Auferstehung
mit einem Vorschlaghammer dagegen geschlagen. Sie bog sich leicht nach außen, und ein Scharnier zerbrach, bevor sie nach innen gesaugt und aus den Angeln gerissen wurde. Rauch, Hitze und eine rote Stichflamme wogten heraus und der schwere Gestank von Sprengstoff lag in der Luft.
»Schnell!«, rief Ustinov über die panischen Fragen der Wärter und das Gebrüll der Sicherheitsleute hinweg, als diese über die Pflastersteine gelaufen kamen. »Fahrer, bringen Sie uns von hier fort, bevor das ganze Haus in die Luft geht!« Es stand nicht zu befürchten, dass das wirklich geschehen würde, doch so konnte Ustinov sie wenigstens zum Handeln bewegen. Und er war aus der Schusslinie – zumindest für den Augenblick.
Das Schlimmste war, dass er sich nicht sicher sein konnte, ob Borowitz und seine Männer wirklich tot waren. Wenn ja, hatte er genügend Zeit, sich eine Geschichte zurechtzulegen. Wenn nicht, dann war er dran. Das würde sich zeigen.
Er sprang hinten in den Krankenwagen, als der Motor aufheulte, gefolgt von den Helfern, die sofort anfingen, seine Oberbekleidung zu entfernen. Die Türen schlugen zu, und das Gefährt raste über den Hof, fuhr durch einen hohen Steinbogen und näherte sich der Außenmauer.
»Machen Sie schon!«, brüllte Ustinov. »Bringen Sie uns hier raus!« Der Fahrer beugte sich übers Lenkrad und drückte das Gaspedal durch. Auf dem Hof liefen die Sicherheitsmänner und der Pilot des Hubschraubers wie kopflose Hühner herum und husteten wegen des beißenden Qualms, der aus der Tür drang. Das kleine Feuer war am Rauch erstickt. Und nun schwankte aus dieser dichten Mauer aus Qualm eine Gestalt wie aus einem Albtraum: Dragosani, noch immer nackt, das graue Fleisch rußgeschwärzt und blutrot gestreift. Über den Schultern trug er wie ein Feuerwehrmann den brüllenden Gregor Borowitz.
»Was?«, schrie der General, wenn er nicht gerade hustete und spie. » Was? Wo ist Ustinov, dieser Hund von einem Verräter? Habt ihr ihn entwischen lassen? Wo ist der Krankenwagen? Was tut ihr verdammten Narren da?«
Als die Sicherheitsmänner Borowitz von Dragosanis gebeugtem Rücken hoben, antwortete ihm einer atemlos: »Genosse Ustinov wurde verwundet, Herr General. Er wurde im Krankenwagen fortgebracht.«
»Genosse? Genosse? «, heulte Borowitz. »Das ist kein Genosse! Verwundet, sagen Sie? Verwundet, Sie Arschloch? Ich will ihn tot sehen! «
Er wandte sein Wolfsgesicht hoch zum Turm und brüllte: »Ihr da oben – könnt ihr den Krankenwagen sehen?«
»Ja, Genosse General. Er nähert sich der Außenmauer.«
»Haltet ihn auf!«, schrie Borowitz und griff an seine zerschmetterte Schulter.
»Aber ...«
»Jagt ihn in die Luft!«, wütete der General.
Der Schütze auf dem Turm befestigte sein Nachtsichtgerät an der Kalaschnikow und lud einen gemischten Ladestreifen mit Leuchtspurmunition und Explosivgeschossen. Er kniete sich hin, bekam das Gefährt ins Fadenkreuz und zielte auf die Motorhaube. Der Krankenwagen fuhr langsamer, als er sich einem der Tore der Außenmauer näherte, und der Schütze wusste, dass er dort nie ankommen würde. Er klemmte die Waffe zwischen Schulter und Brüstung, betätigte den Abzug und ließ ihn nicht mehr los. Die Feuersalve aus dem Turm verfehlte das Gefährt um wenige Meter, dann korrigierte der Schütze und sie traf ihr Ziel.
Die Vorderfront des Krankenwagens ging in weißen Flammen auf, explodierte und schleuderte brennendes Benzin in alle Richtungen. Das Vehikel kam von seinem Weg ab und blieb in ausgehobenem Torf stecken. Jemand in Weiß kroch auf allen vieren von dem brennenden Wagen weg; ein anderer in einem offenen Hemd und mit einem dunklen Mantel über der Schulter wich vor den Flammen zurück und hinkte in Richtung Ausfahrt.
Da er auf die Sicherheitsleute gestützt im Hof stand und die Lage nicht überblicken konnte, rief Borowitz ungeduldig zum Turm hinauf: »Haben Sie ihn erwischt?«
»Ja, Genosse. Mindestens zwei Männer haben überlebt. Einer gehört zur Mannschaft des Krankenwagens und der andere ist vermutlich ...«
»Ich weiß, wer der andere ist«, schrie Borowitz. »Er ist ein Verräter! Er hat mich, das Dezernat und Russland verraten. Machen Sie ihm den Garaus!«
Der Schütze schluckte schwer, legte an und feuerte. Leuchtfeuer und Kugeln fraßen sich in die Erde vor Ustinovs Füßen, kletterten höher, Phosphor und Stahl rissen ihn in Stücke.
Es war das erste Mal, dass der Mann auf dem Turm jemanden getötet hatte. Er legte seine Waffe nieder,
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