, dann reichte sie es Webster zurück.
»Leiten Sie den Befehl an Commander McKeon weiter. Und richten Sie ihm aus, er möchte sich mit Lieutenant Stromboli und Lieutenant Brigham zusammensetzen und die Raumkarten des Basilisk-Systems auf den neuesten Stand bringen.«
»Jawohl, Ma’am«, antwortete der Signaloffizier leise. Er stand auf, nahm Haltung an und wandte sich um. Als sich der Durchgang hinter ihm geschlossen hatte, kniff Honor beschämt die Augen zusammen.
Der Vorposten im Basilisk-System war keine neue Stationierung – er war das Exil. Vergessenheit.
Honor erhob sich und ging in der Kabine auf und ab. Dabei wiegte sie Nimitz in den Armen. Sie spürte, wie er an ihrer Brust schnurrte, doch diesmal konnten selbst seine Anstrengungen sie nicht aus der Depression reißen. Offiziere, die sich vor ihr fürchteten, ein Eins-O, der weniger zugänglich war als ein Eisberg auf Sphinx, eine Besatzung, die sie für das Versagen des Schiffes verantwortlich machte, und nun das.
Honor biß sich auf die Lippe, bis ihr die Tränen in die Augen schossen. Sie erinnerte sich daran, wie stolz und glücklich sie am Tag der Kommandoübemahme gewesen war. Nun war jenes Gefühl der freudigen Erwartung selbst in ihrer Erinnerung irreal und unzugänglich geworden. Ihr war zum Heulen zumute.
Sie blieb stehen und richtete sich stocksteif auf. Dann holte sie tief Luft, drückte Nimitz noch einmal und setzte ihn wieder auf ihre Schulter. Also gut. Sie wollten die Fearless und ihre Kommandantin unter den Teppich kehren, wollten sie aus den Augen haben, weil sie für Admiral Hemphill eine große Peinlichkeit darstellten. Nichts würde daran etwas ändern. Das einzige, was Honor tun konnte, war, die bittere Pille zu schlucken und die zugewiesenen Pflichten so gut auszufahren, wie sie vermochte. Und schließlich bedeutete die Tatsache, daß der Basilisk-Vorposten zum Fegefeuer der Navy verkommen war, nicht, daß er unwichtig war.
Sie setzte sich wieder an den Schreibtisch und versuchte nicht darüber nachzudenken, wie ihre Crew auf die neuen Befehle reagieren würde. Honor rief aus der Datenbank ab, was darin über Basilisk gespeichert war. Nicht, weil sie die Informationen so dringend benötigt hätte, als vielmehr wegen der schwachen Hoffnung, das erneute Lesen der Einträge würde die Pille weniger bitter machen.
Es war ja nicht so, daß eine Abkommandierung nach Basilisk eine Schande bedeuten mußte . Das System besaß für das Königreich eine große und ständig weiter wachsende wirtschaftliche Bedeutung, von seinem strategischen Wert ganz zu schweigen. Es war außerdem die einzige Besitzung des Königreiches außerhalb des Manticore-Systems, und das allein hätte eine Abkommandierung nach Basilisk eigentlich zu einer prestigeträchtigen Verwendung
Weitere Kostenlose Bücher