Auf zehn verschlungenen Wegen einen Lord erlegen
Oberhand gewann.
„Zu diesem Spiel gehören zwei, Mylord. Für jede indiskrete Frage, die Sie mir stellen, werde ich mir ebenfalls eine einfallen lassen.“
„Schön. Aber was wollen Sie mich denn fragen?“
Er wollte sie auf die Probe stellen .
„Wo haben Sie …“, begann sie und verstummte.
Schweigend wartete er, dass sie ihre Frage beendete. Sie blickte auf das Glas in ihren Händen. Sie konnte die Frage nicht stellen.
„Wo habe ich …?“
Isabel hielt den Blick gesenkt und schüttelte den Kopf. Am Rand des Glases hing ein Tropfen und, kaum wissend, was sie tat, fing Isabel ihn mit dem Finger auf und sah die Flüssigkeit in ihre Haut verschwinden. Wenn sie das nur auch könnte – einfach verschwinden, aus diesem Zimmer flüchten, vor diesem Gespräch, das all ihre Erfahrungen überstieg.
Seine Stimme klang tief und samten. „Sie enttäuschen mich. Ich hatte gehofft, in Ihnen eine ebenbürtige Gegnerin zu finden. Doch wie es aussieht, machen Sie mir leichtes Spiel.“
Bei seinen leise neckenden Worten sah sie auf. Das Grübchen zeigte sich in seiner Wange, und sie fand es an der Zeit, ihm den Spaß zu verderben.
„Woher haben Sie Ihre Narbe?“
Kaum hatte sie es gesagt, hätte sie die Frage am liebsten zurückgenommen. Was hatte sie sich nur dabei gedacht?
Doch er grinste nur und trank einen Schluck. „Braves Mädchen. Wusste ich es doch, dass Sie sich trauen würden. Diese Frage hat mir noch keine Frau gestellt.“
Sofort versuchte sie es herunterzuspielen. „Wahrscheinlich ist die Narbe den anderen Frauen noch nicht aufgefallen …“, begann sie.
Er hob eine Braue, sodass sie verstummte. „Enttäuschen Sie mich nicht gleich wieder, Isabel. Ich habe sie mir in der Türkei zugezogen.“
Abwehrend schüttelte sie den Kopf. „Ich … ich wollte nicht …“
„Natürlich wollten Sie.“ Er hob sein Glas, als wolle er darauf anstoßen. „Nachdem das geklärt wäre: Wie viel brauchen Sie?“
Isabels Gedanken rasten. Sie hätte noch sie viele Fragen …
Es war, als hätte er eine Tür aufgestoßen.
„Ich weiß es nicht genau. Auf jeden Fall mehr als das Anwesen einbringt. Wann?“
Er tat gar nicht erst so, als wisse er nicht, was sie meinte. „Vor neun Jahren. Soll das heißen, dass das Anwesen sich nicht selbst trägt?“
Isabel trank noch einen Schluck und lehnte sich so weit zurück, als wolle sie in ihrem Sessel verschwinden. „Wir können uns über Wasser halten, aber für Rücklagen reicht es nicht. Es bleibt nichts übrig, um James zur Schule zu schicken oder neue Kleider …“
„Sie möchten neue Kleider?“
Sie schüttelte den Kopf. „Nein. Ich meinte neue Kleider für James und für …“ Für die Mädchen . Sie erwiderte seinen Blick. „Hat es wehgetan?“
„Ich habe schon Schlimmeres erlebt.“
„Schlimmer als eine klaffende Wunde im Gesicht?“
Bedächtig schüttelte er den Kopf. „Ich bin dran. Es wäre mir durchaus ein Anliegen, dass Sie neue Kleider bekommen. Ich würde Sie gern in satten, fröhlichen Farben sehen. Das würde Ihnen bestimmt stehen – auf jeden Fall besser als dieser triste Trauerflor. In Rot könnte ich Sie mir gut vorstellen, einem satten, warmen Rosenrot.“ Auf einmal wurde Isabel ganz warm, ob nun vom Cognac oder seinen sinnenden Worten wusste sie nicht. Gespannt wartete sie darauf, dass er weitersprach, fragte sich, was er wohl als Nächstes sagen würde, und fürchtete sich sogleich vor dem, was er ansprechen könnte. „Warum haben Sie nie geheiratet?“
Mit dieser Frage hatte sie nicht gerechnet. „Ich …“, begann sie zögernd und wusste nicht weiter. „Was hat das denn damit zu tun?“
Um seine Mundwinkel spielte ein wissendes Lächeln. „Wie ich sehe, haben wir ein interessantes Thema gefunden.“
„Ich kann Ihnen versichern, Mylord, dass es mich keinen Deut interessiert.“
„Sie vielleicht nicht. Aber mich.“ Er stand auf und ging hinüber zum Kabinett, um sein Glas nachzufüllen. Sie folgte seinen Bewegungen mit großen Augen, und als er mit der Flasche zurückkehrte und auch ihr Glas nachfüllen wollte, sagte sie nicht Nein. „Mit einer Heirat wären all Ihre Probleme gelöst, Isabel. Warum also heiraten Sie nicht?“
Und sie hatte geglaubt, es könne kein Thema geben, über das sie weniger gern sprechen würde als über die finanzielle Situation von Townsend Park. So konnte man sich täuschen. „Die Möglichkeit hat sich nie ergeben. Wie ist es passiert?“
Er nahm wieder ihr gegenüber Platz. „Zur
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