Aufgedirndlt
dann halten wir das mal fest«, sagte Schönwetter. »Der Emir von Ada Bhai und seine Mitarbeiter müssen vernommen werden.«
»Vernommen werden!«, rief Nonnenmacher vorwurfsvoll aus. »Sperma sollen’s hergeben. Dann haben mir gleich Klarheit!«
»Na ja, also erstens brauchen wir ja nicht das Sperma, sondern nur eine DNA-Probe, und zweitens geht es so schnell nun auch wieder nicht. Erst wenn Vernehmungen ergeben, dass hier tatsächlich ein begründeter Verdacht besteht, können wir so etwas wie einen DNA-Test ins Auge fassen.«
»Pff«, machte Nonnenmacher verächtlich. Er war es einfach nicht mehr gewohnt, sich unterzuordnen.
»Wen sollten wir noch überprüfen?«, wollte Schönwetter jetzt wissen.
»Die ostdeutschen Mädchen«, sagte Anne.
»Auf jeden Fall«, stimmte Schönwetter zu.
»Und die Partyszene im Tal. Nachtklubs, Diskotheken, alle Orte eben, wo Drogen konsumiert werden«, ergänzte die Polizistin, was ihr einen anerkennenden Blick von Schönwetter einbrachte.
»So machen wir das. Sie übernehmen das, Frau Loop«, bestimmte dieser und erklärte die Sitzung für beendet.
Am selben Abend brachte Anne ihre Tochter Lisa zu deren bester Freundin Emilie, wo sie die Nacht verbringen sollte. Anne wollte gemeinsam mit Sepp Kastner in die Kneipenszene der Gemeinde am Südzipfel des Sees eintauchen.
Als Kastner das Bar-Restaurant betrat, das für seinen extrabreiten Flachbildschirm, der die hiesige Bergwelt zeigte, bekannt war, raubte ihm Annes Anblick beinahe die Sprache. Die Polizistin saß auf einer der mit braunem Leder bezogenen Bänke und trug einen sehr kurzen Rock und ein braunes Trägertop. Unter dem Eichentisch erblickte Kastner die langen Beine seiner Kollegin, welche in eleganten hochhackigen Sandalen steckten. So hatte er Anne noch nie gesehen. Kastner war froh, dass er sich für diesen Abend ein neues rosafarbenes Polo-Shirt geleistet hatte, wie es gemeinhin vermeintlich jung gebliebene Topmanager trugen.
Die beiden bestellten sich etwas zu essen und beobachteten, wie sich der Laden allmählich füllte. Das Publikum war jung, allerdings wirkten die Leute auf Anne nicht wie typische Drogenkonsumenten, schon gar nicht wie welche, die mit Liquid Ecstasy experimentierten. Als sich zwei Mädchen an den Nebentisch setzten, wartete Anne kurz und sprach die beiden dann an. Ob sie sich hier auskennen würden? Die zwei, die Anne auf etwa achtzehn Jahre schätzte, bejahten Annes Frage. Wo man denn im Tal hingehe, wenn es später werde?
»Entweder man bleibt hier …«, meinte die eine.
»… oder man geht in die Disco, da ist heute Chica’s Night«, ergänzte die andere lässig.
»Chica heißt doch Mädchen«, meinte Kastner erstaunt. »Dürfen da Männer nicht rein?«
»O Mann! Aber klar doch«, antwortete jetzt wieder die Erste. »Das wäre ja wohl total uncool, wenn da keine Typen reindürften.«
»Klar, logo«, sagte Kastner; er wollte auch so lässig wie möglich »rüberkommen«. Aber die Girlies konzentrierten sich ohnehin schon wieder auf ihre lackierten Fingernägel und auf ihre Mixgetränke, die, wie Kastner fand, derart bunt leuchteten, dass einem schon vom Anschauen schlecht wurde.
Kastner versuchte mit Anne ins Gespräch zu kommen, aber diese konzentrierte sich lieber darauf, den Raum nach Leuten abzuscannen, die aussahen, als hätten sie Erfahrungen mit Liquid Ecstasy oder anderen illegalen Drogen. Lustlos rührte der Ermittler in dem Cappuccino, den er sich als Getränk zu seinem Gulasch bestellt hatte. Alle seine Kumpels waren längst verheiratet. Und er? Würde er jemals eine abbekommen, die attraktiver war als die dicke Reni vom Rosstag? Am Morgen noch hatte ihn seine Mutter schon wieder mit der Frage genervt, wann er ihr denn endlich ein Enkelkind schenken würde.
Nach zwei Stunden, die die beiden Polizeibeamten mehr oder weniger schweigend verbracht hatten, schlug Anne vor, noch in den Klub an der Hauptstraße zu gehen. Dort wies Kastner Anne zu ihrer Überraschung und in bester James-Bond-Manier an, sich etwas abseits zu halten. Dann ging er mit zielstrebigem Schritt auf ein paar Jugendliche zu, die vor dem Eingang herumstanden und rauchten. Ob er mal was fragen dürfe?
»Was denn?«, fragten die Halbstarken und musterten den Mann im Polo-Shirt abschätzig von oben bis unten.
Kastner glaubte zu hören, dass einer der Kerle »Was will denn der Kasper?« murmelte. Egal, er hatte einen Auftrag und wählte den direkten Weg. »Wisst’s ihr zufällig, wo man hier Liquid
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