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Auferstehung

Auferstehung

Titel: Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Keene
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dass es
fast vorüber ist, und vielleicht hat er Recht...
    ... denn das Weinen des Babys ist
nicht mehr so laut.
    Dann hört sie es gar nicht mehr.
    Etwas in ihr stirbt, und endlich
schläft Frankie ein.
    Frankie schlug die Augen auf. Ihre
Knochen und Muskeln schmerzten, ihr Schädel pochte, und ihre Nase lief, dennoch
hatte sie sich noch nie besser gefühlt.
    Der Troll saß in der Mitte des
Raums und las bei Kerzenlicht. Als sie sich rührte, schaute er überrascht auf,
lächelte und schloss das Buch. Frankie erhaschte einen Blick auf den Umschlag — Die Geburt der Tragödie von Friedrich Nietzsche.
    Frankie leckte sich über die
Lippen und versuchte zu sprechen. Ihre Zunge fühlte sich an wie Schleifpapier.
    »Ich dachte, ich würde sterben.
Wollte ich eigentlich auch.«
    »Darüber habe ich gerade gelesen«,
gab der Troll zurück. »Nietzsche zitiert Silen: >Das Allerbeste ist für dich
gänzlich unerreichbar: nicht geboren zu sein, nicht zu sein, nichts zu sein.
Das Zweitbeste aber ist für dich - bald zu sterben.««
    Frankie schwieg. In dem Raum war
es überraschend warm, fast heimelig.
    »Wie lange?«
    »Wie lange du weggetreten warst?
Etwas mehr als zweiundsiebzig Stunden nach meiner Schätzung. Sicher kann ich
nicht sein, weil meine Uhr schon vor Wochen den Geist aufgegeben hat. Natürlich
bist du noch nicht ganz über den Berg, aber den schlimmsten Teil hast du hinter
dir. Der Heroinentzug dauert in der Regel zehn bis vierzehn Tage, wirklich
schlimm sind die ersten drei.« »Woher...«
    »Ich habe früher in einer Klinik
gearbeitet. Als Berater. Bist du durstig?« Sie nickte, und er brachte ihr eine
Feldflasche. »Komm, versuch mal, dich aufzusetzen«, schlug er vor schob eine
Hand unter ihren Rücken und half ihr auf. Ihr Rückgrat knackte, und es fühlte
sich gut an.
    Frankie trank einen Schluck
Wasser. Kalt, sauber und erfrischend rann es ihre wunde Kehle hinab und
durchdrang sie mit Leben.
    »Das ist genug«, warnte er und
hielt sie davon ab, weiter zu schlucken. »Du hast mehr als genug erbrochen. Du
musst anfangen, etwas im Magen zu behalten.«
    »Danke«, keuchte sie. »Ich
schätze, ich verdanke dir mein Leben.« Lachend tätschelte er ihr Bein. »Mir
verdankst du gar nichts. Nur dir selbst.« »Ich heiße Frankie«, stellte sie sich
vor, streckte ihm die Hand entgegen und stellte dabei fest, dass ihr Zittern
deutlich nachgelassen hatte.
    »Mich nennen die Leute Troll«, gab
er herzlich zurück und ergriff ihre Hand. »Willkommen in meinem Zuhause.«
    »Du lebst hier?«, fragte sie kaum
überrascht, aber mit leichten Schuldgefühlen, weil sie hier eingedrungen war. In
Fran-kies Welt hausten die Menschen, wo immer sie konnten — in
    Gassen, unter Eisenbahngerüsten,
in Kartons, überall, wo Platz war.
    »Nicht in diesem speziellen Raum,
nein. Aber hier unten, ja. Schon eine ganze Weile. Lange, bevor es dort oben
schlimm wurde.«
    »Du bist selbst süchtig geworden,
richtig?«
    Er lachte, doch es war ein kurzer,
brüchiger und freudloser Laut. »Nicht annähernd. Wie kommst du darauf?«
    »Tut mir leid. Du scheinst mir ein
schlauer Bursche zu sein. Ich meine, du liest Philosophie und so. Und du hast
über Smack Bescheid gewusst. Ich dachte, du wärst vielleicht irgendwie über
deine Arbeit gestolpert.«
    »Nein«, entgegnete er und wurde
still. Gedankenverloren starrte er in die flackernde Kerzenflamme. Mehrere
Minuten verstrichen, ehe er weitersprach.
    »Meine Tochter hat angefangen,
Heroin zu schnupfen. Fünfzehn Jahre lang habe ich mit dem Zeug gearbeitet, war
eine echte Koryphäe als Drogenberater. Mit Auszeichnungen an der Wand und jeder
Menge Referenzen ehemaliger Junkies, denen ich geholfen hatte. Aber als es um
meine eigene Tochter ging, war ich blind. Ich habe es nie kommen gesehen.«
    Frankie schwieg und hörte zu.
    »Ich weiß nicht, warum sie damit
angefangen hat. Vielleicht wegen der Scheidung, vielleicht auch, weil sie
Kummer wegen eines Jungen hatte. Ich dachte immer, wir stünden uns nah. Ich
glaubte wirklich, sie würde mir alles erzählen. Aber ich schätze,
vierzehnjährige Mädchen und ihre Väter können nicht wirklich beste Freunde
sein, oder?«
    Er setzte ab und fuhr sich mit den
Fingern durch den zerzausten Bart.
    »Sie war auf
einer Party. Hat das Zeug geschnupft. Der Stoff war mit irgendeiner
Haushaltschemikalie versetzt. Ich habe nie herausgefunden, womit, aber ich bin
sicher, du weißt, wie das ist.«
    Frankie nickte. Sie hatte miterlebt,
wie Freunde von ihr auf dieselbe

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