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Auferstehung 4. Band (German Edition)

Auferstehung 4. Band (German Edition)

Titel: Auferstehung 4. Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
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Engländer zu dem Gouverneur. »Alle Gefangenen sind dann in ihren Zimmern, und ich kann sie in ihrem Leben und Treiben beobachten.«
    »Haha, Sie Schlauberger, Sie wollen das Fest in seinem vollen Glanze sehen,« rief der Gouverneur, der seinen betrunkenen Zustand bis dahin sehr gut geheim gehalten hatte. »Haha; na gut, Sie sollen's sehen. Ich habe wohl zwanzigmal, um zu reklamieren, nach St. Petersburg geschrieben, doch man hat nicht auf mich gehört. Vielleicht wird man sich zum Handeln entschließen, wenn man dieselben Reklamationen in der fremdländischen Presse gelesen hat.«
    Dann wandte sich die Unterhaltung einem anderen Stoffe zu. Man sprach von Indien, von der Tonkin-Expedition, mit der sich die russischen Zeitungen damals beschäftigten; man sprach von Sibirien, und der Gouverneur führte einige merkwürdige Fälle von der allgemeinen Korruption der sibirischen Beamten an.
    Gegen Ende des Diners ließ die Unterhaltung nach, wenigstens fand Nechludoff, daß sie nachließ. Doch nach dem Diner, als man in den Salon gegangen war, um den Kaffee einzunehmen, kam die Hausfrau auf den Gedanken, den englischen Reisenden nach Gladstone auszufragen, und Nechludoff hatte die Empfindung, daß die Antworten des Engländers sehr verständig waren. Als er nach dem guten Diner und den guten Weinen in Gesellschaft guter Leute von vollendeter Erziehung in einem guten Sessel saß, fühlte sich Nechludoff immer behaglicher, und als sich die Hausfrau auf Bitten des Engländers mit dem pensionierten Bureauchef ans Piano setzte und Beethovens Symphonie in C-moll zu spielen begann, empfand Nechludoff ein Gefühl der Selbstzufriedenheit, wie er es seit langer Zeit nicht mehr empfunden hatte. Das Gefühl seines eigenen Wertes war gleichsam plötzlich in ihm aufgegangen.
    Das Piano war ausgezeichnet, und Nechludoff, der die Symphonie Beethovens auswendig kannte, mußte zugeben, daß er sie selten so gut hatte spielen hören. Bei dem wunderbaren Andante hatte er Mühe, seine Thränen zurückzuhalten. Es ergriff ihn Rührung über sich selbst, über Katuscha, über seine Schwester Natalie, die ihn so sehr geliebt hatte.
    Nachdem er der Wirtin für den künstlerischen Genuß, den sie ihm bereitet, gedankt, stand er auf, um Abschied zu nehmen, als die Tochter des Gouverneurs sich ihm errötend näherte und zu ihm sagte:
    »Sie hatten die Güte, sich für meine Kinder zu interessieren, wollen Sie sie sehen?«
    »Sie bildet sich ein, es wäre für jedermann ein großes Glück, ihre Kinder zu sehen,« sagte die Mutter mit nachsichtigem Lächeln für den mangelnden Takt ihrer Tochter. »Der Fürst hat keine Lust, sie zu sehen.«
    »Aber Verzeihung, im Gegenteil; ich werde sehr glücklich sein,« versetzte Nechludoff, von diesem Zuge mütterlicher Liebe tief gerührt, »Im Gegenteil, ich bitte Sie, sie mir zu zeigen,«
    »Sie nimmt den Fürsten mit, um ihn ihre Jöhren bewundern zu lassen,« rief der Gouverneur lachend aus dem Hintergrunde des Salons, wo er mit seinem Schwiegersohn und dem Besitzer der Goldminen Whist spielte, »Na, gut, mein Freund, machen Sie diesen langweiligen Besuch ab.«
     
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    Indessen verließ die junge Frau, die bei dem Gedanken, man würde ein Urteil über ihre Kinder fällen, sichtlich erregt war, in aller Eile den Salon, indem sie Nechludoff hinter sich herzog, In einem großen, ganz weiß ausgeschlagenen Zimmer, das von einer Lampe erhellt wurde, deren scharfes Licht ein dunkler Schirm milderte, standen zwei kleine Kinderbetten nebeneinander; neben ihnen saß eine Amme in weißer Pelerine, mit gutem, dicken Gesicht. Sie erhob sich, um ihre Herrin zu begrüßen.
    Sobald sie eingetreten war, beugte sich die junge Mutter über eins der Betten.
    »Das ist meine Katja,« sagte sie, indem sie den Vorhang bei Seite schob, um den reizenden, mit langen Haaren bedeckten Kopf eines kleinen zweijährigen Mädchens sehen zu lassen, das ruhig mit offenem Munde schlief.
    »Sie ist hübsch, nicht wahr, und denken Sie, sie ist erst zwei Jahre!«
    »Entzückend!«
    »Und das ist Waska, wie ihn sein Großvater nennt. Ein ganz anderer Typus, ein richtiger Sibirier, nicht wahr?«
    »Ja, ein prächtiger Knabe,« sagte Nechludoff, indem er ein dickes, rotes Baby betrachtete.
    Die Mutter, die neben ihm stand, lächelte sanft. Plötzlich aber erinnerte sich Nechludoff wieder an die Ketten, an die rasierten Köpfe, die Faustschläge in die Augen, an den sterbenden Krülzoff und an Katuscha. Er empfand einen entsetzlichen Schmerz

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