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Auferstehung

Auferstehung

Titel: Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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und Serbien und Bosnien im Westen.
    Und so sah er auch sich selbst: als Walachen oder zumindest als Rumänen. Und als Historiker und Patriot (auch wenn seine Vaterlandsliebe einem Land galt, das schon lange von den Landkarten verschwunden war) wusste er, dass seine Heimat auf eine sehr lange und sehr blutige Geschichte zurückblickte.
    Was erfährt man, wenn man sich mit der Geschichte der Walachei beschäftigt? Dass sie verschachert, annektiert, gestohlen, wiedererobert und zurückgestohlen worden war, zerstört, verheert und verwüstet – doch trotzdem hatte sie sich immer wieder behauptet. Dieses Land glich dem Vogel Phönix! Sein Grund und Boden war lebendig, dunkel von Blut, gestärkt durch Blut. Ja, die Stärke des Volkes lag in der Stärke des Landes, und die des Landes lag in seinem Volk. Es war ein Land, für das sie kämpfen konnten, das durch seine Natur fast für sich selbst kämpfte. Jede historische Landkarte bewies das: In jenen alten Tagen, vor der Erfindung von Flugzeug und Panzer, war das Gebiet abgeschieden wie eine Insel und sicher wie eine Festung gewesen. Gebirge und Sümpfe umringten es, im Osten grenzte es an das Schwarze Meer, im Westen an Moorland, im Süden an die Donau.
    Und so war Dragosani dank seines Erbes zuerst ein Walache (und vielleicht der einzig überlebende Walache der Welt), dann ein Rumäne, doch wohl kaum ein Russe. Was waren sie denn schon, dieses Volk, zu dem auch Gregor Borowitz zählte? Nur der Bodensatz zahlloser Wellen von Eroberern, die Söhne von Hunnen und Goten, Slawen und Franken, Mongolen und Türken. Natürlich floss das Blut dieser Hunde auch in Boris Dragosanis Adern, doch in erster Linie war er ein Walache! Nur in einer Hinsicht glich er dem alten Mann: Sie beide waren Waisenkinder gewesen, wenn auch unter gänzlich anderen Umständen. Borowitz hatte wenigstens eigene Eltern gehabt, hatte sie als Kleinkind gekannt, auch wenn sie jetzt lange vergessen waren. Doch Dragosani war ein Findelkind. Man hatte ihn vor der Tür einer Hütte in einem rumänischen Dorf gefunden, kaum älter als einen Tag, und er war von einem reichen Bauern aufgezogen worden, das war sein Los gewesen. Und wahrlich kein schlechtes.
    »Also, Boris«, sagte Borowitz und riss seinen Schützling aus den Gedanken, »was denken Sie darüber?«
    »Worüber?«
    »Ha!«, schnaubte der ältere Mann. »Sehen Sie, ich weiß, dass dieser Ort sehr entspannend ist und ich bestenfalls ein langweiliger alter Furz bin, aber tun Sie mir den Gefallen und schlafen Sie nicht ein! Was denken Sie darüber, dass das Dezernat endlich frei vom KGB ist?«
    »Ist das wirklich so?«
    »Ja, wirklich!« Borowitz rieb sich zufrieden die plumpen Hände, bis sie fast raschelten. »Man könnte sagen, wir sind gereinigt. Zu Anfang mussten wir sie ertragen, weil Andropow gern seine Nase in jeden Topf steckt. Aber dieser Topf entspricht nicht mehr seinem Geschmack. Es hat sich alles wunderbar entwickelt.«
    »Wie haben Sie das geschafft?« Dragosani wusste, dass der andere fast platzte, es ihm zu erzählen.
    Borowitz zuckte mit den Schultern, als wollte er seine eigene Rolle in der ganzen Angelegenheit herunterspielen.
    Dragosani wusste, dass das genaue Gegenteil der Wahrheit entsprach. »Ach, ein bisschen hier, ein bisschen da. Soll ich sagen, dass ich meine Arbeit aufs Spiel gesetzt habe? Oder gar das ganze Dezernat? Ich habe gepokert, wenn man so will – und ich wusste, dass ich nicht verlieren kann.«
    »Dann war es auch kein Pokern«, sagte Dragosani. »Was genau haben Sie getan?«
    Borowitz kicherte. »Boris, Sie wissen, wie sehr ich es hasse, mich in Einzelheiten zu ergehen. Doch ja, ich werde es Ihnen sagen. Ich bin vor der Anhörung zu Breschnew gegangen – und ich habe ihm erzählt, wie die Dinge laufen werden.«
    »Ha!« Diesmal war es Dragosani, der schnaubte. » Sie haben es ihm erzählt? Sie haben Leonid Breschnew erzählt, wie die Dinge laufen werden? Welche Dinge?«
    Borowitz lächelte sein Wolfslächeln. »Die Zukunft!«, sagte er. »Die Dinge, die kommen werden! Ich habe ihm gesagt, dass sein politisches Balzen mit Nixon ihn immer mächtiger machen wird – aber er muss auf Nixons Sturz in drei Jahren gefasst sein, wenn die ganze Welt wissen wird, wie korrupt er ist. Ich sagte ihm, dass er danach in einer vorteilhaften Lage sein wird, weil er es dann im Weißen Haus mit einer Schlafmütze zu tun hat. Ich habe ihm verkündet, dass er nächstes Jahr zur Vorkehr gegen künftige amerikanische Hardliner ein

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