Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf zehn verschlungenen Wegen einen Lord erlegen

Auf zehn verschlungenen Wegen einen Lord erlegen

Titel: Auf zehn verschlungenen Wegen einen Lord erlegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Maclean
Vom Netzwerk:
seinen Armen, die sie so warm und sicher umfingen, erlaubte sie sich all die Träume, die sie vor langer Zeit begraben hatte.
    Den Traum, dass sie diesen, ihren ersten Walzer mit einem Mann tanzen würde, der sich um sie sorgen, sie beschützen und Freud und Leid mit ihr teilen … und ja, der sie lieben würde.
    Wieder schloss Isabel die Augen, ließ sich treiben, fühlte warm seine Hand, die unbehandschuht an ihrer Taille lag, spürte seine muskulösen Schenkel, während sie beide in endlos kreisendem Tanz durch den Saal schwebten. Als sie nach einer Weile wieder aufsah, fand sie seinen Blick recht eindringlich auf sich gerichtet.
    „Gefällt es Ihnen, Isabel?“
    Wahrscheinlich sollte sie sich zieren, kokettieren. Wäre er in London, würde seine Tanzpartnerin gewiss mit einer brillanten, geistreichen Erwiderung aufwarten. Das hatte Isabel leider nicht zu bieten. „Sehr“, sagte sie schlicht.
    „Gut. Sie sollten sich des Lebens freuen. Sie sind zu hart mit sich.“
    Mit einmal verlegen, sah sie beiseite. Wie kam es, dass er sie so gut durchschaute, sie fast besser zu kennen schien als sie sich selbst? Und das nach so kurzer Zeit?
    „Warum?“, fragte er so leise, dass es fast nur ein leiser Hauch an ihrer Schläfe war. „Warum versagst du dir die Freuden des Lebens?“
    Sie schloss die Augen und schüttelte den Kopf. „Ich … nein, das tue ich nicht.“
    „Doch, meine Schöne. Genau das tust du.“ Er zog sie noch enger an sich, raubte ihr fast den Verstand. „Warum nicht tanzen und lachen und sich des Lebens erfreuen? Warum nicht deine Träume wahr machen?“
    Ja, warum eigentlich nicht?
    „Träume sind für kleine Mädchen, die sonst keine Sorgen haben“, entgegnete sie dennoch und hätte die Worte am liebsten gleich wieder zurückgenommen.
    „Unsinn. Jeder hat Träume.“
    Sie öffnete die Augen, begegnete seinem strahlend blauen Blick. „Sogar Sie?“
    „Sogar ich.“
    „Wovon träumen Sie?“, flüsterte sie leise, ihre Stimme nur ein Hauch.
    Er überlegte nicht lange. „Heute Nacht werde ich wohl von Ihnen träumen.“
    Sie hätte seine Worte albern finden können, eine neckische Spielerei. Doch sie hörte nur das Versprechen, das in ihnen lag. Sie wollte ihm glauben, wünschte sich nichts sehnlicher, als dass sie wahr wären. „Verraten Sie mir, wovon Sie träumen, Isabel.“
    „Ich träume davon, dass James zur Schule gehen kann, dass die Mädchen in Sicherheit sind. Ich träume von einem Dach, das nicht einstürzt, und einem unerschöpflichen Vorrat an Kerzen.“
    Er lachte kurz auf. „Ach, Isabel, seien Sie nicht so prosaisch. Hier geht es um Ihre Träume, nicht um die der anderen. Was erträumen Sie sich? Nur für sich?“
    Eine ganze Weile wollte ihr gar nichts einfallen. Wann hatte sie sich zuletzt um ihre eigenen Wünsche Gedanken gemacht?
    Dann sah sie lächelnd zu ihm auf. „Ich würde gern öfter tanzen.“
    Er strahlte sie an. „Damit kann ich dienen, Mylady.“ Und schon wirbelte er sie wieder im Takt der Musik durch den Saal, und die rundum aufblitzenden Kerzenflammen vermittelten den Eindruck, als tanzten sie bei Sternenschein. Der Moment war so schön, so verzaubert, dass sie fast hätte meinen können, jeder Wunsch würde wahr, wenn sie ihn nur laut aussprach.
    Was sie jedoch nicht wagte.
    „Was noch?“, fragte er nach einer Weile.
    „Ich … ich weiß nicht.“
    Er hob die Brauen. „Sonst nichts? Sie sind wunschlos glücklich?“
    „Nein, aber ich will nicht für selbstsüchtig gehalten werden“, flüsterte sie.
    Er fing ihren Blick ein, sah sie eindringlich an. Jäh blieb er stehen, und als ihr nicht mehr schwindelte, sah sie, dass sie sich am äußersten Ende des Raums befanden, bei den Chaiselonguen.
    „Selbstsüchtig?“
    Angelegentlich starrte sie auf die kleine Kerbe in seinem Kinn und nickte.
    Er stieß ein leises Schnauben aus, in das sich ungläubiges Gelächter mischte. „Isabel, ich bin in meinem ganzen Leben noch niemandem begegnet, der weniger selbstsüchtig gewesen wäre als Sie.“
    Stumm schüttelte sie den Kopf.
    „Wie kommen Sie auf eine solche Idee?“
    Sie schwieg, fürchtete sich vor der Antwort.
    Doch der Wunsch, ihrem Kummer Luft zu machen, war größer.
    Den Blick beharrlich auf sein Kinn gerichtet, begann sie: „Ich … Es ist Jahre her. Mein Vater … gab mir Gelegenheit, alles ins Reine zu bringen: das Haus zu retten, die Earlswürde, alles.“ Noch nie hatte sie jemandem davon erzählt. „Ich musste nichts weiter tun, als nach

Weitere Kostenlose Bücher