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Auferstehung 4. Band (German Edition)

Auferstehung 4. Band (German Edition)

Titel: Auferstehung 4. Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
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ganz besonderer Gunst hinzu, er würde sie, sobald seine Vorgesetzten ihm die Freilassungsordre übergeben würden, auch nicht eine Stunde länger zurückhalten.
    So stieg denn Nechludoff, ohne etwas erreicht zu haben, wieder in seinen Fiaker und fuhr nach dem Hotel zurück.
    Hier erfuhr er dagegen aus dem Munde des Kutschers, daß der Zug bereits seit einer halben Stunde angelangt war, und er erfuhr auch aus derselben Quelle das Motiv der unbeugsamen Strenge des Gefängnisdirektors. Diese Strenge stammte daher, daß in dem überfüllten Gefängnis eine Typhusepidemie ausgebrochen war.
    »Das ist gar nicht so wunderbar,« erklärte der Kutscher, indem er sich auf seinem Bock umdrehte; »es sind zweimal mehr Gefangene da, als das Gefängnis zu fassen vermag. Es geht toll genug darin zu, es sterben jeden Tag mehr als zwanzig.«

Dreiundzwanzigstes Kapitel
    Der Mißerfolg von Nechludoffs Bemühungen bei dem Gefängnisdirektor hatte das Thätigkeitsfieber, das er an diesem Tage empfand, nicht beruhigt. Anstatt, wie er zuerst beabsichtigt hatte, in sein Zimmer hinaufzugehen, beschloß er, in den Palast des Gouverneurs zurückzukehren, um in den Bureaus nachzufragen, ob die Nachricht von der Begnadigung der Maslow noch nicht eingetroffen wäre. Er machte den Weg zu Fuß und fühlte sich glücklich, einen neuen Vorwand gefunden zu haben, um den Gedanken, der ihn quälte, zu verscheuchen; und als er in den Bureaus erfuhr, es wäre noch keine Nachricht eingetroffen, da war er glücklich, noch über eine Stunde mit Briefschreiben verbringen zu können. Er schrieb an Selenin, seine Tante, seinen Advokaten, und erzählte ihnen von seiner Unruhe über eine Verzögerung, die doch im Grunde genommen ganz natürlich war.
    Als er die Briefe beendet hatte, blickte er auf seine Uhr und entdeckte mit Freuden, daß er kaum Zeit hatte, seine Toilette zu beendigen, wenn er nicht zu spät zum Gouverneur kommen wollte.
    Aber jetzt ergriff die unangenehme Empfindung auf der Straße von neuem Besitz von ihm. Wie würde Katuscha die Umwandlung ihrer Strafe wohl aufnehmen? Wo würde sie sich niederlassen, was würde Simonson thun? Und was dachte sie wohl von ihm, welche Gefühle empfand sie für ihn?
    Nechludoff erinnerte sich, welche Veränderung sich in ihr vollzogen hatte. Er erinnerte sich an seine Besuche im Gefängnis und an das Lächeln, welches sie ihm hatte zu teil werden lassen, als sie mit dem Zuge abreiste.
    »Ich muß das alles vergessen und in mir ausrotten,« sagte er sich und nahm sich von neuem vor, nicht mehr an das junge Weib zu denken. »Bald werde ich sie wiedersehen, dann wird sich alles entscheiden.«
    Nach diesen Worten begann er darüber nachzudenken, wie er es bei dem Gouverneur wohl anzustellen habe, um in das Gefängnis hineinzukommen.
     
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    Das Diner des Gouverneurs, das mit dem gewöhnlichen Luxus solcher Feste veranstaltet war, machte Nechludoff an jenem Abend nach den langen Monaten, in welchen er sich nicht allein jedes Luxus, sondern auch der allergewöhnlichsten Bequemlichkeit hatte berauben müssen, ein ganz besonderes Vergnügen.
    Die Gattin des Gouverneurs, eine frühere Ehrendame am Hofe des Zaren Nikolaus, war eine vornehme Petersburger Dame der alten Schule, die vorzüglich französisch und nur sehr mangelhaft russisch sprach. Sie hielt sich sehr gerade und bemühte sich in ihren Bewegungen, die Ellenbogen nie von ihrer Taille zu entfernen. Ihrem Manne gegenüber trug sie ein ruhiges und etwas verächtliches Benehmen zur Schau, doch gegen ihre Gäste war sie ganz besonders liebenswürdig, ohne es jedoch zu verabsäumen, ihre Gunst dem Grade ihrer Bedeutung anzupassen.
    Sie empfing Nechludoff wie einen Mann ihrer Gesellschaft und ließ ihm jene leichten, kaum merklichen Huldigungen zu teil werden, die ihm wieder einmal das volle Bewußtsein seiner Vollkommenheiten verliehen, und von denen er sich vollauf befriedigt fühlte. Sie gab ihm sehr diskret zu verstehen, sie kenne die etwas eigentümlichen, aber um so ehrenhafteren Gefühle, die ihn nach Sibirien geführt, und er erkannte, daß sie ihn für einen außergewöhnlichen Menschen hielt.
    Diese leichten Huldigungen, die Atmosphäre des Wohlbehagens und des Luxus, die das Haus des Gouverneurs erfüllte, das alles hatte die Wirkung, daß Nechludoff sich vollständig dem Vergnügen hingab, ein ausgezeichnetes Diner in Gesellschaft vornehmer und liebenswürdiger Personen mitmachen zu können. Er hatte die Empfindung, er befinde sich wieder in einem

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