Auf zehn verschlungenen Wegen einen Lord erlegen
sie zukam, seine Stimme über den Wind erhoben. „Ich habe überall nach dir gesucht.“
„Ich war spazieren.“
„Ein recht langer Spaziergang für eine Braut am Tag ihrer Hochzeit“, befand er. „Du wolltest dich doch nicht etwa heimlich davonmachen?“
Sie lächelte nicht über seinen kleinen Scherz. „Nein, Mylord.“
Schweigend betrachtete er sie. „Du bist unglücklich.“
Sie schüttelte den Kopf und spürte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen. „Nein, Mylord.“
„Ich habe schon von Bräuten gehört, die bei ihrer Hochzeit weinen, doch hatte ich immer geglaubt, es seien Freudentränen.“ Er hielt inne und musterte sie aufmerksam, ehe er sie an sich zog und sie in seine Arme schloss. „Und wenn du mich noch einmal Mylord nennst, werde ich deinen Zaun nicht reparieren – der ein ziemlich großes Loch hat, falls es dir nicht aufgefallen sein sollte.“
„Es ist mir aufgefallen“, murmelte sie an seiner Brust.
„Isabel, es tut mir leid. Was ich gesagt habe. Wie ich es gesagt habe.“ Sie spürte seinen Atem warm in ihrem Haar, so lockend und verheißungsvoll. „Verzeih mir.“
Oh, wie gern sie das würde.
Sie erwiderte nichts, schlang einfach nur ihre Arme um ihn. Mehr konnte sie ihm im Moment nicht geben. So hielt sie ihn eine Weile, genoss es, seine starken Arme um sich, seine Brust warm an ihrer Wange zu spüren. Einen Augenblick stellte sie sich vor, dass alles ganz anders wäre. Dass sie aus einem ganz anderen Grund geheiratet hätten.
Aus Liebe.
Bei dem Gedanken zog sie sich von ihm zurück, und er sah, wie sie ihre Röcke glatt strich, während ihr Blick unstet hin und her flog, nur nicht zu ihm. „Isabel.“ Als sie ihren Namen von seinen Lippen hörte, so weich und sinnlich, sah sie auf und begegnete seinem Blick. Sah die Gefühle in seinen Augen. „Es tut mir leid, dass es nicht die Hochzeit war, die du dir erträumt hast. Ich wünschte, es wäre anders möglich gewesen, mit Kirche … und Kleid … und deinen Mädchen.“
Stumm schüttelte sie den Kopf. Ihre Gefühle überwältigten sie so sehr, dass sie kein Wort herausbrachte.
Er nahm ihre Hand. „Wie haben vorhin bei der Trauung einen wichtigen Teil übersprungen. Der Pfarrer dachte vermutlich, dass ich nicht darauf vorbereitet sei, weshalb er es gleich ganz weggelassen hat – was natürlich sehr taktvoll von ihm war.“
Verwirrt runzelte sie die Stirn. „Was meinst du?“
Er öffnete seine Hand und hielt ihr einen schlichten Goldring hin. „Nicht das, was deiner würdig wäre, aber ich habe gestern Nacht in York den erstbesten Goldschmied aus dem Schlaf gerissen, und die Auswahl war eher bescheiden. Sobald ich Gelegenheit habe, kaufe ich dir einen richtigen Ring. Etwas Prachtvolles. Mit Rubinen, weil du mir in Rot so gut gefällst.“
Er sprach so rasch, als fürchte er, sie könne ihn wieder von sich weisen, wenn er sie nur zu Wort kommen ließe. Doch das hatte sie nicht vor. Sie dachte gar nicht daran, ihn zu unterbrechen. Er nahm ihre Hand und steckte ihr den Ring an. Mit einem verlegenen Lächeln meinte er: „Die genauen Worte weiß ich nicht, aber …“
Sie schüttelte den Kopf. „Ich auch nicht.“
„Gut.“ Er holte tief Luft. „Ich bin nicht vollkommen und weiß, dass ich einen langen Weg vor mir habe, dein Vertrauen zurückzugewinnen. Aber du sollst wissen, wie glücklich es mich macht, dich zur Frau zu haben. Und ich werde mein Bestes geben, dir ein guter Ehemann zu sein. Dieser Ring soll dir steter Beweis meiner Worte sein.“
Nick legte seine Hände an ihre Wangen, wischte die Tränen fort. „Weine nicht, mein Liebling.“ Er hauchte zärtliche, liebevolle Küsse auf ihre Lippen. Fast hätte sie vergessen können, dass sie ihn aus den völlig falschen Gründen geheiratet hatte.
Er sah auf, suchte ihren Blick und sagte: „Könnten wir jetzt – für den Rest des Tages – alles andere vergessen? Einfach nur den Tag unserer Hochzeit genießen?“
Ein Tag Schonfrist, ehe sie sich all den falschen Gründen stellen mussten.
Um vielleicht doch noch einen guten zu finden.
Und, bei Gott, nichts wünschte sie sich sehnlicher.
„Eine ausgezeichnete Idee“, fand Isabel und nickte.
Er grinste, reichte ihr seinen Arm und meinte: „Der Tag gehört Ihnen, Lady Nicholas. Was wollen Sie damit anfangen?“
Lady Nicholas .
Wie seltsam, plötzlich diese neue, andere Person zu sein. Isabel spielte den Namen ein paar Mal im Geiste durch, fand ihre früheren Bedenken indes nur verstärkt. Wer
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