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Auferstehung 3. Band (German Edition)

Auferstehung 3. Band (German Edition)

Titel: Auferstehung 3. Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
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erfährt. Ein grausamer Schmerz packte ihn und raubte ihm zuerst jede Ueberlegung.
    Als er nach und nach wieder zu sich kam, bemerkte er, daß das, was in ihm vorherrschte, die Scham war. Er errötete über seine lächerliche Freude, als er in der Seele der Maslow eine scheinbare Veränderung zu bemerken geglaubt. All die schönen Worte, die sie zu ihm gesprochen, um sein Opfer zurückzuweisen, ihre Vorwürfe, ihre Thränen, das alles war also nur eine Komödie gewesen, die ihm ein elendes Geschöpf vorgespielt, um ihn zu foppen und sich ihm gegenüber wichtig zu thun. Er hatte jetzt die Empfindung, als habe er schon bei seiner letzten Unterredung mit ihr das Zeichen dieser Vorahnung bemerkt, an der er jetzt nicht mehr zweifeln konnte. Und all diese Gedanken und Erinnerungen drängten sich in ihm, während er das Hospital verließ.
    »Aber was soll ich jetzt thun?« fragte er sich, »Bin ich noch mit ihr verbunden? Oder hat ihr Benehmen alle Bande gelöst?«
    Doch kaum hatte er sich diese Frage gestellt, da begriff er auch schon, daß er, wenn er die Maslow von neuem verließ, nicht sie, sondern sich selbst bestrafte, und dieser Gedanke erfüllte ihn mit Entsetzen.
    »Nein! Was geschehen ist, kann meinen Entschluß nicht nur nicht verändern, sondern muß ihn noch verstärken. Wenn dieses Weib so handelte, so hat sie sich nur dem Charakter angepaßt, die ihr die Lebensverhältnisse verliehen haben. Daß sie mit einem Krankenwärter »Streiche gemacht hat«, das ist ihre Sache! Doch meine Sache ist es, das zu vollführen, was mein Gewissen von mir verlangt. Und mein Gewissen verlangt, daß ich meine Freiheit opfere, um meine Sünde wieder gutzumachen. Was auch geschehen mag, ich werde sie heiraten und ihr überall dahin folgen, wohin sie geht!« Er wiederholte sich das mit einer Hartnäckigkeit, in die sich ein gewisses Unbehagen mischte, während er mit großen Schritten die Korridore entlang schritt.
    Als er an der Thür des großen Saales angelangt war, bat er den wachhabenden Aufseher, dem Direktor zu sagen, er wünsche die Maslow zu sprechen. Der Aufseher, der schon mehrmals mit ihm gesprochen, teilte ihm als Antwort eine große Neuigkeit mit; der »Hauptmann« wäre pensioniert worden, und an seine Stelle wäre ein anderer, weit strengerer Direktor getreten.
    »O, das Leben wird jetzt viel härter werden!« fügte der Aufseher hinzu und lief fort, um den neuen Direktor zu benachrichtigen, der bald erschien. Es war ein großer, magerer Mann mit mürrischem Gesicht und hervortretenden Backenknochen.
    »Man darf die Gefangenen nur noch in den vorschriftsmäßigen Besuchsstunden sprechen,« sagte er zu Nechludoff, ohne ihn anzusehen.
    »Ich möchte ein Gnadengesuch unterzeichnen lassen!«
    »Sie brauchen es ja nur mir zu übergeben!«
    »Ich muß die Gefangene Maslow um jeden Preis einen Augenblick sprechen; bis jetzt ließ man mich sie stets sprechen!«
    »Es sind bis jetzt viele Dinge geschehen, die nicht mehr geschehen werden,« sagte der Direktor, indem er die Augen plötzlich auf Nechludoff richtete.
    »Aber ich habe eine Erlaubnis des Gouverneurs!« erklärte Nechludoff und zog seine Brieftasche hervor.
    »Gestatten Sie,« sagte der Direktor, nahm das Blatt in seine langen, knochigen Hände, las es langsam durch und sagte dann:
    »Wollen Sie ins Bureau kommen?«
    Das Bureau war leer. Der Direktor setzte sich an einen Tisch und begann, darauf liegende Papiere zu durchblättern; er wollte offenbar der Unterredung beiwohnen. Als Nechludoff ihn fragte, ob er auch eine politische Gefangene, die Bogoduschoffska sprechen könne, erwiderte der Direktor in kurzem Tone, das wäre unmöglich. »Die Besuche bei den politischen Gefangenen sind untersagt,« erklärte er und vertiefte sich in die Lektüre seiner Papiere. Nechludoff, der einen Brief für die Bogoduschoffska in der Tasche hatte, hatte die Empfindung, er würde verdächtigt, könnte Verdacht erwecken und im Gefängnis zurückgehalten werden.
    Als die Maslow ins Bureau trat, erhob der Direktor den Kopf und beschränkte sich, ohne Nechludoff oder sie anzusehen, auf die Bemerkung: »Sie können sprechen!« Dann vertiefte er sich wieder in seine Papiere.
    Die Maslow trug ihr altes Gefängniskleid mit ihrer weißen Jacke und dem Kopftuch. Als sie den kühlen und feindseligen Ausdruck in Nechludoffs Gesicht bemerkte, errötete sie, ergriff einen Zipfel ihrer Jacke und schlug die Augen zu Boden. Ihre Haltung bestätigte in Nechludoffs Augen die Erzählung des

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