Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auferstehung

Auferstehung

Titel: Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
Vom Netzwerk:
Zwischen den Viehhöfen am Bahnhof und dem Fluss am Rande der Stadt fand er den Markt, der dort schon jeden Mittwoch stattgefunden hatte, als die Stadt nur eine Ansammlung von Hütten gewesen war. Tatsächlich mochte Dragosani aus diesem Marktplatz, diesem Treffpunkt, entstanden sein. Früher war dieser Ort eine Furt gewesen, nur an dieser Stelle hatte man den Fluss überqueren können, doch heute gab es mehrere Brücken über den Fluss.
    Hier war es, wo vor vielen Jahrhunderten die Türken auf ihrem Feldzug plündernd und brandschatzend auf den Fluss gestoßen waren, der aus den Karpaten herabfließt, um sich mit der Donau zu vereinigen. Hierher waren auch die Hunyadi und nach ihnen die Fürsten der Walachei gekommen, um die Streiter unter ihrem Banner zu vereinigen und Woiwoden einzusetzen, Kriegsherren, die das Land gegen die vordringenden Türken verteidigen sollten. Das Banner, unter dem jene Kriegsherren gekämpft hatten, war das des Drachens – das uralte Siegel und Sinnbild des Verteidigers der Christenheit gegen die Türken. Dragosani fragte sich, ob das wohl der Ursprung des Namens der Stadt gewesen war. Ganz gewiss war es der Ursprung des Drachens auf dem Wappen am Grab.
    Auf dem Marktplatz kaufte er ein lebendes Ferkel, das er in einem groben Sack zu seinem Wagen trug. Er steckte es in den Kofferraum, fuhr heraus aus der Stadt und suchte sich eine ruhige Abzweigung von der Hauptstraße. Dort öffnete er den Sack, zerbrach im Kofferraum eine Chloroformkapsel, schlug den Deckel zu und zählte dann bis fünfzig. Er holte das betäubte Ferkel heraus, lüftete zehn Minuten lang den Kofferraum und verfrachtete das unglückliche Schwein wieder hinein. Schließlich sollte das Tier nicht sterben. Jedenfalls noch nicht.
    Am frühen Nachmittag verließ er das tief gelegene Flusstal und fuhr zu den Hügeln, wo er seinen Wagen wieder einige hundert Meter von den Kreuzhügeln entfernt abstellte. Im hellen Sonnenlicht begann er seinen Aufstieg durch Hecken und Wald hindurch. Im Schutz der finsteren Tannen fühlte er sich wohler, als er sich dem geheimen Ort näherte. Den Sack mit dem Ferkel trug er über der Schulter, und das Tier bekam nichts mit von der Welt, die es bald verlassen würde.
    Am Grab legte Dragosani das betäubte Tier in eine Vertiefung zwischen zwei Bäumen, band es an einem Baumstamm fest und legte den Sack darauf, um es warm zu halten. Es gab Unmengen von Wildschweinen in den Hügeln; wenn das Ferkel in seiner Abwesenheit wieder zu sich käme und Laute von sich gäbe, würde jeder, der es hörte, es für ein solches halten. Nicht, dass das sehr wahrscheinlich war: Ganz wie in Dragosanis Kindheit waren die Felder im Umkreis von mehr als zwei Kilometern vereinsamt und überwuchert.
    Jedenfalls ließ er das Ferkel dort, kehrte nachmittags zurück in seine Unterkunft, bestellte ein frühes Abendessen und schlief den Rest des Tages. Es war noch eine Stunde lang hell, als Ilse Kinkovsi ihn mit einem kräftigen Essen auf einem Tablett und einem Viertelliter selbst gebrautem Bier aufweckte. Sie redete kaum mit ihm, blickte verdrießlich drein und schien ihn zu verspotten. Das war in Ordnung; es war ihm sogar recht so – jedenfalls versuchte er, sich das einzureden.
    Doch als sie das Zimmer verließ, wurden seine Augen vom Wiegen ihrer Hüften angezogen, und er überdachte sein Verhalten. Für eine Bäuerin war sie eine sehr anziehende Frau. Erneut fragte er sich, warum sie nicht verheiratet war. Sie war jedenfalls noch zu jung, um eine Witwe zu sein. Und selbst dann würde sie doch sicher noch ihren Ring tragen. Sonderbar ...

SECHSTES KAPITEL
    Zwanzig Minuten vor Sonnenuntergang war Dragosani wieder an jenem geheimen Ort. Das Ferkel hatte sein Bewusstsein wieder erlangt, jedoch noch nicht die Kraft aufzustehen. Da er keine Zeit verschwenden und sich nicht ablenken lassen wollte, schlug Dragosani das zappelnde Tier mit einem einzigen Schlag seines KGB-Knüppels wieder bewusstlos. Dann setzte er sich hin und wartete, rauchte eine Zigarette und sah zu, wie das Licht schwand, als die Sonne immer tiefer sank. Hier, wo die Tannen stockgerade in einem Ring um das alte Grab wuchsen, fiel nur von oben durch das dichte Netz der Äste etwas Licht herein. Doch als die ersten Sterne der Nacht zu leuchten begannen, sah Dragosani sie als Erster, wie ein Mann am Grund eines tiefen Brunnens.
    Und endlich trat er die Zigarette aus, und die Dunkelheit schloss sich noch enger um ihn.
    Ahhh! Dragosaaaniii!
    Die unsichtbaren

Weitere Kostenlose Bücher