Aufgebügelt: Roman (German Edition)
Mutter gewarnt hat: Erst wohnen sie zusammen, dann kommt die Scheidung, dann heiraten sie und bekommen Kinder, und ich bin die lästige Ex, die immer noch Geld kostet. Ich bin die Vergangenheit, und sie ist die Zukunft. Ich hätte nie gedacht, dass es so schnell gehen könnte.
Ich bin sprachlos. Was soll ich auch sagen: Ich freue mich für euch? Oder doch eher: Bist du wahnsinnig geworden? Soll ich mich jetzt vielleicht auch noch für die Information bedanken? Am liebsten würde ich schreien, ihn rausschmeißen, richtig ausrasten. Oder weinen.
Eigentlich ist es zum Weinen. Ich merke, wie meine Augen leicht wässerig werden. Aber ich bin alt genug, um zu wissen, dass das nichts bringt. Eher im Gegenteil. Außerdem ist Mitleid nicht die Reaktion, die mir gefallen würde.
»Du musst wissen, was du tust!«, sage ich so ruhig wie eben möglich.
»Sie will es gerne«, ist seine Antwort. Jetzt macht er auch noch so, als wäre es die Entscheidung seiner Miezi und er hätte eigentlich nichts damit zu tun. Das ist typisch. Er war schon immer ein bisschen feige.
»Was soll ich dazu groß sagen, außer dass du dich schnell umorientiert hast?«, ergänze ich und kann einen bissigen Unterton nicht verbergen.
»Tja, du wolltest ja nicht mehr. Wenn ich dich erinnern darf, Andrea, war unsere Trennung deine Entscheidung. Und soll ich deswegen ewig alleine bleiben?«
Ha! Was man unter »ewig« versteht, darüber könnte man sich gerne mal austauschen. Aber das lasse ich jetzt lieber.
»Wo wir schon dabei sind, ich muss dir auch was sagen«, antworte ich, ohne auf sein Ewig einzugehen.
»Was willst du mir sagen?«, fragt er, und ich höre Bestürzung in seiner Stimme.
»Ich fahre morgen mit Sabine weg, zum Wellness. Es wäre gut, du könntest dich um die Kinder kümmern.«
Ich sage mit Absicht nicht: mal um die Kinder kümmern, oder: endlich mal um die Kinder kümmern. Obwohl es korrekt wäre. Er reißt sich nicht gerade ein Bein aus, wenn es ums Kümmern geht. Erst kommen er und seine Arbeit, dann sein Golf, seine Sarah Marie, und dann, wenn dann noch Zeit ist, kommen die Kinder. Ich bin in dieser Aufreihung überhaupt nicht mehr existent. Schon wieder merke ich, wie Wasser in meine Augen schießt. Nein, ich werde nicht weinen. Er wirkt erleichtert.
»Ach so, es geht nur darum. Na ja, ich hatte eigentlich was anderes vor, aber ich krieg das irgendwie hin, auch wenn du es mir wirklich früher hättest sagen können! Und mal ehrlich, Andrea, so klein sind sie ja auch nicht mehr, und mein Vater ist ja auch noch da!«
»Sie haben einen Vater, und sie sollten ihn auch ab und an mal sehen! Und dein Vater ist beschäftigt!«, bleibe ich streng. Nach seinem Wir-ziehen-zusammen-Outing habe ich gute Karten.
»Reg dich ab, ich werde das irgendwie regeln – wie immer!«, stöhnt er. Von wegen schlechtes Gewissen, jetzt werde ich auch noch angeraunzt. Der spinnt wohl! Wie schnell Traurigsein von Wütendsein verdrängt werden kann.
»Was ist denn jetzt mit unserem Sohn? Was war denn das für eine Panikmache?«, wechselt mein Ex elegant das Thema.
»Angeblich, so behauptet es jedenfalls seine Schwester, kifft er. Ich kann es mir, ehrlich gesagt, nicht vorstellen, aber wer weiß? Und mit Panikmache hat das gar nichts zu tun. Es geht um Drogen, Christoph. Und du als Anwalt und Vater solltest das vielleicht doch ein wenig ernster nehmen!«, informiere ich ihn. »Du bist der Vater!«, füge ich noch hinzu.
Er antwortet prompt und in seinem Anwaltstonfall: »Das ist mir bekannt, Andrea! Ich halte das allerdings alles für totalen Unsinn – aber bitte schön, dann reden wir eben mit ihm.«
Es ist mittlerweile kurz nach sechs, und um sieben muss ich bei Kati und Siegmar zum Grillen sein. Mein Handy summt. Eine SMS vom Crocs-Fußpfleger. Sie schulden mir einen Wein. Wann trinken wir den? , lautet der Text. Ach du je, das hatte ich längst verdrängt. Wein mit dem Fußpfleger. Was schreibe ich bloß zurück? Kann die nächsten Tage nicht, fliege mit einem anderen Mister Unbekannt irgendwohin, um wahrscheinlich Sex zu haben? Bitte gedulden Sie sich und reihen sich in die Schlange der Anwärter ein? Ich fühle mich richtiggehend begehrt.
»Reden wir jetzt mit Mark, oder hast du was Besseres zu tun?«, reißt mich mein Ex aus meinen Gedanken. »Wer schreibt dir denn da?«, will er noch wissen.
»Ich wüsste nicht, dass dich das was angeht!«, motze ich ihn an. »Und ich bin auch keine vierzehn mehr und lasse mich von dir maßregeln. Ich
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