Aufgebügelt: Roman (German Edition)
oder creme oder so«, sage ich in Bezug auf die Farbfrage.
»Schwarz oder creme oder so, aha. Das lässt mir ja reichlich Spielraum. Sexy, nehme ich mal an?« Ich nicke.
Nach wenigen Minuten hängt sie mir eine Auswahl in die Umkleidekabine. Zweimal rot (ist das schwarz oder creme, oder bin ich jetzt farbenblind?) Zweimal lila, grasgrün und schwarz.
»Creme ist nichts für besondere Momente, da muss man in unserem Alter schon ein bisschen mehr Gas geben!«, lacht sie. »Creme ist elegant, aber seit wann ist Eleganz im Schlafzimmer gefragt?«
In unserem Alter! Die ist mindestens fünfzig. Mindestens. Und ich bin definitiv unter fünfzig. Das sind Welten. Aber ich ignoriere den Hinweis und probiere das grasgrüne Ensemble, das mir von der Form her gefällt. Eine ordentliche Unterhose, die den Namen auch verdient und ein schöner BH mit einem Hauch Push-up. Die Hose ist eng. Sie schneidet mir in den Bauch, und das im Stehen. Wenn ich in der Hose sitze, wird der Abdruck wahrscheinlich noch wochenlang zu sehen sein.
»Darf ich mal?«, fragt da die forsche Verkäuferin, und ehe ich antworten kann, hat sie den Vorhang schon zur Seite geschoben. Mit einem knappen »Entschuldigung« greift sie mir an die Brüste und schiebt sie eine Etage höher.
»Sieht doch gleich ganz anders aus«, freut sie sich und erteilt mir Anweisungen: »Beim Anlegen des BHs müssen sie sich vornüberbeugen und sich erst dann, wenn Sie den BH zuhaben, aufrichten. Kleiner Trick.«
»Die Hose ist zu eng!«, stellt sie noch fest. »Ich hol mal die vierundvierzig!« Mit diesen Worten zieht sie den Vorhang wieder zu.
Ein Slip in 44. Das ist unmöglich. Das muss eine italienische Firma sein. Ich hatte noch nie 44. Ich ziehe den grasgrünen Zwergschlüpfer aus und gucke nach der Firma. Deutsch. Tatsächlich, es ist eine 42er Hose. Das muss ein Irrtum sein. Eine Fehlauszeichnung. Der grüne BH sieht ein bisschen nach Kermit aus, nach Kermit auf Mozzarella-Haut, aber er macht ein Mordsdekolleté. Immerhin. Ich könnte ja noch mit Selbstbräuner arbeiten.
»Hier ist die Hose in vierundvierzig. Die müsste reichen.«
Die Lautstärke, mit der sie das gesagt hat, dürfte ausreichen. Ausreichen, um die gesamte Etage über meine Ausmaße zu informieren.
»Finden Sie nicht, ich sehe in dem Grün ein wenig wie Kermit aus?«, frage ich bei der Verkäuferin nach.
»Nein! Kermit würde auch wohl kaum grüne Wäsche tragen. Das wäre ja so, als würden Sie hautfarbene anziehen«, lautet ihre bizarre Logik.
Tatsächlich passt die 44er Hose. Unangezogen schien sie wirklich sehr groß zu sein, über meinen Po gezogen ist es mit diesem Anschein vorbei.
»Die schneiden klein, sehr klein!«, versucht die Verkäuferin mich zu trösten. Es klappt. »Bei der Firma tragen auch Frauen mit einer Sechsunddreißig oft mal eine Achtunddreißig!«, legt sie noch einen drauf.
Das ist allerdings ein völlig anderes Problem. 36 oder 38 – das ist Pillepalle, also wirklich gar kein Problem. 42 oder 44 – hier liegt die Demarkationslinie zwischen Durchschnitt und Mops. Ich brauche eine Mopsgröße. Ich könnte natürlich einfach das Schild rausschneiden. Ich werde das Schild rausschneiden! Denn auch die Unterhose sieht gut aus.
»Haben Sie die Kombi auch noch in einer etwas dezenteren Farbe?«, wage ich eine weitere Frage an die Unterwäschefachkraft.
»Nur in Pink und Neongelb! Und da sind die großen Hosen alle schon weg!«
Riesige Pos, so wie meiner, in Neongelb. Manche trauen sich was. Da kann man in Unterwäsche auf die Straße gehen und wird garantiert nicht überfahren. Ich bewundere den Mut, einen Mopspo so in Szene zu setzen. Aber im Zweifelsfall ist es die richtige Taktik – übersehen kann man ihn eh nicht, dann also betonen. Liebe, was du hast, und so weiter … blabla.
»Ziehen Sie mal die lilane an. Das Schleifchen auf dem Popo ist sehr niedlich«, fordert mich die Verkäuferin auf. Man muss es ihr lassen, sie kümmert sich. Diesmal passt die Hose. In 42. Schon deshalb würde ich sie am liebsten sofort kaufen. Obwohl ich meinen Po und meine Hüften als 40er in Erinnerung hatte. Mich selbst allerdings auch! Proportional zum Alter wächst alles, immerhin sind meine Ohren noch so, wie sie waren. Angeblich haben ältere Leute größere Ohren, vielleicht schrumpft aber auch nur der Kopf, und die Ohren sehen deshalb größer aus.
Das lila Ensemble ist hübsch. Ich hätte es niemals selbst ausgewählt, aber es sieht am Körper schön aus. Volle Brüste,
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