Auferstehung
Untergebene hatte die Farbe von Schiefer angenommen, zitterte am ganzen Leib und keuchte hektisch, um seinem rasenden Herzen Luft zu verschaffen.
In ihrer Mitte war der ehemalige Armeegeneral Gregor Borowitz, inzwischen Leiter der streng geheimen Dienststelle für die Entwicklung paranormaler Spionagetechniken, völlig ins Geschehen vertieft. Sein Gesicht mit den hängenden Wangen war voller Erstaunen, während er jede Einzelheit der Darbietung in sich aufnahm und er das Unbehagen seiner Untergebenen zu ignorieren versuchte, so gut er konnte.
Am Rande seines Bewusstseins formte sich ein Gedanke: Er fragte sich, ob den anderen übel würde, und welcher sich zuerst übergeben würde. Und wo er sich übergeben würde.
Unter dem Tisch stand ein Abfallkorb aus Metall, in dem sich einige zerknüllte Papiere und Zigarettenkippen befanden. Ohne den Blick vom Bildschirm abzuwenden, hob Borowitz den Eimer auf und stellte ihn mitten auf den Tisch vor sich. Er dachte: Sollen sie es ruhig unter sich ausmachen.
Als hätte er seine Gedanken gelesen, keuchte der Mann zur Rechten: »Genosse General, ich glaube nicht, dass ich ...«
»Seien Sie still!« Borowitz trat mit dem Fuß gegen den Knöchel des anderen. »Sehen Sie zu, wenn Sie können. Falls nicht, dann seien Sie wenigstens ruhig und stören mich nicht!«
Der nackte Mann hatte sich vornüber gebeugt, sodass nur noch wenige Zentimeter sein Gesicht von den entblößten Eingeweiden des Leichnams trennten. Seine Augen zuckten von rechts nach links, von oben nach unten, als suchten sie nach etwas, das sich dort verbarg. Seine Nasenflügel blähten sich und schnupperten argwöhnisch. Seine Stirn, bislang glatt, hatte sich in unglaubliche Falten gelegt. Er glich jetzt einem großen, nackten Bluthund, der die Fährte seiner Beute wittert.
Dann spielte ein dünnes Lächeln um seine grauen Lippen – der Schimmer einer Offenbarung, eines enthüllten Geheimnisses, spiegelte sich in seinen Augen. Als wollte er sagen: »Ja, etwas ist hier drin, es versucht, sich zu verstecken!«
Und dann warf er den Kopf zurück und lachte – sehr laut, wenn auch nur kurz –, bevor er die intensive Untersuchung fortsetzte. Doch nein, es war noch nicht genug, das verborgene Ding kam nicht hervor. Es entfloh seinem Blick, und augenblicklich verwandelte sich seine Fröhlichkeit in Zorn!
Er keuchte vor Wut, und sein graues Gesicht zitterte im Griff unvorstellbarer Gefühle. Der Nackte ergriff ein schmales Gerät, dessen Schärfe sich im Licht widerspiegelte. Erst schien er einem Plan zu folgen, als er die verschiedenen Organe, die Luftröhre und die Blase entfernte, doch je weiter seine Arbeit voranschritt, desto grauenhafter und wahlloser wurde sie, bis die Gedärme in grotesken Fetzen und Lappen aus der Leiche über den Rand des Metalltisches hingen.
Und noch immer war es nicht genug, noch immer konnte er seine Beute nicht erwischen.
Er gab einen Schrei von sich, der durch den Lautsprecher im Nebenraum wie das Quietschen von Kreide auf einer Tafel klang, wie eine Schaufel, die in alter Asche kratzt. Er schnitt fürchterliche Grimassen, als er anfing, die baumelnden Fetzen abzuhacken und um sich zu werfen. Er schmierte sie über seinen Leib, hielt sie an sein Ohr und ›lauschte‹ ihnen. Er schleuderte sie weit von sich, warf sie über seine gebeugte Schulter in eine Wanne und das Waschbecken. Überall klebte geronnenes Blut. Und wieder zerriss sein Schrei der Enttäuschung, der unheimlichen Wut, fast den Lautsprecher: »Nichts! Nichts! «
Im Nebenraum hatte sich das Keuchen des Mannes zur Rechten in ein erbärmliches Röcheln verwandelt. Plötzlich schnappte er sich den Abfalleimer auf dem Tisch, erhob sich schwankend von seinem Sessel und taumelte in eine Ecke des Raumes. Borowitz hielt ihm unwillig zugute, dass all das verhältnismäßig ruhig vor sich ging.
»Mein Gott, mein Gott!«, stieß der Mann zur Linken wieder und wieder hervor, mit jedem Mal lauter als zuvor. Und: »Grauenhaft, grauenhaft! Er ist abartig, wahnsinnig, ein Monster!«
»Er ist brillant!«, knurrte Borowitz. »Sehen Sie? Sehen Sie? Jetzt geht er der Sache auf den Grund ...«
Jenseits der Glaswand hatte der nackte Mann nach einer chirurgischen Säge gegriffen. Arm, Hand und das Instrument selbst verschwammen tiefrot, grau und silbern, als er am Brustbein sägte. Schweiß strömte über seine blutverklebte Haut und tropfte wie heißer Regen herab, während er an der Brust des Toten arbeitete. Sie gab nicht nach; das
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