Auf zehn verschlungenen Wegen einen Lord erlegen
Isabel. Irgendwann werden Sie sich jemandem anvertrauen müssen.“
Sie betrachtete ihn, wie er da vor ihr kniete. Dieser Mann, der so gut und gütig schien. Und so stark. Und reich. Und auf einmal wurde ihr klar, dass er vielleicht ihre letzte Hoffnung war.
Wenn sie nur nicht solche Schuldgefühle hätte.
„Warum fangen Sie nicht bei Ihrem Vater an?“, fragte er. Sogleich zog sie sich wieder zurück. Es widerstrebte ihr, von ihrem Vater zu sprechen, ohne den es nie so weit gekommen wäre. Nick drückte besänftigend ihre Hände. „Warum nicht einfach über das sprechen, was Sie ständig beschäftigt?“
Sein sanfter, gewinnender Ton raubte Isabel den Atem.
Was, wenn sie es ihm erzählte?
Was, wenn sie ihre Geheimnisse offenbarte?
Sie waren dort, immerzu, lauerten am Rand von etwas Unbestimmten, das mächtiger war als sie beide. Isabel meinte, das Schweigen wie ein schweres Gewicht zwischen ihnen zu spüren. Beide trugen an diesem Abend keine Handschuhe – der formlosen Gepflogenheiten auf Townsend Park hatte es dessen nicht bedurft.
Sachte rieb er ihre Hände, spürte jedem ihrer Finger mit breiten, leicht gewölbten und wunderbar rauen Fingerkuppen nach. Isabel konnte kaum den Blick von seinen Händen nehmen und fragte sich, warum seine Haut so hart und verhornt war. Wie war Londons begehrtester Lord zu den Händen eines Handwerkers gekommen? Seine warmen, bloßen Hände auf den ihren zu spüren machte sie so benommen, dass sie ihn fast gefragt hätte.
Fast.
Doch in der Tiefe ihres Herzens wusste sie, dass Gefahr drohte, wenn sie sich diesem Mann öffnete.
Er wollte sie glauben machen, dass sie ihre Bürde teilen könnte.
Wo sie in Wahrheit doch allein war.
Und es immer sein würde.
Bislang hatte sie angenommen, dass es so das Beste wäre. Denn sie kannte nur Frauen, die es bitterlich bereut hatten, ihr Leben mit einem Mann geteilt zu haben. Sie hatte von ihrer Mutter gelernt, von den Frauen in Minerva House. Mit einem Mann zu leben, hieß letztlich, die Hälfte seiner selbst aufzugeben, nur mehr eine halbe Frau zu sein. Und nie, niemals wollte sie sich so fühlen.
Da konnten seine Hände noch so warm und seine Worte noch so ermutigend sein.
Sie schluckte und versuchte, stark und entschieden zu klingen. „Da gibt es nichts zu erzählen. Sie kennen seinen Ruf ebenso gut wie ich. Besser gar, möchte ich meinen. Als Mensch, als Vater kannten wir ihn kaum. Und er hatte kein Interesse daran, uns näher kennenzulernen.“ Mit einem leichten Achselzucken versuchte sie, sich seinem Griff zu entziehen.
Nick erwiderte nichts, gab eine ihrer Hände frei. Die andere drehte er mit der Handfläche nach oben und zog mit den Daumen bedächtige Kreise auf ihrer Haut. Die Empfindungen machten sie schier atemlos.
„Sie müssen es mir nicht erzählen“, sagte er, die Stimme zu einem Flüstern gesenkt, „aber Sie sollten sich von ihm nicht gegen das Leben einnehmen und sich seiner Freuden berauben lassen.“
Ihr Blick schnellte zu ihm empor, doch der Seine war nicht auf sie gerichtet, sondern auf ihrer beider Hände, das sanfte Drücken und Streichen seiner Daumen, das sie mit ganz wunderlicher Freude erfüllte. Seufzend ließ sie sich zurück in den Sessel sinken. Sie sollte ihm Einhalt gebieten, fand aber nicht die Kraft dazu. Was immer er da mit ihrer Hand anstellte … es war wunderbar . Etwas so Herrliches war ihr seit Ewigkeiten nicht widerfahren.
Abgesehen vielleicht von seinem Kuss.
Der war auch sehr schön gewesen.
Sie sollte ihm wirklich ihre Hand entziehen.
Aber was er da machte … wie er die prickelndsten Stellen ihrer Hand zu finden schien … sie hätte nie gedacht, dass Finger so empfindsam sein könnten.
Ihr Blick glitt vom Spiel seiner Hände hinauf zu seinem Hals, wo sehniger, sonnengebräunter Muskel in anmutiger Linie auf den Hemdkragen stieß. Noch nie hatte sie dem Hals eines Menschen so viel Beachtung geschenkt, und während ihr Blick dem Schwung seines Halses hinauf zur markanten Kinnpartie folgte, fragte sie sich, warum eigentlich.
Hälse waren doch wunderschön!
Als er begann, ihren Daumenballen zu massieren, meinte sie unter seiner Berührung zu vergehen und sank noch tiefer in ihren Sessel. Nick ließ nicht von seinen Liebkosungen ab, drückte und streichelte ihre Hand auf so wunderbare Weise, dass es eine Wonne war. Isabel seufzte, wohl wissend, dass sie ihm Einhalt gebieten sollte, doch woher die Kraft nehmen?
Stattdessen betrachtete sie sein Gesicht, wie es sich scharf
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