Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auferstehung der Toten

Auferstehung der Toten

Titel: Auferstehung der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
Vom Netzwerk:
gesessen, und der Brenner ist am Beifahrersitz gesessen, und von hinten, da hat ihm der Andi ununterbrochen seine Geschichten erzählt.
    Jetzt mußt du wissen, die Leute sagen über den Andi, er ist ein bißchen langsam. Aber dem Brenner ist vorgekommen, daß der Tankwart eher ein bißchen zu schnell ist. Aber gemeint haben sie damit dasselbe, die Leute und der Brenner.
    «Das Alibi vom Vergolder, weißt du eigentlich, daß das ein Schmarren ist, Detektiv?»
    Der Deutschen ist das komisch vorgekommen, und sie lacht jetzt in den Rückspiegel hinein:
    «Kaiserschmarren?»
    «Irrenhäuslerschmarren», sagt der Andi.
    Dem Brenner ist es so vorgekommen, als ob die Wut vom Andi herumwandert, so wie wenn du heute Zahnweh hast und morgen Halsweh, und übermorgen ist es eine Mittelohrentzündung. Zuerst hat es mit dem Gschwentner-Bauern auf der Asphalteisbahn angefangen, dann hat es den Vergolder erwischt, und jetzt hat dem Andi seine Wut sogar vor seinem Freund Lorenz nicht haltgemacht.
    Aber da ist sich der Brenner noch nicht ganz sicher gewesen. Ist es mehr so wie mit einer Entzündung, die herumwandert, praktisch ziellos. Oder ist es mit dem Andi seiner Wut so, wie wenn du dich an einem Kuhzaun elektrisierst, und du gibst jemandem die Hand, und der gibt auch wieder einem die Hand, dann elektrisiert es dich ja nicht selbst, sondern den letzten in der Reihe. Und der letzte in der Reihe, das ist jetzt beim Andi seiner Wut der Lorenz gewesen.
    «Wieso denn Irrenhäuslerschmarren?» sagt der Brenner.
    «Wo holen wir denn den Lorenz jetzt ab, Detektiv?»
    «Im Irrenhäusl», sagt der Brenner.
    Aber interessant. Das hat der Andi wieder nicht hören wollen. Daß ein anderer zu seinem Freund Lorenz Irrenhäusler sagt.
    «Aber nicht, daß du glaubst», sagt er, «weil der Lorenz ist noch lange nicht so blöd wie die anderen Zeller. Wenn du den Mario hernimmst.»
    Jetzt ist auf einmal der Mario am Ende der Kuhzaunkette gestanden.
    «Kennst du den Mario, Detektiv?»
    «Vom Fürstauer der Lehrling.»
    «Der Mario. Der ist jeden Abend mit seinem Moped tanken gekommen, mit seiner KTM. Immer genau dann, wenn ich gerade beim Zusperren bin. Und jeden Tag hat er genau einen Liter getankt. Da sag ich zum Mario, er soll doch gefälligst wie ein normaler Mensch einmal in der Woche fünf Liter tanken, weil wieso gehen fünf Liter in einen Mopedtank hinein, was glaubst du, Detektiv?»
    «Damit man fünf Liter tankt.»
    «Oder von mir aus vier. Aber der Mario sagt zu mir: Aber ein Geschäft ist es doch auch so. Da sag ich: Das ist kein Geschäft, weil da reib ich mir mehr von den Schuhsohlen herunter!»
    Dem Brenner hat es gleich wieder leid getan, daß er darüber lacht. Weil der Andi natürlich gleich noch einmal:
    «Da reib ich mir mehr von den Schuhen herunter.»
    Und weil jetzt keiner mehr gelacht hat, ist er unzufrieden gewesen, und natürlich noch einmal:
    «Da reib ich mir ja mehr von den Schuhsohlen herunter!»
    Der Brenner hat gestaunt, wie flott die Deutsche unterwegs gewesen ist. Manchmal haben sogar Fußgänger hereingestarrt, oder andere Autofahrer haben herübergeschaut und verzweifelt die Hände der Fahrerin gesucht.
    Aber mit der Deutschen reden, das ist im Moment unmöglich gewesen.
    «Interessant, daß man bei starker Bewölkung das meiste Trinkgeld kriegt. Aber nicht, daß du glaubst. Weil von gewissen Typen kriegst du nie ein Trinkgeld. Aus einem Prinzip heraus. Gewisse Autotypen und gewisse Fahrertypen: nie ein Trinkgeld. Aber interessant, daß sich diese Typen bei einem bestimmten Wetter häufen. Sagen wir Schönwetter. Und noch dazu die meisten Mücken auf der Scheibe bei Schönwetter. Weil da kannst du Leichen waschen. Und die Mückenleichen sind noch das wenigste. Aber die Blauarschfliegen. Weil den Typen, wie dem Vergolder, denen putze ich prinzipiell nie die Scheibe. Ich erzähle ihnen immer, daß es bei diesem Wetter keinen Sinn hat, weil zu viele Blauarschfliegen herum sind. Das ärgert sie, daß ich ihnen immer dieselbe Geschichte erzähle. Aber sie kapieren nie, daß ich sie selber meine mit den Blauarschfliegen. Die Schillingumdreher selber meine ich, die Trinkgeldsparefrohs. Weil ehrlich gesagt, zum Putzen sind die Blauarschfliegen gar nicht am schlimmsten. Schlimm sind die Vogelbienen, die sind so groß wie ein Vogel, im zerquetschten Zustand. Aber ich meine ja die Schillingumdreher selber, wenn ich zu den Blauarschfliegen sage, daß so viele Blauarschfliegen herum sind.»
    Irgendwann ist der Andi dann doch

Weitere Kostenlose Bücher