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Auf verlorenem Posten

Auf verlorenem Posten

Titel: Auf verlorenem Posten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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und dabei hatte er die Anmaßung verlacht.
    Er öffnete die Augen wieder, starrte sein Spiegelbild auf dem Comschirm an und erinnerte sich an die stille Morgendämmerung und das Gewicht seiner Pistole. Erinnerte sich die verstreichenden Sekunden und die unbewegte Miene des Kampfrichters, erinnerte sich, wie er über dreißig Meter kurzgeschnittenen Rasen in das bleiche Gesicht des Gegners schaute. Es war … Bullard?
    Nein. Beim ersten Mal war es Scott gewesen. Ihm schauderte, als seine Hand noch einmal den Rückstoß spürte und er sah, wie auf Scotts weißem Hemd eine rote Blume erblühte und der Mann zusammensackte.
    Er riß sich zusammen. Es war eine reine Geschäftsangelegenheit gewesen, nichts weiter, ermahnte er sich und wußte dabei doch, daß er log. Ein Geschäft war es schon gewesen, und mit dem Geld, das sein geheimer Auftraggeber ihm zahlte, konnte er seine Schulden begleichen … eine Zeitlang. Bis zum nächstenmal. Doch der Nervenkitzel, das Wissen, daß seine Kugel das aristokratische Herz seines Ziels zerfetzt hatte, als Scott zusammenbrach – das war die eigentliche Belohnung gewesen. Und der Grund, warum es so einfach war, den nächsten Auftrag anzunehmen. Und so fort.
    Trotzdem hatten am Ende die Leute gewonnen, die er aus tiefster Seele haßte. ›Professioneller Duellant‹ nannten sie ihn, obwohl sie die ganze Zeit über ›bezahlter Mörder‹ meinten. Und selbst damit hatten sie recht gehabt. Das gab er hier zu, hier in dem stillen, leeren Raum. Er hatte zu viele getötet, auch in den Fällen, wo seine Auftraggeber sich mit einer Verwundung zufriedengegeben hätten. Der Geschmack des Blutes, des Tötens war zu süß und die Aura der Furcht zu berauschend geworden. Schließlich hatte das Corps genug gehabt.
    Er habe einen ›Offizierskameraden‹ getötet, hieß es – als spielte es eine Rolle, welche Uniform der Getötete trug! Er war nicht der erste Offizier, der so etwas getan hatte, doch in seiner Vergangenheit gab es zu viele Leichen und zu viele Familien, die ihm zu viel schuldeten. Man konnte ihn nicht des Mordes anklagen, denn Duelle waren legal. Er hatte sich dem Feuer seiner Gegner gestellt, und niemand konnte beweisen, daß er je Geld dafür genommen hatte. Aber jeder hatte es gewußt, und man brachte seine komplette Vorgeschichte aufs Tapet: seine Spielleidenschaft, seine Frauen, die ehebrecherischen Affären, die er benutzt hatte, um seine Ziele aufs Feld zu locken, die Arroganz, der er gestattet hatte, sich in die Beziehung zu seinen Vorgesetzten einzuschleichen, als sein schlechter Ruf größer geworden war. All das zusammen hatte ausgereicht, ihn ›des Tragens der Uniform Ihrer Majestät der Königin für unwürdig‹ zu befinden, und zu jenem hellen, heißen Morgen und dem langsamen, erniedrigenden Schlag der Trommeln geführt.
    Und hierher geführt hatte es auch. Hierher, wo die Bezahlung gut war, doch auch hier war das Geld nur ein Teil des Ganzen. Nur Mittel zum Zweck, verächtlich über den selbsterklärten Edelmut ihrer Absichten zu lachen und sich wieder und immer wieder an ihnen zu rächen, auch wenn sie es niemals wissen würden.
    Seine Nasenflügel bebten, und er fuhr vom Stuhl auf.
    Also gut. Er war gewarnt worden, die Operation sei in Gefahr, und Sicherheit war seine Aufgabe. Also gut. Es gab zu viele Aufzeichnungen, zu viel Beweismaterial in dieser Anlage, und wie sein Arbeitgeber so schön gesagt hatte, das Labor war nur Material.
    Es gibt verschiedene Wege zu evakuieren , dachte er mit schmalem, hungrigen Grinsen. Wenn er schon die Ausrüstung zurücklassen mußte, dann wenigstens auf eine Weise, die ihm persönliche Befriedigung verschaffen würde.
    Er öffnete die Comraumtür und trat eilig auf den Gang hinaus. Er hatte sich um einiges zu kümmem.
     

15.
    Der gutgekleidete Herr wirkte irgendwie fehl am Platze, und zwar sowohl auf dem bequem gepolsterten Stuhl des luxuriösen Büros als auch in der teuren Zivilkleidung. Sein Gesicht war dunkel und hager; es war die Sorte Gesicht, die darauf trainiert ist, nur das preiszugeben, was ihr Besitzer preisgeben will, und die Augen darin glänzten hart, als der Mann das gekühlte Glas annahm und daran nippte. Eiswürfel klapperten eine stumpfe Melodie, als er das Glas abstellte. Sein Gastgeber ließ sich auf den Stuhl gegenüber sinken und versuchte, nicht neugierig zu erscheinen.
    »Leider mußte ich von Ihren … unerwarteten Problemen hören, Canning.« Die Stimme des Besuchers war tief und wohlmoduliert,

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