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Auferstehung

Auferstehung

Titel: Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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gebügelte Hose und neue Socken. Zehn Minuten später eilte er nach unten, verließ das Gästehaus und wurde von Hzak Kinkovsi an der Tür des Bauernhauses erwartet.
    »Tut mir leid, tut mir leid!«, sagte er. »Ich bin so schnell gekommen, wie es ging.«
    »Das macht doch nichts.« Kinkovsi nahm seine Hand. »Willkommen in meinem Haus. Treten Sie bitte ein. Wir werden gleich essen.«
    Im Innern war es ein wenig klaustrophobisch. Die Zimmer waren groß, hatten aber niedrige Decken, und die Ausstattung war sehr dunkel und im alten rumänischen Stil gehalten. Im Esszimmer saß Dragosani allein dem Fenster gegenüber, an einer gewaltigen, quadratischen Tafel, an der gut und gerne ein Dutzend Gäste Platz gefunden hätte. In diesem Licht konnte er Ilse nur als Silhouette erkennen. Sie hatte sich, nachdem sie ihrer Mutter beim Auftragen geholfen hatte, ihm gegenübergesetzt. Rechts von Dragosani saß Hzak Kinkovsi neben seiner Frau, die nun ihre Arbeit vollendet hatte, und zu seiner Linken befanden sich die beiden Söhne von vielleicht zwölf und sechzehn Jahren. Eine kleine Familie für bäuerliche Verhältnisse.
    Das Mahl war einfach, reichlich und ausgezeichnet. Dragosani sagte das auch, und Ilse lächelte, während ihre Mutter Maura ihn entzückt über den Tisch anstrahlte und sagte: »Ich habe mir gedacht, dass Sie hungrig sein würden. So eine lange Reise! Der ganze Weg von Moskau bis hierher. Wie lange waren Sie denn unterwegs?«
    »Also, ich habe schon mal angehalten, um etwas zu essen«, antwortete er lächelnd. Und dann runzelte er die Stirn, als er sich erinnerte. »Ich habe zweimal teuer und nicht gerade gut gegessen. Als ich Kiew hinter mir gelassen hatte, habe ich im Auto ein oder zwei Stunden geschlafen. Und natürlich bin ich über Galatz, Bukarest und Pitesti gefahren, um die Bergpässe zu vermeiden.«
    »Ein langer Weg«, nickte Hzak Kinkovsi. »Sechzehnhundert Kilometer.«
    »Luftlinie«, sagte Dragosani, »doch ich kann nicht fliegen! Mehr als zweitausend Kilometer laut dem Zähler meines Autos.«
    »Und diesen ganzen Weg nur, um ein wenig Lokalgeschichte zu erforschen.« Der Bauer schüttelte den Kopf.
    Durch sein vom Wetter gegerbtes Gesicht wirkte Kinkovsi vermutlich älter, als er war. Sie hatten das Mahl inzwischen beendet, und er lehnte sich mit einer Pfeife voll duftenden Tabaks zurück. Dragosani zündete sich eine Rothmans an, von denen Borowitz ihm zweihundert Päckchen in einem ›besonderen‹ Laden für die Parteielite in Moskau gekauft hatte.
    Die beiden Jungen kümmerten sich um die abendliche Arbeit, und die Frauen spülten Geschirr.
    Kinkovsis Bemerkung über ›Lokalgeschichte‹ hatte Dragosani etwas überrascht, bis ihm wieder einfiel, dass dies der vorgebliche Grund seiner Reise war. Als er an der Zigarette zog, fragte er sich, wie viel er noch erzählen durfte. Andererseits hielt man ihn ja für einen Leichenbeschauer, weshalb eine Neigung zu eher morbiden Dingen vielleicht nicht allzu sonderbar erscheinen würde.
    »Lokalgeschichte – irgendwie schon, ja. Aber ich hätte ebenso gut nach Ungarn fahren können, oder mit weniger Aufwand nach Moldawien, oder auch über die Alpen nach Oradea. Auch Jugoslawien wäre passend gewesen, oder die Mongolei. Diese Orte sind alle gleichermaßen interessant für mich, doch dieses Land umso mehr, weil ich hier geboren wurde.«
    »Und was interessiert Sie genau? Sind es die Berge? Oder die Kriege? Mein Gott – dieses Land hat einige Schlachten erlebt!« Kinkovsi war nicht einfach nur höflich, er zeigte echtes Interesse. Er goss mehr von dem ausgezeichneten selbst gekelterten Wein in Dragosanis Glas und füllte auch sein eigenes nach.
    »Die Berge haben vermutlich damit zu tun«, antwortete der jüngere Mann. »Und in diesem Teil der Welt natürlich auch die Schlachten. Aber die Sage selbst ist weit älter als jedes historische Ereignis, an das man sich erinnern kann. Sie ist vielleicht so alt wie die Berge selbst. Eine sehr geheimnisvolle Sache – und äußerst grausam!«
    Er beugte sich über den Tisch und starrte Kinkovsi in die wässrigen Augen.
    »Fahren Sie fort, spannen Sie mich nicht auf die Folter! Was ist das für eine mysteriöse Leidenschaft, wonach suchen Sie?«
    Der Wein war sehr stark und hatte Dragosani die ihm sonst eigene Vorsicht genommen. Draußen war die Sonne untergegangen, und die Abenddämmerung legte sich wie ein Mantel aus blauem Rauch über alles. Aus der Küche drang das Klirren von Tellern und sanfte, leise

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