Auferstehung
Ich alter Narr ...«
Dragosani stöhnte und griff sich mit einer Hand an den Kopf. Er versuchte aufzustehen, fiel aus dem Sessel auf die Knie und stürzte mit dem Gesicht nach unten auf den mit Glas bedeckten Boden. Borowitz wollte sich neben ihn knien.
»Bleiben Sie, wo Sie sind!«, schnauzte Ustinov ihn an. »Sie können ihm nicht mehr helfen. Er ist ein toter Mann. Sie alle sind tot.«
»Damit werden Sie niemals durchkommen«, sagte Borowitz, doch alle Farbe wich ihm aus dem Gesicht. Seine Stimme war nur noch ein trockenes Rasseln.
»Natürlich werde ich das«, höhnte Ustinov. »Bei all diesem Chaos, diesem Wahnsinn? Ich werde eine gute Geschichte zu erzählen wissen, da können Sie sich sicher sein – über Sie, diesen rasenden Irren, und die völlig verrückten Leute, über die Sie befehlen – und wer könnte mir schon das Gegenteil beweisen?«
Er trat vor, und die Waffe in seinen Händen gab ein schroffes Geräusch von sich, als er sie entsicherte. Boris Dragosani, der zu seinen Füßen am Boden lag, war nicht ohnmächtig. Sein Zusammenbruch war nichts als eine Finte gewesen, um in Reichweite einer Waffe zu gelangen. Nun schlossen sich seine Finger um den beinernen Griff des kleinen, sichelförmigen Chirurgenmessers, das er fallen gelassen hatte. Ustinov kam näher und grinste, als er schnell mit dem Griff seiner Waffe auf Borowitz’ argloses Gesicht einschlug. Während der Leiter des Psi-Dezernats nach hinten flog, sein zerschlagener Mund blutverschmiert, drehte Ustinov seine Waffe um und betätigte den Abzug.
Die erste Garbe traf Borowitz an der rechten Schulter, schleuderte ihn herum und warf ihn zu Boden. Ebenso riss sie Gerkhov von den Füßen, wirbelte ihn durch den Raum und knallte ihn an die Wand. Er hing dort einen Augenblick lang wie ein Gekreuzigter, tat dann einen einzigen Schritt nach vorn, spie einen Schwall Blut aus und fiel mit dem Gesicht nach unten zu Boden. Wo sein Rücken die Wand berührt hatte, war sie scharlachrot.
Borowitz kroch rückwärts über den Boden und zog den rechten Arm nach, bis er mit den Schultern gegen die Wand stieß. Er hatte keine Chance zu entkommen, und so setzte er sich dort mühevoll auf und wartete auf den Tod.
Ustinov entblößte die Zähne wie ein Hai vor dem Angriff. Er zielte auf Borowitz’ Bauch und schloss die Finger um den Abzug.
In diesem Augenblick stieß Dragosani mit dem Messer nach oben und durchtrennte die Sehnen hinter Ustinovs linkem Knie. Als mehrere Kugeln die Wand genau über seinem Kopf durchsiebten, schrien Ustinov und Borowitz gleichzeitig auf.
Dragosani zog sich an Ustinovs Mantel auf die Knie hoch und stach ein zweites Mal blind zu. Die Sichelklinge drang durch Mantel, Jackett, Hemd und Fleisch. Sie durchschnitt Ustinovs rechten Oberarm bis auf den Knochen, und die nutzlosen Finger ließen die Waffe fallen. Fast im Reflex stieß er sein Knie in Dragosanis Gesicht.
Andrej Ustinov schrie vor Schmerz und Schreck. Der Verräter wusste, dass er schwer verletzt war, humpelte aus der Tür und warf sie hinter sich zu. Im nächsten Moment ließ er den winzigen Vorraum hinter sich und verschwand in den Korridor. Dort schloss er die schalldichte Tür etwas leiser und schritt über die Leiche des KGB-Mannes, der dort mit heraushängender Zunge und eingeschlagenem Schädel lag. Sein Tod war eine unglückliche Notwendigkeit gewesen. Ustinov fluchte vor Schmerz, als er den Gang entlanghinkte und eine Blutspur hinterließ. Er hatte fast die Tür zum Innenhof erreicht, als er ein Geräusch hinter sich hörte, das ihn erstarren ließ. Er drehte sich um, zog eine Splittergranate aus seiner Tasche und entsicherte sie. Er sah Dragosani den Gang betreten, über die Leiche stolpern und in die Knie gehen. Dann, als ihre Blicke sich trafen, warf Ustinov die Granate.
Danach blieb nichts mehr zu tun, als schnellstens dort herauszukommen. Er hörte noch den Aufprall der Granate und Dragosanis keuchenden Atem, als er die Stahltür zum Hof öffnete, hinaustrat und die Tür fest hinter sich schloss.
Draußen in der Nacht zählte Ustinov die Sekunden, während er auf die zwei weiß gekleideten Helfer am Heck des Krankenwagens zuhumpelte.
»Hilfe!«, krächzte er. »Ich bin schwer verletzt! Es war Dragosani, einer unserer Sonderagenten. Er ist verrückt geworden, hat Borowitz, Gerkhov und einen Mann vom KGB getötet.«
Hinter ihm ertönte, wie um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, eine gedämpfte Detonation. Die Stahltür schepperte, als hätte jemand
Weitere Kostenlose Bücher