Aufgedirndlt
kann!«
»Stimmt ja gar nicht«, keifte die Tochter trotzig. »Der sucht eine Frau.«
»Stimmt eben schon. Der Alfred hat es mir brühwarm erzählt, und dem seine Frau arbeitet in dem Hotel. Die wird es ja wohl wissen«, insistierte der Vater, der eine Bermudabadehose mit vogelwildem Hawaiimuster trug.
»Und was weiß die?«
»Dass da Zustände herrschen wie im Swingerklub!«, schrie der Mann. Mittlerweile waren auch andere Strandbadbesucher auf den Streit aufmerksam geworden, sodass Anne als Zuhörerin nicht weiter auffiel.
»Ja, aber was genau hat die Frau vom Alfred denn erzählt?«
Der Mann kratzte sich seine grauen Brusthaare und dachte nach. »Dass der Scheich in seiner Suite auf so einem Diwan sitzt, und dann muss die Bewerberin hereinkommen und vortanzen.«
»Aber das muss ich doch beim Seefest mit der Plattlergruppe auch.«
»Ja, aber nicht im Bikini!«, schrie der Mann, und mehrere Umstehende nickten zustimmend.
»Aber hier bin ich doch jetzt auch im Bikini.«
»Schon, schon«, meinte der Mann. »Aber das hier ist ein öffentliches Schwimmbad und keine Scheich-Suite.« Er dachte nach. »Und es muss doch jedem sonnenklar sein, auf was für Ideen so ein Scheich kommt, wenn jetzt da lauter schöne Jungfrauen im Bikini vor seiner Nase herumtanzen.« Das Mädchen zuckte gleichgültig mit den Schultern. »In so einer Situation kann es gut sein, dass so ein Scheich zum Tier wird. Dann springt er auf und vergewaltigt alle Mädchen, die halt gerade zur Hand sind. Ich weiß, von was ich rede. Tagtäglich steht’s in der Zeitung, was so reiche Männer machen … der Wetterfrosch, der Direktor von dem Geldfonds, sogar der Governator von …«
»So ein Schmarren, der Emir von Ada Bhai sucht wirklich nur eine liebe Frau«, ließ die Tochter sich nicht unterkriegen.
»Aber der hat doch schon zehn!«
»Fünf«, korrigierte sie ihn.
»Für was braucht der denn noch mehr? Unsereins hat eine Frau und Ende!« Wieder nickten etliche der Umstehenden, vor allem die Männer.
»… und hat dann ein heimliches Verhältnis mit der Nachbarin, oder?«, fragte das Mädchen jetzt frech.
»Jetzt pass aber auf!«, sagte der Vater und hob drohend die Hand.
Ohne darauf einzugehen, meinte die junge Frau: »Da ist es mir doch lieber, ich kenne die anderen Frauen alle. Ich habe ein Buch gelesen, von einer Amerikanerin, die in so einem Harem gelebt hat. Da halten die Frauen zusammen. Da wird nicht gemobbt.«
»Ja, das kannst’ glauben«, meinte der Mann jetzt verächtlich.
»Und wenn ich gewinne, dann bin ich reich. Davon hast du dann doch auch was, Papa.«
»Da pfeif ich drauf!«, knurrte der Mann. »Erstens heiratet man denjenigen, den man liebt. Und außerdem gewinnst’ ja eh nicht. Der will bloß ins Bett mit dir. Die Kameraden, die kenn’ ich schon. Und wenn der Scheich erreicht hat, was er wollt’, schnelles Fickificki nämlich, dann – zack – schießt er dich ab.« Er überlegte kurz. »Und dann vergewaltigen dich noch seine ganzen Diener und am Ende der Chauffeur. Genau wie im Irakkrieg. Und irgendwann wachst du auf und liegst auf einer Mülldeponie in der Wüste. Ohne Kleidung und Geld – und wahrscheinlich auch noch genitalbeschnitten.« Er machte eine dramatische Pause. »Und nicht einmal ein Kamel ist dann mehr da, mit dem du nach Hause reiten kannst. Und ich, dein Vater, bin Tausende von Kilometern weit weg und kann dich nicht retten. Und wenn ich’s doch schaffen würd’ und dich heimholen tät’, dann tät’ dich hier keiner mehr wollen. Ich verbiete dir, dass du da mitmachst. Ende Gelände.«
»Ich bin aber schon neunzehn, Papa, du kannst mir überhaupt nichts verbieten.«
»Entschuldigung«, mischte sich jetzt einer der Zuhörer in das Gespräch ein, er trug ein goldenes Kettchen um den Hals. »Es geht mich ja nichts an, aber ich habe Ihren intensiven Dialog eben mitverfolgt. Ich denke, Sie haben beide zu Teilen recht. Zum einen liegen Sie«, er wandte sich dem Vater zu, »sicherlich richtig, wenn Sie sagen, dass dieses gesamte Procedere, mit dem der Emir von Ada Bhai seine neue Haremsdame aussucht, etwas Entwürdigendes an sich hat.«
»Das will ich aber meinen«, bekräftigte der Angesprochene.
Ohne darauf einzugehen, fuhr der Goldkettchenträger fort: »Ebenso wenig wie man im Fernsehen Menschen in irgendwelchen Castingshows vorführen sollte, sollte man junge Mädchen in derart promiske Situationen bringen.«
»Genau!«, stimmte der Vater zu, dessen Tochter sich sicher war, dass er
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