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Aufbruch zu den Sternen - Roman

Aufbruch zu den Sternen - Roman

Titel: Aufbruch zu den Sternen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Prächtigen schrieb, leistete Dirk jetzt gute Dienste. Er vermochte fast immer auf den ersten Blick festzustellen, was unwichtig war und was sorgfältig studiert werden musste. In wenigen Tagen standen die großen Umrisse der Geschichte fest, und er konnte ins Einzelne gehen.
    Der Traum war älteren Datums, als er gedacht hatte. Bereits vor zweitausend Jahren hatten die Griechen vermutet, dass der Mond eine der Erde nicht unähnliche Welt sei, und im zweiten Jahrhundert A.D. hatte der Satiriker Lucian die erste interplanetarische Fabel geschrieben. Es hatte ganzer siebzehn Jahrhunderte bedurft, um die Kluft zwischen Phantasie und Wirklichkeit zu überbrücken – und der eigentliche Fortschritt war fast ausschließlich in den letzten fünfzig Jahren erzielt worden.
    Die moderne Ära hatte im Jahre 1923 begonnen, als ein unbekannter siebenbürgischer Professor namens Hermann Oberth eine kleine Schrift publiziert hatte, die den Titel trug: »Die Rakete in dem interplanetarischen Raum.« In dieser Schrift waren zum ersten Mal die mathematischen Grundlagen des Weltraumfluges entwickelt worden. Indem Dirk eines der wenigen noch vorhandenen Exemplare dieser Schrift durchblätterte, erschien es ihm kaum glaublich, dass aus derart kleinen Anfängen ein so gewaltiger Überbau entstanden war. Oberth – jetzt ein Greis von vierundachtzig – hatte die Kettenreaktion ausgelöst, die noch zu seinen Lebzeiten zur Überwältigung des Raumes führen sollte.
    In dem Jahrzehnt vor dem Zweiten Weltkrieg hatten Oberths deutsche Schüler die mit flüssigem Brennstoff angetriebene Rakete zur Vollendung gebracht. Anfangs hatte man auch in diesen Kreisen von Weltraumflügen geträumt, aber dieser Traum war mit dem Auftauchen Hitlers in Vergessenheit geraten. Die Stadt, über die Dirks Blicke so oft hinwegschweiften, trug noch immer die Narben aus jener Zeit vor dreißig Jahren, als die großen Raketen aus der Stratosphäre kreischend auf sie herabgestürzt waren.
    Kaum ein Jahr darauf war jener schreckliche Morgen in der Wüste von Neu-Mexiko heraufgedämmert, jener Morgen, an dem es schien, als wäre der Strom der Zeit für einen Augenblick stehen geblieben, um sich dann schäumend und gischtend in einen neuen Kanal zu ergießen – einer veränderten und unbekannten Zukunft zu. Mit Hiroshima war nicht nur der Krieg, sondern ein ganzes Zeitalter zu Ende gegangen. Die Energie und die Maschine hatten sich endlich gefunden, und der Weg in den Weltraum lag klar vorgezeichnet.
    Es war ein steiler Pfad gewesen, und man hatte dreißig Jahre gebraucht, um hinaufzugelangen – dreißig Jahre voller Triumphe und herzzerbrechender Enttäuschungen. Als Dirk nähere Bekanntschaft mit seinen Mitarbeitern schloss und sich ihre Geschichten und Unterhaltungen anhörte, sah er sich nach und nach in den Stand gesetzt, die persönlichen Details nachzutragen, die aus keinem Bericht und keiner summarischen Darstellung zu entnehmen waren.
    »Das Fernsehbild war nicht besonders klar, aber alle paar Sekunden gewann es an Schärfe, und wir konnten alles genau erkennen. Es war die größte Sensation meines Lebens – ich war der erste Mensch, der die andere Mondseite zu Gesicht bekam. Aber eine Fahrt dorthin dürfte das Letzte und Unwichtigste sein.«
    »… die fürchterlichste Explosion, die man je sah. Als wir uns erhoben, hörte ich Göring sagen: ›Wenn das alles ist, was ihr tun könnt, werde ich dem Führer melden, dass das Ganze nur auf Geldverschwendung herausläuft.‹ Ihr hättet von Brauns Gesicht sehen sollen …«
    »Die KX 14 ist noch immer oben. Alle drei Stunden vollendet sie ihre Umlaufbahn, genau wie es beabsichtigt war. Aber beim Abflug versagte das verdammte Radio, so dass wir nie erfahren haben, was die Instrumente anzeigten.«
    »Ich schaute gerade durch den Zwölf-Zentimeter-Reflektor, als die Ladung Magnesiumpulver den Mond traf, ungefähr fünfzig Kilometer von Aristarchus entfernt. Wenn man gegen Sonnenuntergang hinaufschaut, kann man die Umrisse des Einschlagtrichters gerade noch erkennen.«
    Mitunter beneidete Dirk diese Männer. Ihr Leben hatte ein Ziel, wenn es sich auch um ein Ziel handelte, das er nicht völlig zu begreifen vermochte. Es musste ihnen ein Machtgefühl verschaffen, ihre großen Maschinen Tausende von Meilen in den Weltraum hinauszujagen. Macht aber war gefährlich und korrumpierte oft. Durfte man ihnen die Kräfte anvertrauen, die sie in die Welt brachten? Konnte man sie der Welt selber anvertrauen?
    Trotz seiner

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