AUFBRECHEN! - Warum Wir Eine Exzellenzgesellschaft Werden Muessen
nachgedacht, die allgemein »Service Science« genannt wird. Auf Deutsch könnte Service Science auch »Wissenschaft der Dienstleistung« heißen, aber ich habe noch keinen anderen Ausdruck als Service Science gehört oder gesehen.
Für den ersten Produktionssektor kann man an der Universität Landwirtschaft oder Bergbau studieren, für den sekundären Produktionssektor gibt es viele, viele Studiengänge wie Verfahrenstechnik, Produktionstechnik, Maschinenbau oder Mechatronik.
Eine Service Science für den tertiären Sektor gibt es noch nicht wirklich. Die Dienstleistungsgesellschaft wird mit Managementmethoden industrialisiert – bisher nahezu ohne Wissenschaftler. Dabei gibt es doch für fast alles schon eine Wissenschaft! Warum hier nicht, wo es so wichtig wäre?
IBM hat angefangen, die Notwendigkeit von SSME (Service Science, Management and Engineering) zu propagieren, es gibt derzeit einige Universitätskooperationen in den USA . Die IBM Deutschland hat sich mit der Universität Karlsruhe zusammengetan und ein Karlsruhe Service Research Institute gegründet, dessen Direktor mein IBM -Kollege Gerhard Satzger ist. Andere IT -Unternehmen wie Oracle oder HP engagieren sich ebenfalls für Service Science, wählen aber eine andere Namensgebung, nicht unbedingt SSME . Dienstleistungen werden also über kurz oder lang Gegenstand einer professionellen Betrachtung sein. Die zentralen Fragen dabei sind: Wie organisiert man Dienstleistungen? Wie erbringt man Services?
Ich versuche, Ihnen kurz einen Einblick zu geben – Sie kennen ja Services genug. Sie haben wahrscheinlich nur nicht über die Problematik beim Design von Services nachgedacht.
Produkte werden in der Fabrik gebaut und Ihnen verkauft. Sie können sich im Katalog eines aussuchen. Services sind anders. Da sagen Sie als Kunde vorher noch, was Sie möchten. Ihr Wunsch wird von einem freundlichen Servicemitarbeiter entgegengenommen. Dieser Wunsch wird dann an andere Mitarbeiter weitergegeben, die ihn ausführen. Ein Beispiel: Sie bestellen beim Kellner die übliche Pizza Salami und bitten zusätzlich um Knoblauch. Der Kellner reicht Ihre Bestellung an die Küche weiter. Nach der Ausführung kommt das freundliche Bedienpersonal und liefert den Service – die Pizza eben.
Services kennen in dieser Weise oft einen Front-Stage-Bereich und einen Back-Stage-Bereich. Vorne geben Sie Ihren Wunsch ab, hinten wird er ausgeführt. Was wo genau gemacht werden soll, hängt von der Dienstleistung ab.
Der Maßschneider berät und nimmt Maß – irgendwer näht hinterher, das kann er auch selbst tun. Der Bankberater einigt sich mit Ihnen über eine Vermögensanlage, hinter ihm liefert die Bank-Produktion Bausparverträge und Investmentzertifikate. Bei manchen Services können Sie es gar nicht leiden, überhaupt nach Wünschen gefragt zu werden. Sie engagieren eine Putzhilfe und wollen nur, dass es sauber ist. Ein Frage wie diese würden Sie vielleicht hassen: »Haben Sie einen speziellen Wunsch, welches Fenster ich zuerst putzen soll? Oder soll ich mit dem Herd beginnen? Wie oft soll ich den mit Spray behandeln? Sollten wir uns nicht hinsetzen und einen genauen Plan machen?« Da rufen Sie bestimmt schon: »Hauptsache sauber!« Sie wollen sich hier um nichts kümmern, also auch nicht sagen, was genau Sie wollen.
Wenn man Services anbietet, muss man genau überlegen, wie Front-Stage und Back-Stage zusammenarbeiten, was jeweils dort gemacht wird, welche Services überhaupt angeboten werden. Wie viele Hamburger-Menüs bieten Sie an? Wie schnell wollen Sie sein? Was erwartet der Kunde?
Angenommen, Sie beraten als Vermögensberater zwei Stunden lang einen Kunden, ob er langfristig oder kurzfristig anlegen soll. Schließlich entscheidet sich der Kunde und holt einen 100-Euro-Schein aus der Hosentasche, den er angelegt haben will. Da bekommen Sie graue Haare, weil die Beratung bisher schon so teuer war, dass Sie selbst dann Verlust machen würden, wenn der Kunde Ihnen den Hunderter schenkt.
Soll der Kunde die Beratung bezahlen? Oder soll sie »gratis« sein, wofür Sie aber erwarten, dass er hohe Preise zahlt, wenn er Services wirklich in Anspruch nimmt. »Wir beraten kostenfrei und liefern anschließend Topqualität.« Oder beraten Sie fast gar nicht und liefern weniger teure Services? Welche Kunden wollen was? Können Sie beide Modelle gleichzeitig liefern? Wie stellen sich Kunden dazu? Erschleichen Kunden Beratung und kaufen billig woanders (das hatte ich Ihnen schon
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