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Auferstehung 2. Band (German Edition)

Auferstehung 2. Band (German Edition)

Titel: Auferstehung 2. Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
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Gefangene jedenfalls?«
    »Nein, nicht in dieser Abteilung. Ich habe eine schriftliche Erlaubnis des Staatsanwaltes.«
    »Ich bin untröstlich, aber mein Vater ist ausgegangen und ich kann nichts ohne ihn thun. Aber treten Sie doch bitte ein, setzen Sie sich einen Augenblick,« fuhr sie fort.
    Als Nechludoff Miene machte, fortzugehen, setzte sie hinzu:
    »Sie können sich an den stellvertretenden Direktor wenden. Er muß im Bureau sein und wird Ihnen Auskunft geben ... Wie heißen Sie?«
    »Ich danke Ihnen sehr,« sagte Nechludoff, ohne auf diese Frage zu antworten, und ging die Treppe hinunter, während die rauschenden Töne der Rhapsodie wieder hinter ihm erklangen, die mit dem Orte, wo sie sich hören ließen, ebenso wenig im Einklange standen, wie mit dem jammervollen Aussehen der Person, die sie hervorbrachte.
    Auf dem Hof begegnete Nechludoff einem jungen Offizier mit hochgebürstetem Schnurrbart, den er fragte, wo er den stellvertretenden Direktor treffen könnte. Dieser junge Offizier war zufällig gerade der stellvertretende Direktor. Er nahm den Erlaubnisschein, durchflog ihn und erklärte, da der Schein sich nur auf das Untersuchungsgefängnis bezog, so könnte er es nicht auf sich nehmen, ihn auch für das Regierungsgefängnis als gültig zu betrachten. Außerdem wäre auch die Stunde zu vorgerückt, der Abendappell hatte schon stattgefunden.
    »Kommen Sie morgen wieder! Morgen ist Sonntag; um zehn Uhr wird jeder bei den Gefangenen zum Besuch zugelassen. Dann wird der Direktor da sein. Sie können die Maslow im Frauensprechzimmer oder vielleicht auch, wenn der Direktor es gestattet, im Bureau sprechen.«
    So in seiner Hoffnung, Katuscha noch an diesem Tage zu sehen, enttäuscht, begab sich Nechludoff wieder nach Hause. Zitternd vor Aufregung lief er durch die Straßen, und unaufhörlich kamen ihm die einzelnen Erlebnisse des Tages in den Sinn, Er wiederholte sich, daß er Katuscha wiederzusehen versucht, in zwei Gefängnissen nach ihr geforscht und dem Staatsanwalt von seiner Absicht, sich vor ihr zu demütigen, erzählt, und das Gefühl, dies alles gethan zu haben, verstärkte seine Aufregung noch mehr.
    Als er nach Hause kam, holte er sofort aus einer Schublade das Heft, in das er früher seine Handlungen und seine Gedanken einzeichnete. Er las einige Stellen durch und fügte mit fiebernder Hand folgende Zeilen hinzu:
    »Schon seit zwei Jahren habe ich nichts mehr in dieses Heft geschrieben und glaubte, diese Kinderei nie wieder zu begehen. Doch in Wirklichkeit war es keine Kinderei. Es war im Gegenteil eine Unterredung mit mir selbst, mit meinem wahren und geheiligten »Ich«. Seit diesen zwei Jahren hatte dieses »Ich« in meinem Herzen geschlummert, so daß ich niemand hatte, mit dem ich mich aussprechen konnte. Doch gestern, am 28. April, ist es infolge eines außergewöhnlichen Ereignisses im Schwurgerichtshofe, wo ich Geschworener war, wieder erwacht. Auf der Anklagebank fand ich jene Katuscha wieder, die ich einst verführt und verlassen habe. Ein eigentümliches Mißverständnis, das zu verhindern ich die Pflicht gehabt, hatte die Verurteilung der Unglücklichen zur Zwangsarbeit zur Folge. Ich bin heute zum Staatsanwalt und in das Gefängnis gegangen, wo sie untergebracht ist. Ich wurde nicht zu ihr gelassen, habe aber den festen Entschluß gefaßt, alles zu thun, um sie zu sehen, sie um Verzeihung zu bitten und meine Schuld wieder gutzumachen, und müßte ich mich zu diesem Zweck auch mit ihr verheiraten. Herr mein Gott, verleihe mir deine Hilfe! Nie habe ich größere Ruhe oder Freude in meinem Herzen empfunden.«

Zehntes Kapitel
    In der Nacht nach ihrer Verurteilung hatte die Maslow, die vor Ermüdung zusammenbrach, in einem wahren Bleischlummer gelegen; in der zweiten Nacht dagegen konnte sie nicht schlafen. Sie wachte allein in dem ganzen Saale, blieb mit weit aufgerissenen Augen in ihrem Bett liegen und grübelte.
    Sie dachte daran, daß sie um keinen Preis der Welt sich mit einem Sträfling verheiraten würde, wenn sie erst auf der Insel Sachalin wäre, wohin man sie, wie man ihr sagte, zweifellos bringen würde. Sie wollte es bestimmt so einrichten, daß das nicht geschah, und versuchen, sich mit einem Inspektor oder Sekretär oder auch nur mit einem Aufseher zu verheiraten. »All diese Leute sind leicht zu verführen,« sagte sie sich. »Wenn ich nur nicht zu sehr abmagere, denn dann wäre ich verloren.«
    Sie erinnerte sich, wie die Verteidiger, die Geschworenen, die Richter sie

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