Auf zehn verschlungenen Wegen einen Lord erlegen
gemischten Gefühlen, fand jedoch keine Ruhe, über die Beziehung der beiden nachzugrübeln, ließ Nicks Nähe doch nicht zu, dass sie einen klaren Gedanken fassen konnte.
Nachdem sie sich scheinbar eine Ewigkeit geduldet hatte, wurde sie endlich belohnt. „Isabel …“, sagte er mit leiser, tiefer Stimme neben ihr.
„Hmmm?“ Sie gab sich alle Mühe, allenfalls höfliches Interesse zu zeigen.
Sie hörte das Lächeln in seinen Worten, als er fragte: „Möchten Sie tanzen?“
„Ja, bitte“, antwortete sie so leise, dass es kaum mehr als ein Flüstern war.
Und schon wurde sie in seinen Armen quer durch den Saal gewirbelt.
„James’ Gouvernante spielt vorzüglich.“
„Minerva House ist reich an Talenten, Mylord“, gab Isabel zurück, die nicht über die Mädchen reden wollte. Sie wollte sich nicht verstecken, ihn nicht belügen müssen. Nicht jetzt, nicht in seinen Armen. „Und Sie tanzen ganz vorzüglich.“
Er nahm es mit einem höflichen Nicken zur Kenntnis. „Weshalb wollten Sie mir weismachen, Sie könnten nicht tanzen?“
„Weil … weil ich nie tanze.“ Wieder wirbelte er sie herum, und sie schloss die Augen, um sich ganz der Musik hinzugeben, den fließenden, schwebenden Bewegungen, der starken Hand, mit der er sie so sicher, so anmutig führte.
„Das sollten Sie aber. Sie sind wie geschaffen dafür.“ Er flüsterte es leise und sinnlich an ihrem Ohr, und sie war sich bewusst, dass er sie viel zu eng an sich zog und sie ihn zurechtweisen sollte.
Aber sie konnte es nicht.
Und eigentlich wollte sie es auch nicht.
Als sie nach einer weiteren Drehung die Augen wieder öffnete, fand sie sich der Tür gegenüber, durch die Georgiana vorhin gekommen war – und die nun einen Spalt offen stand. Eine Reihe neugieriger Gesichter spähte herein: Gwen, Jane und Kate verfolgten das Geschehen im Ballsaal mit aufmerksamem Blick. Isabel musste lachen.
Fragend sah Nick sie an. „Was ist?“
„Drehen Sie sich jetzt nicht um, Mylord, aber es sieht aus, als hätten wir Publikum.“
„Ah“, meinte er und grinste. „Die Neugierde der Frauen.“
„Man muss ihnen zugutehalten, dass sie sich um Diskretion bemühen.“
„Dann haben sie den Frauen meiner Familie etwas voraus.“
Er sagte es mit einer Mischung aus leisem Spott und Bewunderung, die sie neugierig machte. „Erzählen Sie mir von Ihrer Familie.“
Er besann sich kurz, ehe er sprach. „Meine Halbschwester Juliana ist Italienerin und genau so, wie man sich Italienerinnen vorstellt. Sie ist rechthaberisch, aufbrausend und neigt dazu, stets im falschen Moment das Falsche zu sagen.“
Ein leises Lachen schwang in seinen Worten mit, das sie unwiderstehlich fand. Wenn er doch den ganzen Abend weiterreden würde! „Das klingt interessant.“
Er schmunzelte. „Sie würden sich prächtig verstehen – Juliana hat auch herzlich wenig für London übrig. Ihre besondere Abneigung gilt gezierten Damen und geckenhaften Gentlemen, also praktisch dem gesamten ton . Letzteres macht es nicht gerade leicht, einen Mann für sie zu finden. Aber das soll Gabriels Sorge sein.“
Sie musste lächeln. „Es hat durchaus Vorteile, der jüngere Sohn zu sein, nicht wahr?“
„Allerdings.“
„Und Ihre Schwägerin?“
„Callie wäre hingerissen von Ihnen.“
Sie lachte ungläubig. „Ich kann mir kaum vorstellen, dass die Marchioness of Ralston ‚hingerissen‘ wäre von einem Landei aus Yorkshire, das gern praktische Hosen trägt, auf Dächern herumklettert und sein halbes Leben unter Frauen zugebracht hat, die sich allerlei ungehörige Dinge erlaubt haben.“
Nick grinste. „Genau deswegen wäre sie von Ihnen hingerissen.“
Isabel sah ihn an. „Das glaube ich Ihnen nicht. Sie machen sich über mich lustig.“
„Irgendwann werden Sie mit mir nach London fahren, Isabel, und dann können mein Bruder und meine Schwägerin Sie selbst überzeugen.“
Ein Versprechen lag in seinen Worten, dass ihr ganz warm ums Herz wurde – die Aussicht, eines Tages mit ihm zusammen in London zu sein, gar seine Familie kennenzulernen …
Wenn es doch wahr wäre .
Wie seltsam, dass sie sich hier, im Kerzenschein, bei Walzerklängen, in den Armen dieses starken, wunderbaren Mannes, nichts sehnlicher wünschte, als dass es wahr würde . Dass einmal eine Zeit käme, da sie und er zusammen wären, als Paar. Dass sie das Leben führen würde, das in seinen Worten aufschien. Während sie sich in der Musik verlor, in den fließenden Bewegungen des Tanzes und in
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